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Spital schuldet 132 Mio. Franken
Im Februar 2025 rief das Spital Wetzikon (GZO AG) zum Schuldenruf auf. Etliche Gläubiger präsentieren nun Forderungen von rund 132 Millionen Franken – exklusiv Anleihegläubiger.
Ende Februar 2025 forderten die Sachwalter die Gläubigerinnen und Gläubiger der GZO AG Spital Wetzikon dazu auf, ihre Forderungen innert eines Monats anzumelden (wir berichteten). Diesem folgten offenbar etliche Gläubiger, wie aus einer Präsentation der Sachwalter von Anfang Mai 2025 hervorgeht.
Forderungen von 132 Mio. Franken
Auf sachwalter-gzo.ch, der Infoseite im Zusammenhang mit der Nachlassstundung des GZO-Spitals, sind die Forderungen in einem Dokument gelistet. Gemäss aktuellem Stand betragen diese insgesamt rund 132 Mio. Franken. Als «pfandgesichert angemeldete Forderungen» sind gut 48 Mio. Franken gelistet, als «privilegiert angemeldete Forderungen» 5,5 Mio. Franken. Als «unprivilegiert angemeldete Forderungen» sind 79 Mio. Franken aufgeführt.
In der Präsentation steht weiter: «GZO erachtet einen Teil der angemeldeten Forderungen nach dem gegenwärtigen Stand der Prüfung als nicht ausgewiesen.» Dies betreffe insbesondere als pfandrechtgesichert angemeldete Forderungen im Zusammenhang mit dem Neubau.
«Falsches Bild»
Zürioberland24 hatte sich mit diversen Fragen an die GZO AG gewandt. Die erste, ob die GZO AG mit diesen oder ähnlichen Beträgen gerechnet habe, wird nicht beantwortet. In ihrer Stellungnahme heisst es dazu nur: «Die im Rahmen des Schuldenrufes angemeldeten Forderungen werden derzeit geprüft. GZO erachtet einen Teil der angemeldeten Forderungen nach dem gegenwärtigen Stand der Prüfung als nicht ausgewiesen.» Ausserdem würde eine summarische Addition der Zahlen ein falsches Bild ergeben. Wieso, erklärt die GZO AG nicht.
Die Frage, ob im Jahresabschluss 2024 bereits ein Betrag enthalten sei, schreibt die GZO AG: «Die im Rahmen des Schuldenrufs angemeldeten Forderungen werden derzeit geprüft, weshalb eine Rückmeldung erst nach Abschluss der Prüfung möglich ist. Ob Forderungen im Abschluss zu berücksichtigen sind, richtet sich zudem nach periodengerechter Abgrenzung und dem Rechnungslegungsrecht und muss mit der Summe der angemeldeten Forderungen nicht notwendigerweise übereinstimmen.»
«Kein Einfluss auf die Aktionärsgemeinden»
Weiter wollte Zürioberland24 wissen, ob diese Forderungen Einfluss auf den von den Aktionärsgemeinden geforderten Kredit haben und die Gemeinden mit zusätzlichen Einlagen rechnen müssen.
Dazu die GZO AG: «Die Höhe der eingegangenen Forderungen hat keine Auswirkung auf die bei den Aktionärsgemeinden beantragte Eigenkapitalerhöhung. Das heute verfolgte Sanierungskonzept der GZO AG sieht einen Beitrag der Aktionärsgemeinden in Form einer Kapitalerhöhung in Höhe von insgesamt 50 Millionen Franken als wesentlichen Beitrag einer nachhaltigen Sanierung vor. Die von den Gemeinden bei Zustimmung der Stimmbürger und Stimmbürgerinnen zur Verfügung gestellten Mittel sollen verwendet werden, um die Fortführung des Betriebs sicherzustellen, nachdem im Rahmen des Dividendenvergleichs sämtliche frei verfügbaren flüssigen Mittel an die Gläubiger ausbezahlt worden sind.»
Einfluss auf das Sanierungskonzept?
Auf die Frage, ob das Sanierungskonzept aufgrund der eingegangenen Forderungen angepasst werden muss, ging die GZO AG nicht ein.
Auf die Frage, ob die Aktionärsgemeinden über die eingegangenen Forderungen informiert worden seien, schreibt die GZO AG: «Es besteht derzeit kein Bedarf zur Kommunikation der angemeldeten Forderungen über das hinaus, was ohnehin schon öffentlich zugänglich ist, nachdem die angemeldeten Forderungen noch in Prüfung sind. Eine summarische Addition ergibt ein falsches Bild.»
Schuldenruf abgeschlossen
Der Schuldenruf ist inzwischen abgeschlossen, wie die GZO AG auf Anfrage bestätigt: «Der Schuldenruf konnte mit Ausnahme desjenigen Teils, welcher die Anleihegläubiger betrifft, durchgeführt werden. Gegen den Schuldenruf betreffend die Anleihegläubiger hat ein Gläubiger beim Bezirksgericht Hinwil Beschwerde eingereicht. Die Sachwalter haben den Schuldenruf für die Anleihegläubiger gestützt auf einen superprovisorischen Entscheid des Bezirksgerichts Hinwil widerrufen und dem Gericht eine Stellungnahme zur Beschwerde eingereicht. Der Entschied des Bezirksgerichts Hinwil ist noch ausstehend».
Verlängerung der Nachlassstundung beantragt
Aktuell würden Gespräche mit unterschiedlichen Gläubigern stattfinden, bei welchen das GZO «mögliche Verbesserungen des Schuldenschnitts» bespreche. Die vom GZO vorgeschlagenen «Nachschärfungen» würden auf positive Resonanz stossen. Die Nachlassstundung gebe der GZO AG Zeit und Möglichkeit, eine tragfähige Lösung auszuarbeiten.
Wie es auf Anfrage von Zürioberland24 heisst, haben die Sachwalter einen Antrag auf Verlängerung der definitiven Nachlassstundung gestellt. Der Entscheid ist noch offen. «Weitere Informationen dazu folgen zu gegebenem Zeitpunkt.»
Trotz Kreditverbot gibt Postfinance einem Regionalspital ein Schuldscheindarlehen – und riskiert Grossverlust
Die Posttochter musste wegen dem Fehlinvestment bereits 25 Millionen Franken wertberichteten. Die Pleite ist nicht nur ein Debakel für das Unternehmen, sondern für den gesamten Post-Konzern.
Der finanzielle Kollaps des Zürcher Regionalspitals Wetzikon ist für Dutzende Gläubiger ein Albtraum. Handwerker bleiben auf ihren Rechnungen sitzen, ein Beizer musste schliessen. Der Grund für das Finanzloch ist ein aus dem Ruder gelaufener Neubau. Weil die Zürcher SVP-Regierungsrätin Natalie Rickli ein Gesuch um finanzielle Unterstützung ablehnte und keine Staatsgarantie gewährte, ging die Betriebsgesellschaft GZO Spital Wetzikon in Nachlassstundung.
Wie eine diese Woche aktualisierte Bilanz zeigt, beläuft sich der Schuldenberg auf 285 Millionen Franken. Dem stehen noch acht Millionen Franken Eigenkapital gegenüber. Die Eigenkapitalquote beträgt damit mickrige 2,8 Prozent. Jetzt wird klar: Auch die Postfinance gehört zu den Gläubigern. Das Finanzinstitut der Post dürfte sogar die mit Abstand grösste Gläubigerin des Spitals aus dem Zürcher Oberland sein.
«Wir äussern uns nicht zu Details einzelner Investitionen in unserem Anlageportfolio», sagt ein Sprecher. Doch mehrere Quellen bei der Postfinance, beim Mutterhaus und in Gläubigerkreisen bestätigen den Sachverhalt. Das Engagement beim Spital hat Postfinance bereits einen finanziellen Schaden zugefügt. Wie aus dem Halbjahresbericht hervorgeht, musste das Finanzinstitut eine «Wertberichtigung von 25 Millionen Franken auf einer Einzelposition» verbuchen.
Bei dieser Einzelposition handelt es sich gemäss gesicherten Informationen um ein sogenanntes Schuldscheindarlehen, das Postfinance dem Spital gewährt hat. Vor über 10 Jahren. Gemäss Recherchen beträgt die Höhe des Darlehnens über 40 Millionen Franken. Postfinance hat also noch nicht das gesamte Darlehnen wertberichtigt, sondern etwa 60 Prozent – so stak tauchte der Wert einer Anleihe des Spitals. Damit verbleiben mindestens 16 Millionen Franken in den Büchern der Posttochter. Wie werthaltig diese Restposition ist, wird sich weisen und hängt von den Sanierungsmassnahmen ab, die das Spital verfolgen wird.
Das Millionen-Investment entwickelt sich für Postfinance zum Debakel. Wegen der Wertberichtigung schrumpfte der Halbjahresgewinn um 30 Prozent auf 64 Millionen Franken. Es ist für Experten nicht nachvollziehbar, warum Postfinance ein derart grosses Risiko einging. Das GZO Spital Wetzikon operierte über Jahre mit einer viel zu dünnen Eigenkapitaldecke. Weil es über einen Leistungsauftrag verfügte und man glaubte, dass der Kanton im Notfall einspringen würde, sah man offenbar über die finanziellen Schwächen hinweg.
Ein folgenschwerer Fehler
Das Schuldscheindarlehen war ein folgenschwerer Fehler, der die Kompetenz der Posttochter infrage stellt. Der ursprüngliche Kernauftrag der Postfinance ist die Bereitstellung einer Zahlungsverkehrs-Infrastruktur in der Schweiz. Kreditähnliche Investments zu tätigen, gehören nicht dazu. Die Vergabe von Krediten und Hypotheken ist gemäss Postorganisationsgesetz sogar ganz verboten. Das Schuldscheindarlehen befindet sich in der Nähe des Verbots.
Dass die Post ihren Leistungsauftrag eigenwillig interpretiert, gehört inzwischen fast zur DNA des Bundeskonzerns. Seit Jahren betreibt der gelbe Riese eine fragwürdige Expansionspolitik. Weil die Erträge aus dem Kerngeschäft wie der Briefpost schrumpfen, kauft Konzernchef Roberto Cirillo wie wild Firmen zusammen. Damit dringt der Postkonzern immer weiter in Bereiche vor, die bis anhin von privaten Anbietern abgedeckt wurden.
Er breitet sich nicht nur in Wirtschaftszweigen aus, wo er nichts zu suchen hat. Bei seiner Einkaufstour kauft er auch Unternehmen zusammen, die möglicherweise nicht die besten sind und deren Produkte und Dienstleistungen sich am Ende des Lebenszyklus befinden. Die meisten «geposteten» Firmen kommen unter das Dach des Bereichs «Kommunikations-Services» von Konzernleitungsmitglied Nicole Burth. Dieser befindet sich «weiterhin im Aufbau», wie im Post-Geschäftsbericht nachzulesen ist.
Burths «Kommunikations-Services» verbuchten letzten Jahr über 72 Millionen Franken Verlust. Zudem lädt Post mit den Übernahmen auch viel Goodwill auf Bilanz. In den letzten zwei Jahren erhöhte sich dieser immaterielle Vermögensposten um 40 Prozent auf 531 Millionen Franken. Damit steigt das Abschreibungspotenzial in immer schwindelerregendere Höhen.
Showdown am Freitag
Einen Realitätscheck gibt es nächsten Freitag. Dann kommen in Wetzikon die Gläubiger der erwähnten Anleihe des Spitals zusammen. Die Anleihe über 170 Millionen Franken macht den Grossteil der Schuldenlast aus. Es wird zu hitzigen Debatten kommen, wie das Spital saniert werden könnte. Eine Gläubigergruppe, die GZO Creditor Group, ist der Ansicht, dass die Aktiven des Spitals die Schulden bei weitem übersteigen. Die Eigner des Spitals – Zürcher Oberländer Gemeinden – wollen das Spital mit einem Abschreiber in die Überschuldung führen.
Gelingt es der GZO Creditor Group, die Mehrheit der Anleihebesitzer – darunter befinden sich Pensionskassen, Versicherungen und Krankenkassen – zu überzeugen, entsteht ein Gegengewicht zu den Eignern. Auch die Meinung von Postfinance wird dann gefragt sein. Sie ist zwar nicht Anleihegläubigerin, aber als Gläubigerin des Schuldscheindarlehens muss sie sich dennoch entscheiden, ob sie sich dem Plan der Gläubigergruppe anschliesst oder nicht. Als sie das Engagement vor über zehn Jahren einging, hat sie wohl nie damit gerechnet, dass es so weit kommt.