Das Unternehmen HRS hat Streit mit einem Gipsergeschäft. Sein Anwalt macht auf der KESB Linth eine Anzeige gegen den Gipser. Sie steigt darauf ein und droht mit Polizei und Psychiatrie – eine neue KESB-Dimension.
Was hier beschrieben wird, ist eine ganz neue Dimension der Sozialbehörde KESB: Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Geschäft und fordern von einem anderen Geschäft Geld. Statt dass Sie eine normale, rechtliche Auseinandersetzung anstrengen, machen Sie auf der KESB eine Anzeige gegen ihren Kontrahenten. Er sei nicht mehr ganz bei Trost, allenfalls habe er auch ein Drogenproblem. Die KESB steigt auf den faulen Zauber ein und zwingt Ihren Gegner, im KESB-Büro vorzusprechen. Und falls er sich dagegen wehrt, sagt ihm der KESB-Chef am Telefon, er lasse ihn polizeilich abholen und habe auch die Kompetenz, ihn in die Psychiatrie zu stecken.
Reine Fantasie? Nein, exakt dieser Fall ist passiert. Die KESB Linth tritt nach der zum Himmel stinkenden Anzeige des Frauenfelder Bauriesen HRS gegen einen Benkner Unternehmer in volle Aktion. Und macht sich damit zum Handlanger eines Generalunternehmers. Hier tut sich für alle Anwälte und die KESB selber ein neues Geschäftsfeld auf.
Ein Fachanwalt sagt zu den Obersee Nachrichten: «Bewahre uns Gott davor, dass solches im Wirtschaftsverkehr unseres Landes Einzug hält!»
Jetzt geraten auch Firmen in die Mühlen der KESB
Der Direktor der KESB Linth – Dr. Walter Grob – hat sich in einen Streit zwischen zwei Firmen einspannen lassen. Dabei hat er einer Partei mit einem Polizeizugriff und der psychiatrischen Klinik gedroht.
Am Freitag, 31. Juli 2015, kommt es um 14.47 Uhr zu einem Telefongespräch zwischen Ansgar Vontobel aus Benken, Besitzer der Firma AWD Gipsergeschäft AG, und Dr. Walter Grob, Chef der KESB Linth. Vontobel fragt Grob, warum er aufgeboten worden sei, auf die KESB nach Rapperswil zu kommen. Grob sagte gemäss Vontobel: «Ah, Sie sind der HRS-Fall. Sie müssen sofort zu mir ins Büro kommen. »Vontobel entgegnet, er wisse nicht, worum es gehe und habe die Sache seinem Anwalt über geben. Daraufhin habe ihn Grob, so Vontobel, ruppig angegangen und gedroht, wenn er nicht «sofort» bei ihm auf die KESB komme, lasse er ihn «von der Polizei verhaften». Und er habe auch die Kompetenz, ihn in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Vontobel entgegnet, er lasse so nicht mit sich reden und sein Anwalt werde sich melden. Das Gespräch wurde über ein Auto Telefon geführt. Über Lautsprecher hörte Vontobels Geschäftspartner I.P. mit. Auf Rückfrage schildert dieser den Obersee Nachrichten den Ablauf und den Inhalt des Gesprächs so wie Vontobel. Und ergänzt noch: Der Beamte sei «recht aggressiv» gewesen, und er würde seine Aussage jederzeit auch vor Gericht wiederholen. Was Vontobel zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiss: Die KESB ist in seinem Fall Gehilfe einer Geldeintreiberaktion des Baumultis HRS geworden.
Streit um 300 000 Franken
Es begann im letzten Winter: Die HRS Real Estate war Generalunternehmer für den Umbau des 5-Sterne-Hotels «Kameha Grand Zürich». Vontobels Gipser-Firma hat dort für 1,3 Millionen Franken Arbeiten verrichtet. Eine Million zahlte die HRS, doch den Rest wollte sie nicht begleichen. Anfänglich kämpft Vontobel mit Telefonaten, Mails und Betreibung um sein Geld. Erfolglos. Erst als er das «Bauhandwerkerpfandrecht» einfordert, ist der GU zur Zahlung bereit. Rebecca Zuber und Martin Kull, die Besitzer der HRS, unterzeichnen am 22.Mai 2015 mit Vontobel einen von deren Anwälten erarbeiteten Vertrag. Danach überweisen sie dem Gipser die noch ausstehenden 300 000 Franken.
Mit Psycho-Gutachten zur KESB
Gleich nach der Zahlung tritt ein neues HRS-Anwaltsbüro in Aktion. Das Berner Büro Bader, Gnehm & Partner schreibt Ansgar Vontobel, HRS wolle die 300 000 Franken wieder zurück: «Wir geben ihnen zehn Tage Zeit, den Betrag» zu überweisen. Der Vertrag vom 22. Mai sei «unverbindlich», weil unter Druck entstanden. Nun kommt die KESB ins Spiel: Am 4. Juni bestellt das HRS-Anwaltsbüro beim Zürcher Psychiater Dr. Hans Bühlmann ein «Kurzgutachten» zu Vontobel. Er erstellt dieses in Ferndiagnose ohne jeden Kontakt zu Vontobel. Im «Gutachten» stehen dann Psycho Diagnosen wie «dissoziale» oder «infantile» Störungen. Und weil Vontobel auch Mails abends nach 22 Uhr geschrieben hat, spekuliert der Psychiater gar noch auf eine «Suchtproblematik».
Die KESB lässt sich einspannen
Mit dem «Gutachten» gelangen die HRS Anwälte nun an die KESB Linth und reichen dort eine «Gefährdungsmeldung» zu Vontobel ein. Sie verlangen, für ihren Kontrahenten sei «eine fürsorgerische Unterbringung anzuordnen». Ausserdem sei Vontobel «zwecks psychiatrischer Begutachtung durch die KESB in eine geeignete Einrichtung einzuweisen». Damit kommt Vontobel in die KESB Zange: Am 15. Juli wird er von einer Dame telefonisch für den 28.Juli auf die KESB bestellt, um bei Dr. Grob vorzusprechen. Weshalb, wird ihm nicht gesagt. Vontobel geht nicht und wartet, bis ihm die angeforderten KESB-Akten vorliegen. Als er und sein Anwalt diese dann Anfang August erhalten und einsehen, tritt das ganze Ausmass der KESB-Aktion zu Tage: Die Behörde hat sich tatsächlich vom Baumulti einspannen lassen! Solches ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Dort steht, dass Gefährdungsmeldungen an die KESB von Privaten – und nicht von Unternehmen – gemacht werden können. Beim KESB-Linth-Chef müssten somit alle Warnlampen geleuchtet haben. Doch das passiert nicht, er nimmt den Fall an und schlägt ein neues KESB-Kapitel auf. Die Sozialbehörde lässt sich also auch geschäftlich instrumentalisieren. Ein von den Obersee Nachrichten befragter Fachanwalt sagt dazu:
«Bewahre uns Gott davor, dass solches im Wirtschaftsverkehr unseres Landes Einzug hält!»
(Bruno Hug, Mario Aldrovandi)
Milliardenkonzern HRS
Die Firma HRS Reale Estate mit Sitz in Frauenfeld erzielt einen Jahresumsatz von rund einer Milliarde Franken. Gebaut hat die HRS unter anderem: FIFA-Hauptsitz Zürich; AFG Arena St. Gallen, Kantonsspital Luzern oder Postfinance in Bern. Die HRS hat 250 Mitarbeitende und gehört Rebecca Zuber und Martin Kull. VR-Präsident ist der Thurgauer SVP-Ständerat Roland Eberle.
http://v2.suedostschweiz.ch/epaper/pdf/blaettern_detail_fs.cfm?page=01_onon_01_2015-08-13