Frauenrechtlerinnen passt das Rentenalter 65 für Frauen nicht. Dabei bedeute dies doch endlich echte Gleichstellung, kontern Männerorganisationen.
Auch Frauen sollen – gleich wie die Männer – bis 65 arbeiten. Das schlägt der Bundesrat im Rahmen der Revision der Altersvorsoge vor. Dies sei eine «Frechheit» und eine «Ohrfeige für alle Frauen», argumentieren die Gegnerinnen aus dem linken Lager.
Vertreter von Männerorganisationen verstehen die Welt nicht mehr: «Frauenrechtlerinnen fordern seit Jahren, dass sie in allen Bereichen gleich behandelt werden wie die Männer. Gleiches Rentenalter für alle wäre demnach nur logisch», sagt Oliver Hunziker, Präsident der Organisation Verantwortungsvoll erziehende Väter und Mütter. In einer Gesellschaft, in der Frauen und Männer denselben Rechten und Pflichten nachkämen, sei dies doch selbstverständlich. Auch bei Angleichung des Rentenalters ginge es den Frauen immer noch gut – «schliesslich haben Frauen eine höhere Lebenserwartung», sagt Hunziker.
Argumente der Gegner zählen nicht
Auch Markus Theunert, Präsident der Schweizer Männer- und Väterorganisationen, kann den Aufschrei der Feministinnen nicht nachvollziehen: «Gleichberechtigung muss in allen Bereichen gelten.» Besonders ihr Argument, dass zuerst absolute Lohngleichheit geschaffen werden müsse, bevor Frauen ebenfalls bis 65 arbeiten, kann er nicht nachvollziehen. «Das ist etwa gleich unsinnig, wie wenn wir umgekehrt sagen würden: Erst wenn die Lebenserwartung von Männern gleich hoch ist wie die von Frauen, streben wir Lohngleichheit an.» Um längerfristig eine geschlechtergerechte Gesellschaft zu erreichen, seien Diskriminierungen zu bekämpfen, egal wen sie betreffen.
Hunziker ist zudem irritiert, dass die Frauen plötzlich das Argument ins Feld führen, dass sie früher in Rente gehen müssten, weil sie etwa ihre betagten Eltern betreuen müssten. «Sonst klagen die Frauen auch, dass sie sich zu Hause um den Haushalt kümmern müssen und die Kinder und Betagte betreuen. Hier wird das gleiche Argument einmal für und einmal gegen die Gleichstellung eingesetzt, das geht doch nicht auf.»
«Die Gleichstellung beginnt schon 40 Jahre früher»
Dagegen wehrt sich Fabienne Amlinger, Gender-Forscherin der Universität Bern. «Dieses Argument ist stark vereinfacht.» Schliesslich würden sich Frauen nicht freiwillig um diese Betreuungsarbeit reissen. «Es sind die gesellschaftlichen Voraussetzungen, die sie dazu zwingen – egal ob sie nun später in Rente gehen oder nicht.» Nur weil man auf dem Rentenalter 63 beharrt, heisse das nicht, dass man nicht konsequent für Gleichberechtigung sei: «Frauen können nach wie vor nicht gleich am Arbeitsmarkt teilnehmen wie die Männer.» So seien Frauen, was den Lohn betrifft, noch immer schlechter gestellt als die Männer. «Bevor immer mehr neue Verpflichtungen auf die Frauen zukommen, sollten zuerst diese Ungleichheiten beseitigt werden.»
Kathrin Wirz vom Kompetenzzentrum Integration und Gleichstellung des Kantons St. Gallen erklärt: «Die tatsächliche Gleichstellung zwischen Mann und Frau beginnt nicht erst mit dem gleichen Rentenalter, sondern schon rund vierzig Jahre vorher.» So wählten Frauen oft typische Frauenberufe, in denen sie weniger verdienten, oder sie leisteten mehr Gratisarbeit wie etwa Kinderbetreuung: «Deshalb kommen viele Frauen nie in die gleiche Rentensituation wie Männer, die während einer bezahlten Berufskarriere einen höheren Lohn hatten.»
Von N. Glaus