Knall in der Kesb Linth: Stadt Rapperswil-Jona stellt Präsident frei

Die Stadt Rapperswil-Jona stellt Kesb-Präsident Walter Grob fristlos frei – wegen «administrativen Differenzen», wie es heisst. Grob selber vermutet eine Racheaktion aus dem Umfeld eines persönlichen Widersachers.

Zusammen haben die Stadt Rapperswil-Jona und Walter Grob als Präsident der Kesb Linth einen aufsehenerregenden Prozess gewonnen: Das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland kam im Dezember 2017 in erster Instanz zum Schluss, die «Obersee Nachrichten» (ON) hätten eine Kampagne gegen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde und ihren Chef geführt. Die Stadt ist in dem Streit als Klägerin mit im Boot, weil die regionale Kesb ihr angegliedert ist (wir berichteten).

Trotz des gemeinsamen Erfolgs vor Gericht ist es zwischen Grob und der Stadt nun zum Zerwürfnis gekommen: Wie der Stadtrat gestern mitteilte, wird Grob per Ende Februar 2019 entlassen und per sofort freigestellt. Die interimistische Leitung der Behörde übernimmt die ausgebildete Sozialpädagogin Barbara Friberg, die seit 2013 dort wirkt. Die Stelle werde wieder öffentlich ausgeschrieben, sagt Stadtrat Roland Manhart (CVP), der das Kesb-Dossier führt.

«Vertrauensverhältnis verloren»

In einer Medienmitteilung gibt die Stadt als Grund für den drastischen Schritt an, dass «das Vertrauensverhältnis zwischen Stadtrat und Walter Grob verloren gegangen ist und sich nach Einschätzung des Stadtrats nicht wiederherstellen lässt». Einen Bezug zum Rechtsstreit um die Kesb gebe es nicht, erklärt Manhart. Die Stadt werde sich nicht aus dem Berufsverfahren zurückziehen, das der ehemalige ON-Verleger Bruno Hug vor dem Kantonsgericht in St. Gallen angestrengt hat. Der inzwischen entlassene Journalist wehrt sich dagegen, dass seine Berichterstattung über zehn Kesb-Fälle als persönlichkeitsverletzend taxiert wird (siehe Kasten).

Laut Manhart hat die Kündigung «organisatorisch-administrative Hintergründe». Wie er durchblicken lässt, wirft die Stadtregierung Grob Kompetenzüberschreitungen vor. Der Kesb-Präsident habe ihm trotz klarer Weisungen Informationen nicht zukommen lassen und ergriffene Massnahmen nicht rückgängig gemacht, wie dies der Stadtrat verlangt habe. Details will Manhart nicht nennen. Rechtliche Verfehlungen habe Grob sich jedoch nicht zuschulden kommen lassen, fügt er hinzu.

Keine fachlichen Gründe

Kein Grund für die Kündigung war die fachliche Arbeit von Grob und seiner Behörde. In dieser Hinsicht liegt die Aufsicht nicht bei der Stadt, sondern beim kantonalen Amt für Soziales. Dessen Leiterin Christina Manser bestätigt: «Die Kesb Linth macht ihre Arbeit korrekt.» Die kantonale Aufsichtsstelle sei über die geplante Kündigung nicht vororientiert worden. Sie habe gestern Nachmittag von der Stadt bloss die offizielle Medienmitteilung erhalten, sagt Manser.

Wie gestern bekannt geworden ist, schwelte der Konflikt zwischen Grob und dem Stadtrat schon länger. Ende Juli erhielt der Kesb-Präsident eine Abmahnung, später wurde ihm die Kündigung angedroht. Wie Grob und Manhart berichten, wurde seit Juni nur noch per Mail kommuniziert.

Konfliktreiche Wahl kocht hoch

Für Grob sind die Gründe, welche die Stadt für seine Entlassung angibt, nur vorgeschoben. Er vermutet dahinter eine Retourkutsche aus dem Umfeld von Bruno Hug: «Nach seiner Niederlage vor dem Kreisgericht musste ich mit Racheaktionen seiner Freunde im Stadtrat rechnen.» Zur letzten Stadtratswahl seien «verschiedene Kandidaten mit der Ansage angetreten, die Klage gegen die ON im Sinne von Herrn Hug zurückzuziehen und mich in die Wüste zu schicken».

Damit dürfte er unter anderem auf Stadtpräsident Martin Stöckling (FDP) anspielen, der als Anwalt zwei Kesb-Artikel der ON juristisch geprüft hatte und von Hug laut Medienberichten als Kandidat für das Stadtpräsidium auf den Schild gehoben wurde. Im Streitfall um die Kesb ist Stöckling in den Ausstand getreten. Ein offenes Geheimnis ist es, dass die bereits eingereichte Klage gegen die ON nach der Wahl im Jahr 2016 im Stadtrat auf Messers Schneide stand.

Stadtrat Manhart weist Grobs Vorwürfe zurück – auch wenn die Klage das Klima belastet habe, wie er zugibt. «Für die Kündigung war sie aber nicht relevant», hält er an seiner Darstellung fest.

Noch nicht entschieden hat Grob, ob er gegen die Kündigung rechtlich vorgehen will. «Diese Frage werde ich prüfen», kündigt er an. Damit droht eine verworrene Situation, bei der sich die gemeinsamen Kläger gegen Hug in einem zweiten Rechtsstreit in den Haaren liegen.

Von Christoph Leiber


Streit um Kesb kommt demnächst vor Kantonsgericht

In 56 Ausgaben der «Obersee Nachrichten» sollen die Journalisten Bruno Hug und Mario Aldrovandi zehn Fälle der Kesb Linth zu einer persönlichkeitsverletzenden Kampagne ausgewalzt haben. So lautet der Vorwurf, mit dem die Stadt Rapperswil–Jona als Trägergemeinde der regionalen Kesb sowie deren Präsident Walter Grob im Dezember 2017 vor dem Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland recht bekommen haben.

Gegen diesen Entscheid haben Hug und Aldrovandi beim Kantonsgericht Berufung eingelegt. Wie Klägeranwalt Adrian Bachmann erklärt, ist der Schriftenwechsel vor dem Prozess bereits abgeschlossen. Das Gericht habe mitgeteilt, dass voraussichtlich aufgrund der Akten entschieden werde. Dies bedeutet, dass es keine öffentliche Verhandlung gibt. Beim Kantonsgericht selbst waren die zuständigen Personen gestern nicht erreichbar. Somit bleibt unklar, wann mit dem Urteil zu rechnen ist. (chl)


Zueriost.ch


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"Wenn Unrecht zu Recht wird, wird WIDERSTAND zur Pflicht!"
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