Markus Hausammann, SVP, Nationalrat Kanton Thurgau

Markus Hausammann



BGE 5A_341/2008 E. 4.3

4.3 Dieser Schluss steht mit den oben erwähnten (E. 4.1) Grundsätzen im Einklang. Danach hat zwar das Kindeswohl Priorität. Es entspricht jedoch gerade nicht dem Wohl des Kindes, wenn jeglicher Kontakt zwischen ihm und dem nicht obhutsberechtigten Elternteil unter dem Vorwand verhindert wird, das Kind selbst suche den Kontakt nicht: Es ist nichts Aussergewöhnliches, dass ein Kind– je nach den Modalitäten des Auseinanderlebens seiner Eltern und der Art und Weise, wie der obhutsberechtigte Elternteil es begleitet – mehr oder weniger Mühe haben kann, in der neuen Situation mit dem anderen Elternteil den Kontakt zu behalten oder gegebenenfalls wiederherzustellen. Die gegenteilige Annahme der Beschwerdeführerin, wenn das Kind nicht wolle, habe jeglicher Kontakt zu unterbleiben, ist schlichtweg falsch und verstösst klar gegen die auf fundierte kinderpsychologische Erkenntnisse (siehe z.B. BGE 127 III 295 E. 4b) abgestützte Rechtsprechung des Bundesgerichts. Dieses hat vielmehr betont, dass das Wohl des Kindes nicht nur aus seiner subjektiven Sicht mit Blick auf sein momentanes Befinden zu beurteilen sei, sondern auch objektiv und mit Blick auf seine künftige Entwicklung (Urteil 5C.170/2001 vom 31. August 2001, E. 5/a/aa am Ende, in: FamPra.ch 2002 S. 389). Anderes kann in engen Grenzen bei älteren urteilsfähigen und bald mündigen Kindern gelten (BGE 5C.250/2005 vom 3. Januar 2006, E. 3.2.1, in: FamPra.ch 2006 S. 751). Niemals jedoch, wenn die angebliche ablehnende Haltung des Kindes wesentlich – wie vorliegend – durch die Einstellung der sorgeberechtigten Partei geprägt ist: Dadurch würde das Besuchsrecht gleichsam in die Hand des sorge- und obhutsberechtigten Elternteils gelegt (BGE 5C.170/2001 vom 31. August 2001, E. 5/a/cc, in: FamPra.ch 2002 S. 389). Zudem blendet die Sichtweise der Beschwerdeführerin aus, dass auch der nicht obhutsberechtigte Elternteil einen Anspruch auf Verkehr mit dem eigenen Kind hat (vorne E. 4.1).


BGE 5A_457/2009 E. 4.3

4.3 Die Vormundschaftsbehörde ist befugt, unter anderem auch eine Weisung zur Durchführung einer Therapie zu erlassen (Peter Breitschmid, Basler Kommentar, ZGB I, 3. Aufl., N. 22 zu Art. 307 ZGB, S. 1609; Cyril Hegnauer, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl., N. 27.14 S. 206 f. mit Hinweis auf die Familienberatung und desgleichen Ingeborg Schwenzer, Basler Kommentar, ZGB I, 3. Aufl., N. 24 zu Art. 273 ZGB, S. 1466; sowie Philippe Meier/Martin Stettler, Droit de la filiation, 4. Aufl., N. 1132 S. 654, welche zur Verbesserung der Kommunikation die Gesprächstherapie anführen; nach Peter Liatowitsch ist eine Mediation unter Zwang nicht denkbar, in: FamKommentar Scheidung, Hrsg. Ingeborg Schwenzer, Bern 2005, Anh. M, N.46 S.1252). Art. 307 Abs. 3 ZGB bildet somit eine rechtsgenügliche Grundlage für die von der Vorinstanz gebilligte Anordnung einer Mediation. Diese Kann-Vorschrift räumt dabei dem Richter und der Behörde einen grossen Ermessensspielraum ein (Heinrich Honsell, Basler Kommentar, ZGB I, 3. Aufl., N. 6 und 7 zu Art. 4 ZGB, S. 82). Das Bundesgericht überprüft die Ausübung richterlichen Ermessens durch die letzte kantonale Instanz mit Zurückhaltung; es schreitet nur dann ein, wenn grundlos von den in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abgegangen wird, wenn Tatsachen berücksichtigt werden, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn umgekehrt Umstände ausser Betracht geblieben sind, die zwingend hätten beachtet werden müssen (BGE 132 III 49 E. 2.1 S. 50/51; 126 III 223 E. 4a S. 227/228).
Die angeordnete Mediation unterscheidet sich von der freiwilligen in der konsequenten Orientierung an den Interessen und Rechten der Kinder. Dabei werden hochstrittige Eltern, die sich erfahrungsgemäss zumeist von ihren Ängsten, Verletzungen und hauptsächlich von ihren Erwachseneninteressen leiten lassen, mit den Interessen und Bedürfnissen ihrer Kinder konfrontiert. Eltern erfahren, wie sich ihr Konflikt auf die Befindlichkeit ihrer Kinder auswirkt und was sie für ihre Kinder tun können (Max Peter, Hochstrittige Eltern im Besuchsrechtskonflikt, Zeitschrift für Vormundschaftswesen 60 [2005], S. 196). Im Zusammenhang mit dem Begriff “Pflicht”-Mediation bemerkt Liselotte Staub zu Recht, würden die Eltern zu einem Gutachter überwiesen, werde die Bereitschaft zur Mitwirkung der Eltern vorausgesetzt oder allenfalls gesetzlich durchgesetzt. Wenn der Gutachter im Sinne eines verlässlichen und durchsetzbaren Vorschlags mit den Eltern getrennt oder gemeinsam eine Lösung ausarbeite, sei dies nichts anderes als Pflichtmediation (Zeitschrift für Vormundschaftswesen 61 [2006], S. 125). Diese Überlegungen haben – wie erwähnt – Eingang in die kantonale Rechtsprechung gefunden (E. 4.1 hiervor). So ist Ziel einer von der Abteilung Scheidungsberatung/Mediation des Bezirksjugendsekretariates Bülach angeordneten Mediation, nach vier bis fünf Mediationssitzungen eine einvernehmliche Elternvereinbarung zum Besuchsrecht zu erarbeiten; nach einem Vierteljahr soll in einer weiteren Sitzung die Entwicklung überprüft werden (Max Peter, Kindesinteressen in Zeiten familiärer Veränderungen, FamPra.ch 1/2005, S. 33/34).
Die Vormundschaftsbehörde hätte im vorliegenden Fall auch einen Gutachter mit der Aufgabe betreuen können, die Entfremdung der Kinder gegenüber ihrem Vater aufzulösen und den Kontakt wieder in normale Bahnen zu lenken. Dass seitens der Behörde und des Gerichts gehandelt wurde, ist nicht zu beanstanden, denn die Nichteinhaltung des Besuchsrechts ist der Anfang des Entfremdungsprozesses, und die sanktionslose Hinnahme dieses Verhaltens für den manipulierenden Elternteil Rechtfertigung für weitere Übertretungen mit der Folge weiteren Machtgewinns (Liselotte Staub/Wilhelm Felder, Probleme im Zusammenhang mit dem Besuchsrecht, in: Kind und Scheidung, Hrsg. Alexandra Rumo-Jungo/Pascal Pichonnaz, S. 141). Mit der angeordneten Mediation wird den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, zu erkennen, dass der Mensch ein Beziehungswesen ist und die Wiederaufnahme des Dialogs hauptsächlich im Interesse der Kinder liegt. Eine Verletzung von Art. 307 Abs. 3 ZGB durch das Verwaltungsgericht ist nicht gegeben, denn die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, inwiefern eine Mediation unverhältnismässig oder anderweitig bundesrechtswidrig sein könnte.


BGE 5P.263/2005 vom 27. September 2005

Auflage eines Therapiebesuchs. Das Besuchsrecht kann Bedingungen unterworfen und mit Auflagen verknüpft werden; so kann z. B. auch der Besuch einer Therapie angeordnet werden. Zwar dient das Besuchsrecht primär den Interessen des Kindes, seine Regelung hängt indessen nicht allein von dessen Wünschen ab. Es ist in jedem Einzelfall zu ergründen, wieso das Kind den nicht sorgeberechtigten Elternteil ablehnt und ob die Gewährung eines Besuchsrechts tatsächlich sein Wohl beeinträchtigt. Haben die zwei 10- bzw. 11-jährigen Mädchen ihren Vater seit zwei Jahren nicht mehr gesehen und lehnt ihre Mutter strikt jeden Kontakt ab, so droht ein endgültiger Bruch mit dem Vater. Die Anordnung einer therapeutischen Hilfestellung für Vater und Kinder mit dem Ziel, Vorschläge für die Wiederaufnahme der Besuche zu formulieren, falls diese dem Kindeswohl zuträglich sind, erscheint deshalb nicht unverhältnismässig.


Art. 11 StGB
Begehen durch Unterlassen

1. Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.

2. Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:

a. des Gesetzes;
b. eines Vertrages;
c. einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d. der Schaffung einer Gefahr.

3. Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.

4. Das Gericht kann die Strafe mildern.


Art. 12 StGB
Vorsatz und Fahrlässigkeit.

1. Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht.

2. Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt.

3. Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist.


Art. 312 StGB
Amtsmissbrauch
Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.


Art. 97 StGB
Verfolgungsverjährung
Fristen
1. Die Strafverfolgung verjährt, wenn die für die Tat angedrohte Höchststrafe:
a. lebenslängliche Freiheitsstrafe ist: in 30 Jahren;
b. eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren ist: in 15 Jahren;
c. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren ist: in 10 Jahren;
d. eine andere Strafe ist: in 7 Jahren.

"Wenn Unrecht zu Recht wird, wird WIDERSTAND zur Pflicht!"