„21 Muslime in 55 Minuten eingebürgert“


Gemeindeversammlung vom 7. Dez. 2004, 20:00 Uhr
Ort: Reformierte Kirche, Kirchgasse, 8636 Wald
Organisator: Gemeinde Wald

7. Dezember 2004
Gemeinde Wald, Gemeinderat , Bahnhofstrasse 6, Postfach, 8636 Wald

5.
Christian Häsler, Am Bach 19, 8637 Laupen, und MitunterzeichnerInnen /
Anfrage nach § 51 Gemeindegesetz zum Bürgerrecht und der Einbürgerungspraxis in der Gemeinde Wald
Gemeindepräsident Walter Honegger orientiert die anwesenden Stimmberechtigten über das Verfahren bei einer Anfrage nach § 51 Gemeindegesetz. Demnach werden die gestellten Fragen und die dazugehörigen Antworten des Gemeinderates verlesen, eine Diskussion findet ausdrücklich nicht statt.
In diesem Sinne verliest Gemeindeschreiber Hans Büchli die Fragen und Gemeinde- präsident Walter Honegger die nachfolgenden Antworten. Anfrage von Christian Häsler und Mitunterzeichnende vom 03.11.04:
Begründung, Vorgeschichte und Ausgangslage

Seit Jahrzehnten ist festzustellen, dass die Einbürgerungspraxis in der Gemeinde Wald als sehr grosszügig bezeichnet werden darf. Die Feststellungen basieren einerseits aufgrund der grossen Anzahl eingebürgerter Personen, anderseits aber auch aufgrund von zweifelhaften Einzelfällen. Nach unserem Dafürhalten wurden teilweise Personen eingebürgert, welche die vom Gesetz vorgeschriebenen Anforderungen, insbesondere bezüglich Assimilation und Integration,nicht oder nur teilweise erfüllten. Die erwähnte Grosszügigkeit wurde neulich in einem Bericht der Tageszeitung “Blick“ in deren Ausgabe vom 18. September 2004 unter dem Titel:

„21 Muslime in 55 Minuten eingebürgert“

auch durch Gemeindepräsident Walter Honegger bestätigt.
Am 12. Juni 1994 stimmte das Schweizervolk bereits einmal über die erleichterte Einbürgerung von jungen Ausländern ab. Die Vorlage scheiterte damals am Stände- mehr, was jedoch den Kanton Zürich nicht daran hinderte, als „zustimmender Kanton“, zusammen mit weiteren Kantonen, die erleichterte Einbürgerung dennoch einzuführen.
Die Gemeinde Wald, welche in der damaligen Abstimmung die erleichterte Einbürgerung mit 1’136 Ja gegen 1’383 Nein klar abgelehnt hatte, musste die vom Kanton angeordnete, neue Praxis übernehmen und umsetzen. Die sehr weit gehenden und äusserst grosszügigen Anordnungen und Empfehlungen seitens der zuständigen kantonalen Stellen mögen dabei zu bekannten Walder Einbürgerungspraxis ebenfalls beigetragen haben.
Am 26. September 2004 wurde erneut gesamtschweizerisch über zwei Bürgerrechts- vorlagen (1. Erleichterte Einbürgerung der zweiten Ausländergeneration und 2. Automatische Einbürgerung der dritten Ausländergeneration) abgestimmt. Beide Vorlagen wurden bekanntlich mit deutlichem Mehr, sowohl vom Volk wie von den
Ständen abgelehnt. Auch in der Gemeinde Wald wurden beide Vorlagen wuchtig mit 1’859 Nein gegen 910 Ja (2. Generation) bzw. mit 1’725 Nein gegen 1’042 Ja (3. Generation) verworfen. Diese Tatsache, welche auf eine gravieren gegensätzliche Beurteilung durch Gemeindevorsteherschaft und Souverän schliessen lässt, veranlasst uns zu den folgenden Fragen an den Gemeinderat:

Frage 1:

Wie wird die bisherige Einbürgerungspraxis in der Gemeinde Wald beurteilt?

Antwort:
Die Einbürgerungspraxis entspricht einerseits den gesetzlichen Vorgaben von Bund, Kanton und Gemeinde, anderseits auch den Begehren aus der Bürgerschaft, wie sie z.B. anlässlich einer Orientierungsversammlung im Jahr 2002 gestellt wurden. Und noch einmal, vor Jahresfrist, hat die Bürgerliche Abteilung des Gemeinderates das Verfahren überprüft, angepasst und verfeinert, vor allem um die Integration besser zu prüfen. Dazu gehört die generelle Integration (Bezug zum Heimatland bzw. zur Schweiz), die kulturelle Integration (Deutsch lesen
und sprechen, Sitten und Gebräuche kennen), die politische Integration (Beachten der Rechtsordnung, staats- bürgerliche Kenntnisse) sowie die soziale Integration (Verhalten im Wohnumfeld, Kontakte mit Mitbewohnern etc.). Seit kurzem werden auch Einbürgerungskurse an der Berufsschule Wetzikon angeboten. Die Öffentlichkeit wurde im Rahmen des Veranstaltung vom 4.5.04 zum Thema „Ausländer in Wald“ eingehend über das Verfahren informiert.


Frage 2:

Wie viele Personen wurden seit dem Jahre 1990 in das Bürgerrecht der Gemeinde Wald aufgenommen?
a) Ordentliche Einbürgerungen gemäss Kant. Bürgerrechtsverordnung?
b) Erleichterte Einbürgerungen gemäss Kant. Bürgerrechtsverordnung und Gemeinde -gesetz?
c) Durch Heirat?
d) Von Schweizerbürgern?

Antwort:
a) ordentliche Einbürgerungen, d.h. durch die Bürgerversammlung beschlossen: 261 Personen
b) „erleichterte“ Einbürgerungen, d.h. durch den Gemeinderat beschlossen: 158 Personen
c) durch Heirat: 109 Personen (die meisten aber nicht in Wald wohnhaft)
d) Schweizerbürger durch Gemeinderat beschlossen: 141 Personen


Frage 3:

Aus welchen Nationen und in welcher Anzahl stammten die eingebürgerten Personen?

Antwort:
Italien: 96 Personen
Ex- Jugoslawien: 217 Personen
Türkei: 68 Personen
Andere: 38 Personen


Frage 4:

Wie viele Personen wurden durch die Einbürgerung zu Doppelbürgern von zwei Staaten?

Antwort:
Derzeit sind rund 70 Staaten bekannt, deren Bürger durch Einbürgerung in der Schweiz ihre Staatsangehörigkeit automatisch verlieren (z.B. Deutschland, Österreich, Belgien, Spanien, Irak oder Sri Lanka), während 58 Staaten eine Doppelbürgerschaft grundsätzlich zulassen (u.a. Italien, Albanien, Bosnien- Herzegowina, Kroatien, Frankreich, Griechenland). Wir erhalten keine Angaben darüber, ob ein eingebürgerter Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit beibehält oder nicht. Im Verkehr mit Behörden, Amtsstellen und in Rechtsfragen in der Schweiz gilt für eingebürgerte Ausländer ausdrücklich und ausschliesslich Schweizerisches Recht.


Frage 5:

Wie viele der eingebürgerten Personen gehören dem islamischen Glauben an?

Antwort:
Die Religionszugehörigkeit ist im Einbürgerungsverfahren ohne Bedeutung, weil die Religionsfreiheit zu den Grundrechten der Schweizerischen Demokratie gehört. Deshalb ist diese Frage auf dem Gesuchsformular des Bundes seit 2 Jahren auch nicht mehr enthalten. Auch die Einwohnerkontrolle erfasst aufgrund von § 39a des
Gemeindegesetzes lediglich die Angehörigen der staatlich anerkannten Kirchen (Kirchensteuern).


Frage 6:

Wie viele Geburten von in Wald wohnhaften Walder- BürgerInnen waren seit 1990 zu verzeichnen?

Antwort:
209 Geburten (Eltern heute in Wald wohnhaft).


Frage 7:

Entsprechen die in der Tageszeitung „Blick“ vom 18. September 2004 gemachten Aussagen von Gemeindepräsident Walter Honegger den Tatsachen, bzw. wurden seine damaligen Aussagen richtig wiedergegeben?

Antwort:
Im Grundsatz stimmen alle Aussagen, welche dem Gemeindepräsidenten zugeordnet wurden, allerdings wurden diverse wichtige Aussagen vom Reporter weggelassen, was denn auch klar zu einer falschen Grundaussage über die Gemeinde Wald führte. Unterschlagen wurde z.B. dass der Gemeinderat nur schon in den letzten 3 Jahren 25
Gesuche abgelehnt oder zurückgestellt hat und dass die Verwaltung bei 45 Personenkeine Formulare abgab, weil die Kriterien offensichtlich nicht erfüllt waren. Unterstellt wurde im Zeitungsartikel auch, dass der bürgerliche Gemeinderat Einbürgerungen von jungen, in der Schweiz geborenen Ausländern, ohne Wissen der Bevölkerung mache, was nicht stimmt. Alle diese Einbürgerungen wurden und werden im Verhandlungsbericht des Gemeinderates publiziert. Weiter wurde durch den Reporter interpretiert, dass in Wald ausschliesslich Referenzen eingeholt werden und auf die Sachkenntnisse der Demokratie verzichtet werde, was nicht richtig ist.


Frage 8:

Wie beurteilt der Gemeinderat die Diskrepanz zwischen seiner bisher gehandhabten grosszügigen Einbürgerungspraxis und den vorerwähnten, klaren Abstimmungs- resultaten?

Antwort:
Zwar besteht tatsächlich eine Diskrepanz zwischen dem Abstimmungsergebnis von 1994 auf Gemeindeebne und der heute angewendeten Einbürgerungspraxis. Allerdings hat der Fragesteller übersehen, dass der Kanton Zürich am 8.6.1997 den Stimmberechtigten an der Urne eine Änderung des Gemeindegesetztes vorgelegte, das die Einbürgerungsbestimmungen für junge Ausländerinnen und Ausländer zum Ziele hatte. Die Gemeinde Wald unterstützte diese Abstimmung mit 1’345 Ja gegen 929 Nein wie auch der ganze Kanton „Ja“ gesagt hatte zu dieser Vorlage. Deshalb entspricht das heutige Verfahren der Einbürgerungspraxis vollumfänglich den gesetzlichen Vor
gaben, auch denen der Gemeinde Wald.


Frage 9:

Welche konkreten Auswirkungen hat das Abstimmungsresultat vom 26. September 2004 auf die Einbürgerungspraxis in der Gemeinde Wald ?

Antwort:
Keine. Die Abstimmung vom 26.9.2004 ist gesamtschweizerisch abgelehnt worden, weshalb sie auch keine Auswirkungen hat. In Wald gelten für alle „Kategorien“ von Einbürgerungen (solche, die durch die Bürgerliche Abteilung des Gemeinderates wie auch diejenigen, die durch die Bürgerversammlung beschlossen werden), die gleichen Kriterien und Voraussetzungen bezüglich Integration, die erfüllt sein müssen.


Frage 10:

Ist der Gemeinderat bereit, sich beim Kanton nötigenfalls für die Respektierung der sehr klaren Volksentscheide einzusetzen?

Antwort:
Es besteht keine Veranlassung, beim Kanton vorstellig zu werden. Die heutigen gesetzlichen Grundlagen von Bund und Kanton sind rechtskräftig.


Frage 11:

Was hält der Gemeinderat von der vom Bundesgericht monierten Begründungspflicht im Zusammenhang mit ablehnenden Gemeindeversammlungsbeschlüssen?

Antwort:
Die Begründungspflicht gemäss Bundesgerichtsurteil ist tatsächlich fragwürdig und aus der Sicht des Gemeinderates falsch. Ausserdem ist sie nur schwer durchsetzbar. Bundesgericht und Regierungsrat haben aber entschieden und der Gemeinderat wird sich an diese Anordnungen halten. Dass er aber niemanden verpflichten kann, einen
ablehnenden Entscheid auch zu begründen, ist ihm dabei bewusst. Hier werden wohl Aufsichtsbehörden und Gericht entscheiden müssen.


Frage 12:

Wird das ebenfalls von gewissen Kreisen geforderte Beschwerderecht für abgelehnte Einbürgerungsbewerber als richtig beurteilt? Wenn ja, betrachtet es der Gemeinderat demnach nicht als Eingriff in die Volksrechte, als Manipulation von demokratisch gefällten Entscheiden und somit letztlich als Gefährdung der direkten Demokratie?

Antwort:
Grundsätzlich hält es der Gemeinderat für angebracht, gegen ablehnende Einbürgerungsgesuche ein Beschwerderecht zu ermöglichen (ein solches besteht heute bereits). Dies aber ausdrücklich zur Verhinderung von willkürlichen oder gar missbräuchlichen Entscheiden. Denn auch oder gerade die direkte Demokratie und die Volksrechte, die vom Gemeinderat als höchste Güter unseres politischen Systems betrachtet werden, verpflichten sich zu Recht und Gerechtigkeit.


Frage 13:

Wie wird die zu erwartende Prozessflut beurteilt und wer vertritt in solchen Fällen die Anliegen und Abstimmungsentscheide der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger?

Antwort:
Die Bürgerliche Abteilung des Gemeinderat erwartet keine Prozessflut. Beim heutigen Stand des Verfahrens und der vorgenommenen Abklärungen sind Willkür und Missbräuche praktisch ausgeschlossen und dürften daher im Falle einer Beschwerde wenig Aussicht auf Erfolg haben. Der Gemeinderat hat in einem allfälligen Beschwerdeverfahren stets die Meinung der Bürgerversammlung, d.h. den Entscheid der Stimmberechtigten zu vertreten. Im Falle
eines Weiterzuges einer Beschwerde an die nächsthöhere Instanz ist jeweils die Zustimmung der Bürgerversammlung einzuholen (mögliche Kostenfolgen).


Frage 14:

Ist der Gemeinderat bereit, das Bürgerregister der Gemeinde Wald (von den in der Gemeinde Wald wohnhaften WalderbürgerInnen) in geeigneter Form an interessierte Personen oder Organisationen abzugeben?
Stellung nehmen möchte.

Antwort:
Das Bürgerregister für die Gemeinde Wald wird im Zivilstandsamt Rüti geführt. Es enthält sämtliche Personaldaten aller Walder Bürger irgendwo auf der Welt und eignet sich daher nicht für die Anliegen des Fragestellers. Hingegen kann eine Liste der in Wald wohnhaften Walder Bürger und Bürgerinnen erstellt werden. Eine solche Liste enthält lediglich Namen, Vorname und Adresse und diese Daten fallen nicht unter die „besonders schützenswerten Personendaten”. Sie dürfen aber dennoch nicht für kommerzielle Zwecke genutzt und auch nicht weitergegeben werden. Die Herausgabe einer solchen Liste oder das Einsichtsrecht durch eine Privatperson bedarf eines
„glaubwürdigen Interesses“. Dieses ist vom Gemeinderat zu beurteilen. Verabschiedet durch den Gemeinderat am 29.11.04 zuhanden der Gemeinde- versammlung vom 07.12.04. Obwohl das Gemeindegesetz keine Diskussion über die Antworten des Gemeinderates zulässt, fragt der Versammlungsleiter Christian Häsler an, ob er kurz


Christian Häsler spricht insbesondere den anwesenden Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern den Dank für ihr Ausharren und ihr damit dokumentiertes Interesse an diesen Fragen aus. Er dankt auch den Behörden für ihre ausführlichen Antworten, von denen er „im Grossen und Ganzen“ befriedigt ist.


http://www.wald.zh.ch/dl.php/de/5379c005dc654/Protokoll_GV12_07_PG.pdf


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"Wenn Unrecht zu Recht wird, wird WIDERSTAND zur Pflicht!"
Veröffentlicht unter Allgemein, Gesetz, Politik, Staat, Widerstand