Die Angst vor Zuwanderung hat das ganze Mittelland erfasst: Schweizer, die vor wenigen Jahren noch europafreundlich waren, sind zu Zuwanderungsgegnern geworden.
Im Februar nahmen die Schweizer die Zuwanderungsinitiative an. Damals hiess es, die Bevölkerung wolle ein einmaliges Zeichen setzen. Doch Umfragen zu Ecopop zeigen: Die Angst vor Europa und mehr Zuwanderung hat neue Regionen erfasst.
Der Politgeograf Michael Hermann hat für die «SonntagsZeitung» untersucht, wo die Skepsis zugenommen hat. In der Innerschweiz, im Tessin und in den Bergregionen hat sich die Angst, die Souveränität zu verlieren, eher abgeschwächt.
«Gekippt ist die Stimmung in Schaffhausen und vor allem im Seeland zwischen Bern und Neuenburg», sagt Hermann. Diese Regionen galten bis 2005 eher als zuwanderungsfreundlich. Am radikalsten war der Wandel – bei den Gemeinden über 1000 Einwohnern – in Worben BE.
Skepsis lässt sich nicht an Zahlen festmachen
Die Zunahme der Europaskepsis sei nicht an Zahlen festzumachen. In den Regionen seien nicht übermässig viele Ausländer zugewandert. «Sie sind weit weniger exponiert als Genf oder Zürich», sagt Hermann zur «SonntagsZeitung», «auch die Immobilienpreise und der Kulturlandverlust waren nicht überdurchschnittlich.»
Das Beratungsunternehmen Wüst & Partner bestätigt: In Worben BE sind die Mieten seit 2005 nur um 5 Prozent gestiegen, im Schweizer Durchschnitt waren es 30 Prozent. Eine Eigentumswohnung wurde in Worben 25 Prozent teurer, im Schweizer Schnitt 64 Prozent.
Verstädterung Grund für Angstzunahme?
Hermann führt die zunehmende Abwehrhaltung gegenüber Europa auf die Verstädterung zurück. «Solche Regionen machten in den letzten Jahren einen ähnlichen kulturellen Wandel durch wie der Aargau in den 90er-Jahren. Die Verstädterung erreichte auch diese eher ländlichen Gebiete, die Ängste gegenüber dem Strukturwandel nehmen auch dort überhand», sagt Hermann. «Diese Ängste vor der Zuwanderung sind hier neu und haben nun das ganze Mittelland erfasst.»