Am Donnerstag fällt das Bundesgericht einen heiklen Entscheid. Können zwei Ostschweizer Männer als Eltern eines Kindes gelten, das mittels Leihmutterschaft das Licht der Welt erblickt hat?
Zu beurteilen haben die Bundesrichter am kommenden Donnerstag den Fall zweier Schweizer, die seit vier Jahren in einer eingetragenen Partnerschaft leben. Die beiden Männer hatten mit einem Ehepaar in Kalifornien einen Leihmutterschaftsvertrag abgeschlossen. Laut diesem Vertrag wurde mit Hilfe einer Eizelle einer anonymen Spenderin und den Spermien eines der beiden Schweizer ein Kind gezeugt. Der Embryo wurde in der Folge in die Gebärmutter der Leihmutter eingebracht. Im April 2011 wurde das Kind, weil auf amerikanischem Boden auf die Welt gekommen, als US-Staatsangehöriger geboren. Im Geburtsregister des County of Kern, Kalifornien, wurden die beiden Schweizer als Eltern des Kindes eingetragen. Heute lebt das Kind bei den beiden Männern in der Ostschweiz.
Behörden sind sich nicht einig
Ein zuvor ergangenes Vaterschaftsurteil des Superior Court of the State of California bezeichnet den Schweizer, der den Samen gespendet hatte, als genetischen und leiblichen Vater des Kindes. Dessen Lebenspartner wurde «zum vermuteten leiblichen zweiten Vater des Kindes» erklärt. Weiter hielt dieses Urteil fest, dass die Leihmutter nicht die biologische Mutter und ihr Ehemann nicht der biologisch oder gesetzlich anerkannte Vater sei und beide auf alle elterlichen Rechte und Pflichten verzichtet hätten. Das volle und alleinige Sorgerecht und die finanzielle Verantwortung für das Kind, so das Urteil weiter, lägen bei den beiden Schweizern. Gestützt auf diese Unterlagen sprachen die beiden Männer beim Amt für Bürgerrecht und Zivilstand des Kantons St. Gallen vor und ersuchten um Eintrag ins Zivilstandsregister. Das Amt wies das Gesuch ab, sah sich später aber aufgrund einer Weisung des Departements des Innern des Kantons St. Gallen gezwungen, die beiden Männer als Väter des in Kalifornien in Leihmutterschaft gezeugten Sohnes einzutragen.
Bundesamt für Justiz wehrt sich
Damit wiederum war das Bundesamt für Justiz nicht einverstanden und zog den Streit vors St. Galler Kantonsgericht. Dieses anerkannte das Vaterschaftsurteil und die Geburtsurkunde und damit die beiden Männer als Eltern des Kindes. Zusätzlich verlangte das Kantonsgericht aber, dass im Register der Name der Geburtsmutter und unter der Rubrik genetische Mutter «anonyme Eizellenspenderin» eingetragen wird.
Das Bundesamt für Justiz hat diesen Entscheid nun ans Bundesgericht weitergezogen. Dessen Entscheid wird nun mit Spannung erwartet. Das Bundesamt für Justiz fordert in seiner Beschwerde, dass weder die kalifornische Geburtsurkunde noch das Urteil des kalifornischen Gerichts in der Schweiz anerkannt werden und dementsprechend der Partner nicht als zweiter Vater im Register eingetragen werden kann. Sollte das Bundesgericht die Beschwerde des Bundesamtes für Justiz abweisen, würde das für gleichgeschlechtliche Paare bedeuten, dass sie Eltern eines Kindes werden und eine Familie gründen können, obwohl sie in der Schweiz weder adoptieren noch die Dienste einer Leihmutter in Anspruch nehmen dürfen. Von Urs-Peter Inderbitzin.