17-Jährige kämpft gegen eigene Chemotherapie


Der Fall sorgt für Diskussionen in den USA: Die 17-jährige Cassandra ist an einem Krebs erkrankt, der sie ohne Behandlung töten wird. Sie verweigert die Therapie. Nun will der Staat sie zwingen.

Fotos zeigen sie lachend, für Selfies posiert sie vor dem Spiegel. Cassandra Fortin, 17 Jahre jung, aus Connecticut, ist ein ganz normaler Teenager – wäre da nicht ihre Krankheit. Ärzte diagnostizierten bei ihr im September Morbus Hodgkin: ein seltener und bösartiger Krebs, der unbedingt behandelt werden muss. Mit einer Chemo sehen die Ärzte bei Cassandra Heilungschancen von 80 bis 85 Prozent. Ohne Chemo, sind die Mediziner überzeugt, wird das Mädchen sterben.

Cassandra willigte ein, machte eine Therapie, eine zweite, sie erbrach sich, ihr war übel, sie litt Schmerzen. Irgendwann traf sie eine Entscheidung: Sie wolle sich nicht länger dem “Gift” aussetzen, sagte sie laut “Daily Mail” ihren Ärzten. Sie brach die Therapie ab. Die Behörden wollten das nicht zulassen – obwohl Mutter Jackie ihre Tochter unterstützte. Sie klagten und ließen der Mutter wegen unterlassener Hilfeleistung das Sorgerecht entziehen. Gegen ihren Willen wurde Cassandra zurück in die Klinik gebracht, dort festgehalten und zur Therapie gezwungen.

Der Fall wirft grundsätzliche Fragen auf

In den USA hat der Fall für viel Aufsehen gesorgt. Neun Monate dauert es noch bis zu Cassandras Geburtstag – dann wäre sie 18. Volljährig. Es ist ein recht willkürlicher Zeitpunkt, eine Zahl, eine bürokratische Regelung. Wäre Cassandra 18, dürfte sie vermutlich selbst entscheiden. “Ich glaube nicht, dass es dann überhaupt ein Thema wäre”, sagt die Mutter.

Es ist eine grundsätzliche Frage, die der Fall aufwirft. Wann ist ein Mensch mündig genug, um mit klarem Kopf über Tod oder Leben zu entscheiden? Ist der Wunsch, die Schmerzen zu beenden, nicht doch nur ein kindlicher Impuls?

Für die Mutter ist die Sache klar. “Es ist ihr Recht, selbst zu entscheiden”, sagte sie dem Sender NBC. “Sie ist nicht 10. Sie ist über 17, sie ist aufgeweckt und klug. Sie weiß, was das Gift ausrichten kann. Sie weiß, was es mit ihrem Körper auf lange Sicht anstellt.” Ihr Anwalt Michael Taylor sagte der ABC: “Es geht um das grundlegende Recht, selbst bestimmen zu können, was mit dem eigenen Körper passiert.”

Auch Cassandra selbst meldete sich in einer Kolumne zu Wort: “Ob ich 17 oder 100 Jahre lebe, sollte niemand außer mir entscheiden”, schreibt sie. “Wie lange soll ein Mensch eigentlich leben und warum? Wer bestimmt das? Für mich geht es auch um die Qualität meines Lebens, nicht nur um die Quantität.”

Hat die Mutter die Tochter beeinflusst?

Aus einer Erklärung der Jugendbehörde dagegen heißt es bei der “Daily Mail’: “Wenn Ärzte uns sagen, dass ein Kind sicher sterben wird, dann haben wir die Pflicht, das Leben des Kindes zu schützen. Auch, wenn diese Entscheidung für Kritik sorgen wird.”

Cassandra und ihre Mutter Jackie wollen nun vor Gericht das Recht erstreiten, die Therapie abzulehnen. Vor allem die Mutter wird dafür heftig kritisiert. Beobachter des Falles werfen ihr vor, nicht genug um das Leben der Tochter zu kämpfen, vielleicht sogar aus religiösen Gründen zu handeln. Die Behörde beschuldigt sie, ihre Tochter beeinflusst zu haben. Cassandra habe gut auf die Therapie angesprochen, sei auf dem Weg zur Besserung gewesen. Es sei die Mutter, die die Therapie ablehne und ihre Tochter überzeugt habe.

Die Mutter weist die Vorwürfe zurück. Cassandra habe schon vor Jahren angekündigt, in einem solchen Fall kein Gift in ihren Körper lassen zu wollen, sagt sie. “Tief in meinem Herzen weiß ich: Wenn sich Cassandra danach fühlt oder wenn sie beginnt, sich krank zu fühlen, dann wird sie zu mir kommen und sagen, dass sie bereit ist für eine Therapie. Aber im Moment steht sie mit dem Rücken an der Wand und wird zu etwas gezwungen, was sie nicht will.”


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Veröffentlicht unter Allgemein, Gesetz, Natur, Staat, Widerstand