Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hebt Maskenpflicht an Primarschulen auf

Urteil

der 4. Kammer

vom 3. Juni 2021

Mitwirkend: Abteilungspräsidentin Tamara Nüssle (Vorsitz), Verwaltungsrichter Andreas Frei, Verwaltungsrichter Marco Donatsch, Verwaltungsrichter Reto Häggi Furrer, Verwaltungsrichter Martin Bertschi, Gerichtsschreiberin Eva Heierle.

In Sachen

1. A,

2. B,

Beschwerdeführende,

gegen

regierungspraesidentin_dr. silvia-steiner

Bildungsdirektion des Kantons Zürich,

Beschwerdegegnerin,

betreffend Vorgaben Schutzkonzept,

hat sich ergeben:

I.

A. Der Regierungsrat des Kantons Zürich verpflichtete die Volksschulen bzw. alle Schulen, an denen die öffentliche Schulpflicht erfüllt werden kann, mit Beschluss vom 8. Juli 2020 (RRB 704/2020), ein Schutzkonzept im Sinn der Erwägungen seines Beschlusses umzusetzen und zu veröffentlichen; die Gemeinden bzw. Trägerschaften wurden verpflichtet, für die Umsetzung und Einhaltung der in den Schutzkonzepten festzulegenden Vorgaben zu sorgen (Dispositiv-Ziff. I).

Zu den allgemeinen Anforderungen an Schutzkonzepte der Bildungseinrichtungen erwog der Regierungsrat im Wesentlichen, der Unterricht werde grundsätzlich im Vollbetrieb geführt, Schutz- und Hygienemassnahmen seien so weit als möglich umzusetzen. Wo aufgrund der schulischen Aktivität, der örtlichen Gegebenheiten oder aus betrieblichen Gründen weder der erforderliche Abstand eingehalten noch Schutzmassnahmen ergriffen würden, müssten gemäss Art. 4 Abs. 2 lit. b der Verordnung des Bundesrats vom 19. Juni 2020 über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (in der bis 28. Oktober 2020 gültigen Fassung [AS 2020 2213]; Covid-19-Verordnung besondere Lage, SR 818.101.26) die Kontaktdaten erhoben werden. Da Abstandsregelungen und Schutzmassnahmen im ordentlichen Schul- und Unterrichtsbetrieb nicht durchgehend umsetzbar seien, sei in den Schutzkonzepten der Bildungseinrichtungen die Erhebung von Kontaktdaten als hauptsächliche Massnahme festzulegen (E. 3).

Betreffend die Volksschulen hielt der Regierungsrat sodann fest, die von den Schulpflegen zu erarbeitenden Schutzkonzepte könnten neben der Erhebung der Kontaktdaten weitere Schutzmassnahmen vorsehen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich die Schülerinnen und Schüler insbesondere der tieferen Klassen möglichst normal im Klassenverband und auf dem Pausenplatz verhalten und bewegen könnten. Entsprechend sei auch das durchgängige Tragen von Hygienemasken keine sinnvolle und umsetzbare Massnahme (E. 4.1). In seinem Beschluss vom 8. Juli 2020 legte der Regierungsrat sodann fest, dass bei einer Veränderung der epidemiologischen Lage die Bildungsdirektion nach Rücksprache mit der Gesundheitsdirektion weitergehende Massnahmen festlegen bzw. dem Regierungsrat beantragen könne (Dispositiv-Ziff. V). Als mögliche weitergehende Massnahmen nannte er namentlich Unterricht in Halbklassen oder Fernunterricht sowie eine teilweise oder allgemeine Maskentragpflicht (E. 5).

B. Am 21. Januar 2021 ordnete die Bildungsdirektion an, dass die Schutzkonzepte an den Volksschulen bzw. an allen Schulen, an denen die obligatorische Schulpflicht erfüllt werden könne, mit Wirkung ab dem 25. Januar 2021 – und einstweilen bis 28. Februar 2021 (vgl. Dispositiv-Ziff. II) – “im Sinne der Erwägungen” anzupassen seien (Dispositiv-Ziff. I Satz 1 und Dispositiv-Ziff. II Satz 1); die Erwägungen sehen die Einführung einer Maskentragpflicht auf der Primarstufe und dort für Schülerinnen und Schüler ab der 4. Klasse bzw. in Mehrjahrgangsklassen mit Schülerinnen und Schülern der 3. und 4. Klasse ab der 3. Klasse sowie den Verzicht auf Schwimmunterricht für Schülerinnen und Schüler ab der 4. Klasse vor. Dem Lauf der Rekursfrist und der Einreichung eines Rekurses entzog die Bildungsdirektion die aufschiebende Wirkung (Dispositiv-Ziff. IV).

Die Bildungsdirektion verlängerte die am 21. Januar 2021 angeordneten Massnahmen für die Primarstufe in der Folge wiederholt; letztmals wurde die Maskentragpflicht mit Verfügung vom 20. Mai 2021 bis zum Beginn der Sommerferien bzw. 17. Juli 2021 verlängert, indes mit Wirkung ab 31. Mai 2021 auf “sämtliche[…] schulische[…] Aktivitäten (inkl. Präsenzunterricht) in Innenräumen” beschränkt; das Verbot des Schwimmunterrichts wurde auf den nämlichen Zeitpunkt hin aufgehoben. Dem Lauf der Rekursfrist und der Einreichung eines Rekurses wurde jeweils die aufschiebende Wirkung entzogen (Verfügungen der Bildungsdirektion vom 25. Februar 2021, 9. März 2021, 21. April 2021 und 20. Mai 2021 [alle einsehbar unter www.zh.ch > Bildungsdirektion > Volksschulamt > Coronavirus – Informationen für die Volksschulen > Rechtliche Vorgaben > Kantonale und nationale Verfügungen und Verordnungen]).

II.

A und B waren am 28. Januar 2021 mit Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich gelangt und hatten im Wesentlichen sinngemäss die Aufhebung der von der Bildungsdirektion am 21. Januar 2021 festgelegten Maskentragpflicht für Schulkinder der Primarstufe beantragt. In prozessualer Hinsicht hatten sie sinngemäss die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rekurses verlangt. Die Vizepräsidentin des Regierungsrats wies das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rekurses mit Verfügung vom 12. April 2021 ab.

III.

Gegen diesen Zwischenentscheid gelangten A und B mit Beschwerde vom 22. April 2021 an das Verwaltungsgericht und beantragten die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Rekursverfahren; in prozessualer Hinsicht ersuchten sie sinngemäss um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung während des Beschwerdeverfahrens. Die Staatskanzlei des Kantons Zürich schloss am 3. Mai 2021 namens des Regierungsrats darauf, die Beschwerde sowie das Gesuch um Gewährung aufschiebender Wirkung abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Mit Präsidialverfügung vom 10. Mai 2021 wurde das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung während des Beschwerdeverfahrens einstweilen abgewiesen. Auf Aufforderung des Verwaltungsgerichts hin machten A und B am 18. Mai 2021 ergänzende Angaben zu ihrer Beschwerdelegitimation. Die Bildungsdirektion äusserte sich nicht.

Die Kammer erwägt:

1.

1.1 Das Verwaltungsgericht prüft seine Zuständigkeit nach § 70 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG, LS 175.2) von Amtes wegen. Ausgangspunkt der vorliegenden Streitigkeit bilden die von der Bildungsdirektion am 21. Januar 2021 festgelegten Massnahmen für die Primarstufe von Schulen, an denen im Kanton Zürich die Schulpflicht erfüllt werden kann. Diese Massnahmen schränken unmittelbar Grundrechte ein, weshalb die “Verfügung” der Bildungsdirektion vom 21. Januar 2021 nicht als blosse Weisung an die Schulbehörden qualifiziert werden kann. Die “Verfügung” der Bildungsdirektion vom 21. Januar 2021 enthält sodann keine individuell-konkreten (oder generell-konkreten) Anordnungen, sondern legt gewisse Massnahmen für sämtliche Primarschulen auf dem Gebiet des Kantons Zürich in generell-abstrakter Weise fest. Es kommt ihr deshalb nicht Verfügungs-, sondern Erlasscharakter zu (vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. A., Zürich/St. Gallen 2020, Rz. 849, 860 ff., 933 ff.). Gegen Rekursentscheide des Regierungsrats über Erlasse bzw. Verordnungen einer Direktion steht die Beschwerde an das Verwaltungsgericht nach § 41 Abs. 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 lit. d VRG offen (vgl. Regina Kiener, in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. A., Zürich etc. 2014 [Kommentar VRG], § 41 N. 22). Über Rechtsmittel gegen Erlasse entscheidet das Gericht in Fünferbesetzung (§ 38a Abs. 1 VRG).

1.2 Gemäss § 49 in Verbindung mit § 21b Abs. 1 VRG ist zur Anfechtung eines Erlasses berechtigt, wer durch eine Norm in schutzwürdigen Interessen berührt werden könnte. § 21b VRG soll auf die bundesgerichtliche Praxis verweisen (Weisung des Regierungsrats vom 22. Oktober 2014 zum Publikationsgesetz, ABl 2014-11-07 [Nr. 45], Meldungsnummer 00090451). Demnach ist die Beschwerdelegitimation zu bejahen, wenn zumindest eine minimale Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Erlass früher oder später einmal unmittelbar in ihren schutzwürdigen Interessen betroffen sein könnte (BGE 146 I 62 E. 2.1; VGr, 21. Januar 2021, AN.2020.00018, E. 1.2 mit weiteren Hinweisen). Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse reicht nicht aus, das heisst, die beschwerdeführende Partei muss im eigenen Interesse – und nicht im Interesse der Allgemeinheit – Beschwerde führen (vgl. BGE 136 I 49 E. 2.1; 135 I 43 E. 1.4; Martin Bertschi, Kommentar VRG, § 21 N. 34). Nach unwidersprochener Darstellung der Beschwerdeführenden sind sie Eltern eines Kindes, welches die 4. Klasse einer Primarschule im Kanton Zürich besucht. Als sorgeberechtigte Eltern eines vom umstrittenen Erlass betroffenen schulpflichtigen Kindes sind die Beschwerdeführenden praxisgemäss (auch) zur Beschwerdeerhebung in eigenem Namen legitimiert (vgl. statt vieler VGr, 23. März 2016, VB.2015.00339, E. 1.2, und 2. Oktober 2013, VB.2013.00472, E. 1.2 [jeweils mit Hinweisen]). Entsprechend ist ihre Betroffenheit in schutzwürdigen Interessen zu bejahen.

1.3 Die hier angefochtene Verfügung der Vizepräsidentin des Regierungsrats vom 12. April 2021 betreffend die Nichtwiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rekurses stellt einen Zwischenentscheid dar (Martin Bertschi, Kommentar VRG, § 19a N. 31). Selbständig eröffnete Zwischenentscheide, welche – wie hier – weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen, sind nach § 41 Abs. 3 in Verbindung mit § 19a Abs. 2 VRG sowie Art. 93 Abs. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) nur anfechtbar, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Diese Voraussetzungen werden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur sinngemäss angewendet, was namentlich erlaubt, zugunsten der Anfechtbarkeit von der restriktiven Praxis des Bundesgerichts abzuweichen (Martin Bertschi, § 19a N. 47 und 54). Bei Zwischenentscheiden über die aufschiebende Wirkung ist im Einzelfall zu beurteilen, ob den Beschwerdeführenden ein Nachteil entsteht, der auch durch einen für sie günstigen Endentscheid nicht mehr wiedergutzumachen ist (Bertschi, § 19a N. 48, VGr, 15. Februar 2018, VB.2017.00702, E. 1.2 mit Hinweisen). Ein Nachteil im Sinn des Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG in Verbindung mit §§ 41 Abs. 3 sowie 19a Abs. 2 VRG ist vorliegend zu bejahen, da ein Kind der Beschwerdeführenden bereits von der umstrittenen Maskentragpflicht betroffen ist bzw. nach Darstellung der Beschwerdeführenden darunter leidet.

Da auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

Dem Lauf der Rekursfrist und der Einreichung des Rekurses kommt nach § 25 Abs. 1 VRG aufschiebende Wirkung zu; auch dem Rekurs gegen einen Erlass kommt grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu (Kiener, § 25 N. 11, Alain Griffel, Rekurs, in: Alain Griffel/Tobias Jaag [Hrsg.], Reform der Zürcher Verwaltungsrechtspflege, Zürich/St. Gallen 2010, S. 43 ff., 67). Aus besonderen Gründen kann eine gegenteilige Anordnung getroffen werden (§ 25 Abs. 3 VRG). Es kann mithin die einem Rekurs von Gesetzes wegen grundsätzlich zukommende aufschiebende Wirkung unter gewissen Voraussetzungen entzogen bzw. bei einem Entzug durch eine untere Instanz wiederhergestellt werden (Kiener, § 25 N. 25). Weil die aufschiebende Wirkung den gesetzlichen Regelfall darstellt, soll der Entzug die Ausnahme darstellen. Für die sofortige Wirksamkeit des umstrittenen Erlasses müssen deshalb qualifizierte und überzeugende Gründe sprechen, ohne dass aber ganz ausserordentliche Umstände verlangt werden, und es muss ein schwerer Nachteil drohen, falls die aufschiebende Wirkung nicht entzogen würde (Kiener, § 25 N. 26). Die sich gegenüberstehenden Interessen sind gegeneinander abzuwägen (Kiener, § 25 N. 28). In die Interessenabwägung können auch die Prozessaussichten miteinbezogen werden, sofern sie klar zutage treten (Kiener, a.a.O.).

3.

3.1 Hier bestehen aufgrund einer summarischen Prüfung erhebliche Zweifel, dass die Bildungsdirektion für den Erlass einer Maskentragpflicht an der Volksschule zuständig ist:

Die bundesrechtlichen Massnahmen gemäss der Covid-19-Verordnung besondere Lage schreiben unter anderem für Bildungseinrichtungen die Erarbeitung und Umsetzung eines Schutzkonzepts vor (Art. 4 Abs. 1 Covid-19-Verordnung besondere Lage). Die bundesrechtlichen Vorgaben für diese Schutzkonzepte sahen und sehen indes für Schulkinder auf der Primarstufe keine Pflicht zum Tragen von Gesichtsmasken vor (vgl. Art. 4 Abs. 2–4 Covid-19-Verordnung besondere Lage in der bis 28. Oktober 2020 gültigen Fassung [AS 2020 2213], Art. 6d Abs. 2 Satz 1 e contrario Covid-19-Verordnung besondere Lage in der bis 18. April 2021 gültigen Fassung [AS 2020 4503], Art. 6d Abs. 3 Satz 1 e contrario Covid-19-Verordnung besondere Lage in der seit 19. April 2021 geltenden Fassung [AS 2021 213]). Es steht den Kantonen aber frei, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten – und somit für das Schulwesen (vgl. Art. 62 Abs. 1 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 [SR 101]) – ergänzende Massnahmen zu treffen (vgl. Art. 2 Covid-19-Verordnung besondere Lage).

3.2 Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 des Epidemiengesetzes vom 28. September 2012 (EpG, SR 818.101) ordnen die zuständigen kantonalen Behörden Massnahmen an, um die Verbreitung übertragbarer Krankheiten in der Bevölkerung oder in bestimmten Personengruppen zu verhindern. Sie können insbesondere Schulen, andere öffentliche Institutionen und private Unternehmen schliessen oder Vorschriften zum Betrieb verfügen (Art. 40 Abs. 2 lit. b EpG); die Massnahmen dürfen nur so lange dauern, wie es notwendig ist, um die Verbreitung einer übertragbaren Krankheit zu verhindern, und sind regelmässig zu überprüfen (Abs. 3). Die innerkantonale Zuständigkeit zum Erlass solcher Massnahmen richtet sich nach dem kantonalen Recht.

3.3 § 54b Abs. 1 des Gesundheitsgesetzes vom 2. April 2007 (GesG, LS 810.1) auferlegt unter anderem Schulen, an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann, verschiedene Pflichten. So haben die Schulen Massnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten zu treffen (lit. a). Zuständig für die Festlegung dieser Massnahmen ist nach § 54b Abs. 1 lit. a Satz 2 der Regierungsrat; die Gesundheitsdirektion kann Weisungen erteilen (Satz 3 in Verbindung mit § 2 GesG).

Die Zuweisung der Verordnungskompetenz ist nach Art. 38 Abs. 3 der Kantonsverfassung vom 27. Februar 2005 (KV, LS 101) dem Gesetz- bzw. dem Verfassungsgeber vorbehalten. Überträgt das Gesetz – wie vorliegend § 54b Abs. 1 lit. a GesG – dem Regierungsrat die Kompetenz, Verordnungsbestimmungen zu erlassen, so kann dieser daher keine weitere Rechtsetzungsdelegation vornehmen; die Delegation von Verordnungskompetenzen an untergeordnete Verwaltungseinheiten durch den Regierungsrat (Subdelegation) ist vielmehr unzulässig (Matthias Hauser in: Isabelle Häner/Markus Rüssli/Evi Schwarzenbach [Hrsg.], Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Zürich etc. 2007, Art. 38 N. 43; Tobias Jaag/Markus Rüssli, Staats- und Verwaltungsrecht des Kantons Zürich, 5. A., Zürich etc. 2019, Rz. 428, vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. A., Zürich/St. Gallen 2020, Rz. 374a; VGr, 23. August 2018, VB.2017.00579, E. 1.2).

Es kommt hinzu, dass der Regierungsrat in seinem Beschluss vom 8. Juli 2020 das Tragen von Gesichtsmasken ausdrücklich als “keine sinnvolle und umsetzbare Massnahme” für die Volksschulen erachtete (RRB 704/2020 E. 4.1). Die dem vorliegenden Streit zugrundeliegende Massnahme – die Maskentragpflicht für Primarschulkinder ab der 3. bzw. 4. Klasse – steht mithin im Widerspruch zu den Vorgaben des Regierungsrats für Schutzkonzepte der Volksschulen. Auch im Licht des regierungsrätlichen Beschlusses bestehen deshalb erhebliche Zweifel, dass die Beschwerdegegnerin die Maskentragpflicht selbst festlegen durfte und diese Massnahme nicht dem Regierungsrat hätte beantragen müssen.

3.4 Nach dem Gesagten lässt eine summarische Prüfung der Prozessaussichten sehr wahrscheinlich erscheinen, dass die Beschwerdeführenden aufgrund fehlender Zuständigkeit der Beschwerdegegnerin in der Hauptsache obsiegen werden. Nachdem der Bundesrat darauf verzichtet hat, eine Maskentragpflicht an der Volksschule vorzuschreiben und auch der Regierungsrat im vergangenen Jahr eine solche Massnahme nicht für sinnvoll erachtete, sowie mit Blick auf die derzeitige epidemiologische Lage ist das öffentliche Interesse an einer sofortigen Wirksamkeit der Maskentragpflicht sodann nicht als derart hoch zu gewichten, dass sich rechtfertigte, die aufschiebende Wirkung trotz erheblicher Zweifel an der Zuständigkeit der Bildungsdirektion während des Verfahrens zu entziehen. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Entzug der aufschiebenden Wirkung bzw. die Weigerung der Vorinstanz, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen, als unverhältnismässig.

4.

Die Beschwerde ist gutzuheissen, und die aufschiebende Wirkung des Rekurses der Beschwerdeführenden gegen die “Verfügung” der Beschwerdegegnerin vom 21. Januar 2021 ist wiederherzustellen.

Die (Wiederherstellung der) aufschiebende(n) Wirkung hat zur Folge, dass der angefochtene Erlass vorläufig keine Rechtswirksamkeit entfaltet (vgl. Kiener, § 25 N. 2). Die von der Bildungsdirektion zuletzt am 20. Mai 2021 verlängerte Massnahme, wonach Primarschulkinder im Kanton Zürich ab der 3. bzw. 4. Klasse eine Gesichtsmaske tragen müssen, ist deshalb für die Dauer des Rekursverfahrens bzw. der Rekursverfahren vor dem Regierungsrat ausgesetzt.

Dies zeitigt freilich keinerlei Auswirkungen auf die Verordnungskompetenz des Regierungsrats nach § 54b Abs. 1 lit. a GesG. Es steht dem Regierungsrat deshalb frei, allfällige erforderliche Massnahmen zu erlassen. Sodann liegen die weiteren von der Beschwerdegegnerin für die Volksschule angeordneten Massnahmen ausserhalb des Streitgegenstands des Beschwerdeverfahrens, weshalb sie vom vorliegenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichts nicht beeinflusst werden.

5.

Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (§ 65a Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Satz 1 VRG).

6.

Zur Rechtsmittelbelehrung des nachfolgenden Urteilsdispositivs ist Folgendes zu erläutern: Da die hier angefochtene prozessleitende Anordnung der Vorinstanz vom 12. April 2021 einen Zwischenentscheid darstellt, ist das vorliegende Urteil ebenfalls ein solcher (Bertschi, § 19a N. 32). Das Bundesgericht lässt sich daher im Sinn des Art. 93 BGG nur anrufen, wenn ein nicht wiedergutzumachender Nachteil drohte oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen könnte und so einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.

Demgemäss erkennt die Kammer:

1. Die Beschwerde wird im Sinn der Erwägungen gutgeheissen. Die Verfügung der Vizepräsidentin des Regierungsrats vom 12. April 2021 wird aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung im Rekursverfahren wird wiederhergestellt.

2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 2’500.–; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 220.– Zustellkosten,
Fr. 2’720.– Total der Kosten.

3. Die Gerichtskosten werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

4. Gegen dieses Urteil kann im Sinn der Erwägung 6 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG erhoben werden. Sie ist binnen 30 Tagen ab Zustellung einzureichen beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14.

5. Mitteilung an …


Verwaltungsgericht Zürich


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