In manchen Schweizer Gemeinden kommt es aufgrund geplanter Asylzentren immer wieder zu Protesten. Wird die Aufnahmepflicht gemäss Verteilschlüssel verweigert, kann jedoch gebüsst werden.
Der Eklat im Urner Bergdorf Seelisberg zeigt: Immer wieder kommt es in Tourismusgemeinden zu Protesten gegen Vorhaben für Asylzentren. Die Kantone setzen auf unterschiedliche Strategien, wie sie zu Asylunterkünften kommen. Widerstand von Gemeinden ist meist zwecklos.
Seelisberg wehrt sich heftig gegen Pläne des Kantons, mitten im 700-Seelen-Dorf ein kantonales Asylzentrum für 60 Bewohner einzurichten. Gemeinderat und Bürger halten die Unterbringungszahl für zu hoch. Die Bevölkerung fürchtet um die Sicherheit im Ort, die Tourismusbetriebe befürchtet ein Wegbleiben der Gäste.
Diskussionen auch im Bündnerland
Die Argumente und Probleme, mit denen sich die Urner Regierung in Seelisberg konfrontiert sieht, sind nicht neu, wie Marcel Suter, Präsident der Vereinigung der Kantonalen Migrationsbehörden auf Anfrage sagte. Ähnliche Diskussionen habe es im Vorfeld auch zu kantonalen Asylzentren in den Bündner Tourismusgemeinden Arosa und Davos gegeben, sagt der Chef des Amts für Migration und Zivilrecht des Kantons Graubünden.
Im Davoser Weiler Laret mit gegen 240 Einwohnern sind seit 2012 in einem Hotel 120 Asylbewerber untergebracht. In Arosa im Gebiet Litzirüti, wo etwa 50 Personen leben, wurde 2015 ein Sport- und Ferienhaus in ein Asylunterkunft für bis zu 100 Personen umfunktioniert.
Nicht weniger Gäste
Im Vorfeld habe es jeweils grosse Bedenken wegen möglicher negativer Auswirkungen auf den Tourismus gegeben, sagte Suter. «Ich kann das nachvollziehen. An beiden Orten hat niemand auf ein Asylzentrum gewartet.» Aber nach Inbetriebnahme der Anlage habe der Tourismus an beiden Orten nicht gelitten. Es seien nicht weniger Gäste gekommen, nur weil ein Asylzentrum eröffnet wurde.
Im Gegensatz zu Seelisberg hatten sich in den beiden Bündner Tourismusorten die Gemeindebehörden hinter die Vorhaben des Kantons gestellt. Wo die Kooperation zwischen Kanton und Gemeinderat nicht funktioniere, vergrössere sich auch der Widerstand in der Bevölkerung, sagte Suter.
Patentlösungen gibt es aber nicht. Am besten wirke, wenn sich die Bevölkerung von einem reibungslosen Betrieb eines Asylzentrums selber ein Bild machen könne, etwa an einem Tag der offenen Tür oder anhand von Beispielen aus anderen Gemeinden. Wenn ein Dialog nicht möglich sei, sei ein runder Tisch wohl zielführend, erklärte Suter.
Dialog oder Zwang
Die Kantone verfolgen unterschiedliche Strategien, wie sie zu Asylunterkünften kommen. Die meisten Kantone setzen zunächst auf den Dialog mit den Gemeinden. Leisten diese Widerstand, gehen die Kantone unterschiedlich vor: Einige bleiben hart, auch wenn sie bis vor Gericht müssen; andere geben nach oder verlangen Geld.
Kantone wie Zürich, Aargau und Luzern zwingen Gemeinden feste Quoten von Asylbewerbern auf. Die Gemeinden müssen für die Unterbringung selber schauen. Im Gegensatz dazu kennen etwa die Kantone Graubünden oder Waadt grundsätzlich keine individuellen Unterbringungen, sondern bringen Asylsuchende in kantonalen Kollektivzentren unter.
Bei Verweigerung droht Busse
Weigert sich eine Gemeinde, die Aufnahmequote zu erfüllen, können sie etwa im Aargau oder in Luzern gebüsst werden, wenn sie vorläufig aufgenommene Personen nicht aufnehmen, obwohl sie es gemäss Verteilschlüssel müssten.
Schlussentscheide werden aber nicht zwingend im Einvernehmen mit den Gemeinden gefällt, wie die Streits im Bündnerischen Laax oder dem Luzernischen Fischbach gezeigt haben. Dort hielten die Kantone trotz des erbitterten Widerstands der Gemeinden an den Plänen zur Eröffnung eines Asylzentrums fest – und erhielten schliesslich vom Bundesgericht Recht.
(kat/sda)