Mutter kämpft um alleiniges Sorgerecht – und blitzt ab

Eine gemeinsame elterliche Sorge über ein Kind ist auch dann möglich, wenn sich die Eltern konsequent aus dem Weg gehen.

Die Eltern eines heute 13-jährigen Mädchens sind nicht verheiratet. Seit der Geburt stand das Mädchen unter der alleinigen elterlichen Sorge der Mutter, dem Vater stand ein Besuchsrecht zu. Im Januar 2016 verfügte die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb Luzern auf Ersuchen des Vaters, dass die Eltern ab sofort das gemeinsame Sorgerecht über das Kind ausüben.

Die Kesb verwies in diesem Zusammenhang auf die neue, seit dem 1. Juli 2014 geltende Gesetzesbestimmung, wonach die gemeinsame elterliche Sorge über das Kind die Regel ist und die Zuteilung des Sorgerechts nur auf einen Ehegatten ausschliesslich in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig ist.

Die Mutter des Kindes erhob dagegen Beschwerde beim Luzerner Kantonsgericht, blitzte dort aber ebenso ab wie jetzt beim Bundesgericht. Nach den Feststellungen des Kantonsgerichts ist die Mutter nach wie vor enttäuscht und verletzt darüber, dass sie während der Schwangerschaft verlassen wurde.

Sie argumentierte, sie habe die Tochter bislang allein aufgezogen, weshalb ihr auch das alleinige Sorgerecht zustehe. Sie und der Vater des Kindes gingen sich konsequent aus dem Weg – auch bei der Übergabe des Kindes, welche jeweils über die Grossmutter laufe. Auch eine Kommunikation über die Zukunft der Tochter finde nicht statt.

Mutter soll entscheiden

In einem Schreiben hatte die Tochter zudem erklärt, sie wolle kein gemeinsames Sorgerecht der Eltern und wünsche, dass die Mutter die wichtigen Entscheide für ihre Zukunft treffe. Das Bundesgericht ist auf dieses Schreiben der Tochter, wie zuvor das Kantonsgericht, nicht gross eingegangen, weil es im Umfeld der Mutter entstanden und deshalb mit grosser Vorsicht zu geniessen ist. Unbestritten ist in dieser heiklen Angelegenheit, dass auf Elternebene ein immer noch unverarbeiteter Konflikt besteht. Dies ist für sich allein aber nicht ausreichend, um vom Grundsatz der gemeinsamen elterlichen Sorge abzuweichen.

Laut Bundesgericht ist zusätzlich erforderlich, dass sich der Konflikt negativ auf das Kindeswohl auswirkt und eine Alleinzuteilung geeignet ist, die festgestellte Beeinträchtigung des Kindeswohls zu beseitigen oder zumindest zu lindern.

Im konkreten Fall sei zwar erstellt, dass sich die Eltern konsequent aus dem Weg gehen und nicht miteinander kommunizieren. Die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge setzt aber nicht zwingend voraus, dass sich die Eltern persönlich sehen, vielmehr kann die Kommunikation laut dem Urteil aus Lausanne über schriftliche Kanäle – oder vorliegend über die Grossmutter – laufen. Es ist deshalb nicht einzusehen, weshalb die Eltern nicht auch auf diesem Weg für anstehende Entscheidungen in der Lebensplanung des Kindes eine Lösung finden sollten.

(Von Urs-Peter Inderbitzin)


Grenchnertagblatt.ch


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