RÜTI Viele ältere Leute glauben, mit einem Vorsorgeauftrag könnten sie sich die Kindes und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) vom Hals halten. Ein Irrtum, sagt Helen Frieden, Leiterin der Fachstelle Alter in Rüti. Mit einem Infoanlass will sie Aufklärungsarbeit leisten.
Woran denken die Leute, wenn sie den Begriff Kesb hören?
Helen Frieden: Sie verbinden ihn sofort mit Einmischung und Bevormundung. Damit, dass sich eine Behörde in Privatangelegenheiten einmischt, die sie nichts angehen. Viele meinen zudem, dass früher alles besser war, als es die Kesb noch nicht gab.
War es das?
Nein. Früher kam es mit der kommunalen Vormundschaftsbehörde teilweise zu Verflechtungen und Abhängigkeiten.
Zudem waren das keine Fachleute
Heute sind Sozialarbeiter und Juristen am Werk. Das finden auch nicht alle gut.
Vielen ist das suspekt, das stimmt. Sicher macht die Kesb auch Fehler. Weil sie sich aufgrund der Schweigepflicht nicht öffentlich zu den Fällen äussern darf, erfährt man als Aussenstehender meist nur die Sicht der einen Seite. Am Ende bleiben die Negativschlagzeilen von Einzelfällen in den Köpfen.
Ist der schlechte Ruf der Kesb aus Ihrer Sicht also unberechtigt?
Ja. Meiner Erfahrung nach ist das eine Profi-Behörde. Siewird auch kontrolliert undkannnichtmachen, was sie will. Aber es ist klar: Wenn sich eine Behörde in private Angelegenheiten einmischt, kann sie aus Sicht der Betroffenen gar nicht alles richtig machen.Oftmals fehlt nur schon die Einsicht, dass ein Eingreifen überhaupt notwendig ist.
Am Infoanlass wollen Sie den Senioren die Ängste vor der Kesb nehmen. Wie?
Vor allem mit Information und Aufklärung. Viele glauben, mit einem Vorsorgeauftrag könnten sie sich vor dem Eingreifen der Kesb schützen. Das ist ein Irrglaube. Mit oder ohne Vorsorgeauftrag ist die Kesb involviert. Die Leute wissen das nicht und fallen dann aus allen Wolken.
Warum mischt sich die Kesb selbst dann ein?
Ein Vorsorgeauftrag ist zunächst eine Absichtserklärung. Werde ich urteilsunfähig, muss die im Auftrag aufgeführte Person fähig sein, sich um mich zu kümmern. Die Kesb prüft das. Fällt das Ergebnis positiv aus, erteilt die Kesb schliesslich die Bewilligung.
Weshalb braucht es die Prüfung?
Oft wird jemand ohne sein Wissen eingesetzt. Manchmal sind die eingesetzten Personen auch nicht geeignet oder mit der Aufgabe überfordert.
In einem Fall entschied die Kesb, dass die Töchter die Aufsicht über ihre Mutter nicht wahrnehmen können, da sie am anderen Ende der Schweiz wohnen. Dann wird trotz Vorsorgeauftrag ein Beistand eingesetzt.
Ein Vorsorgeauftrag ist also nicht immer die beste Lösung?
Nein, obwohl das in den Köpfen der Leute noch so verankert ist. Zum Teil ist es besser, gar keinen Vorsorgeauftrag zu machen, als ungeeignete Leute einzusetzen.
An der Veranstaltung referieren Barbara Schärz und Richard Rischatsch. Was erzählen die beiden?
Barbara Schärz begleitet Leute bei einem Todesfall. Dabei wird sie immer wieder mit dem Thema Vorsorge konfrontiert und hat sich dadurch viel Wissen angeeignet. Richard Rischatsch ist diplomierter Wirtschaftsprüfer und arbeitet mit ihr zusammen. Er behandelt beispielsweise das Thema Testament. Ich dachte, das ist im Zusammenhang mit dem Vorsorgeauftrag eine gute Kombination.
(INTERVIEW: ANDREAS KURZ)
Informationsveranstaltung «Vorsorgen heisst selbst bestimmen». Donnerstag, 18. Mai, um 14 Uhr im Saal des Restaurant Löwen in Rüti. Es ist keine Anmeldung erforderlich. Der Eintritt ist frei.