Das Bundesgericht hat eine Beschwerde eines ausgeschafften afghanischen Ehepaars gegen den Kanton Zug gutgeheissen. Das Amt für Migration des Kantons Zug hatte die drei Kinder des Ehepaars während des Asylverfahrens in einem Kinderheim fremdplatzieren lassen und den direkten telefonischen Kontakt mit den Eltern untersagt. Diese Massnahme sei «unverhältnismässig» gewesen, wie das Bundesgericht mitteilt. Es stützt sich bei der Urteilsbegründung auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK).
Demnach garantiere die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) den Asylbewerbern das Recht auf die Achtung des Privat- und Familienlebens. Die drei Kinder im Alter von drei, sechs und acht Jahren wurden jedoch auf Verfügung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) hin in einem Kinderheim untergebracht. Zudem wurde den Eltern während des vorinstanzlichen Verfahrens der telefonische Kontakt mit den Kindern verweigert.
Diese von der Familie erfahrene Behandlung erreicht gemäss Bundesgericht beinahe die Schwelle des in Artikel 3 der EMRK festgehaltenen Verbots der Folter oder der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung.
Ausserdem führt das Bundesgericht in seinem Urteil aus, dass das Migrationsamt andere Evaluationsmöglichkeiten nicht geprüft habe – wie beispielsweise die Unterbringung der gesamten Familie in einer kantonseigene Liegenschaft oder in einem Durchgangsheim. Deshalb sei die Inhaftierung der Eltern und die Fremdplatzierung der minderjährigen Kindern in einem Kinderheim unverhältnismässig gewesen.
Hoffnung auf Familienanschluss
Hintergrund des Falls: Das afghanische Elternpaar reiste im Mai 2016 von Norwegen über Deutschland mit seinen drei Kindern im Alter von drei, sechs und acht Jahren illegal in die Schweiz ein. Die Ehefrau war zum Zeitpunkt der Einreise mit dem vierten Kind schwanger. Die Afghanen stellten daraufhin einen Asylantrag und hofften auf Familienanschluss: Die Mutter und zwei Geschwister der Ehefrau lebten in der Schweiz und waren zum Teil bereits im Besitz der Schweizer Staatsbürgerschaft.
Das Asylverfahren wurde jedoch abgelehnt und es wurde die Wegweisung verfügt. Danach wurde die Familie vergangenen Herbst festgenommen und zum Flughafen Zürich gebracht. Dort weigerten sich die Eltern, das Flugzeug nach Norwegen zu besteigen, bevor sie nicht die Ausweise ihrer Kinder zurückerhielten. Die Zuger Behörden sahen in dieser Forderung ein «renitentes Verhalten».
Telefonischer Kontakt wurde untersagt
Die Mutter wurde deshalb mit dem inzwischen vier Monate alten Baby im Flughafengefängnis Zürich untergebracht. Der Vater kam in Ausschaffungshaft in Zug. Die drei Kinder wurden in ein Kinderheim gebracht. Darüber hinaus wurde zu Beginn der Inhaftierung der telefonische Kontakt zwischen den Eltern und den Kindern untersagt. Die Begründung: Es soll Fluchtgefahr bestanden haben.
Drei Wochen dauerte die Haft der Eltern, danach wurde die Familie mit einem Charterflug ausgeschafft. Mittlerweile haben die afghanischen Eltern gegen die Dublin-Haft Beschwerde eingereicht — und das Bundesgericht hiess die Beschwerde jetzt gut.
Zuger Migrationsamt wehrt sich
Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zug schreibt in einer Mitteilung, dass das Wohlergehen der Kinder immer Priorität gehabt habe. Aufgrund des Verhaltens der afghanischen Familie und ihrer in der Schweiz wohnhaften Verwandtschaft, habe gemäss Direktion aber das Risiko des Untertauchens bestanden. Diesen Aspekt beleuchte das Bundesgericht in seinem Urteil nicht. In der Schweiz existierten überdies keine Möglichkeiten für eine familiengerechte Unterbringung für den Fall einer Administrativhaft.
Denise Graf, Asylrechtsexpertin bei Amnesty International, bezeichnet das Urteil des Bundesgerichts derweil als wegweisend. Die Menschenrechtsorganisation ruft in einer Mitteilung am Dienstag dazu auf, die Dublin-Verordnung in der Schweiz grosszügig zu handhaben. In Härtefällen oder aus humanitären Gründen solle die Schweiz vermehrt selbst auf Asylgesuche eintreten.
BGer 2C_1052/2016 vom 26.04.2017 |
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Besetzung | |
Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichter Zünd,
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Bundesrichter Donzallaz,
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Bundesrichter Stadelmann,
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Bundesrichter Haag,
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Gerichtsschreiberin Mayhall.
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Verfahrensbeteiligte
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A.A.________,
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B.A.________,
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beide zur Zeit in U.________, Norwegen,
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Beschwerdeführende,
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vertreten durch Advokat Guido Ehrler,
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gegen
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Amt für Migration des Kantons Zug.
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Gegenstand
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Überprüfung der Anordnung der Ausschaffungshaft,
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Beschwerde gegen die Verfügungen des Verwaltungs-gerichts des Kantons Zug, Haftrichterin,
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vom 16. Oktober 2016.
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Sachverhalt: |
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A. A.A.________ (Jahrgang 1983) ist afghanische Staatsangehörige. Sie reiste am 30. Mai 2016 im achten Monat schwanger zusammen mit ihrem Ehemann B.A.________ (Jahrgang 1985) und den drei Kindern C.A.________ (Jahrgang 2008), D.A.________ (Jahrgang 2010) und E.A.________ (Jahrgang 2013) von Norwegen über Deutschland kommend illegal in die Schweiz ein. Die Familie reichte gleichentags ein Asylgesuch im Empfangs- und Verfahrenszentrum Basel ein, worauf sie für die Dauer des Asyl- und Wegweisungsverfahrens dem Kanton Zug zugewiesen wurden. Mit Verfügung vom 7. Juli 2016 trat das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf ihr Asylgesuch nicht ein und wies sie aus der Schweiz nach Norwegen weg. Am 20. Juli 2016 wurde ihnen dieser Entscheid eröffnet und das rechtliche Gehör gewährt. Das Bundesverwaltungsgericht wies eine Beschwerde gegen den Asylentscheid mit Urteil vom 16. August 2016 ab, worauf der Nichteintretensentscheid per 19. August 2016 in Rechtskraft erwuchs. Das Amt für Migration des Kantons Zug teilte A.A.________ am 13. September 2016 mit, dass die Beschwerde abgewiesen worden sei und sie nach Norwegen müsse. A.A.________ gab zu Protokoll, sie sei nicht gewillt, nach Norwegen zurückzukehren.
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Am 4. Oktober 2016, 10.45 Uhr, verhaftete die Polizei des Kantons Zug A.A.________ und B.A.________. Die per 5. Oktober 2016 durch einen unbegleiteten Flug nach Oslo organisierte Rückführung wurde jedoch abgebrochen, worauf das kantonale Migrationsamt eine begleitete Rückführung in die Wege leitete. A.A.________ wurde mit ihrer Familie nach Zug zurückgebracht und mit ihrer vier Monate alten Tochter im Flughafengefängnis Zürich untergebracht. B.A.________ verblieb in der Abteilung Ausschaffungshaft der Strafanstalt Zug, und die drei grösseren Kinder wurden von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB mit Entscheid vom 5. Oktober 2016 unter Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Eltern in einem Kinderheim untergebracht. Mit Verfügung desselben Datums ordnete das kantonale Amt für Migration gegenüber A.A.________ und B.A.________ zwecks Sicherstellung des Vollzugs der Überstellung an den zuständigen Dublin-Staat gestützt auf Art. 76a Abs. 3 lit. b AuG eine Administrativhaft (so genannte “Dublin-Haft”, vgl. Botschaft vom 7. März 2014 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen [EU] Nr. 603/2013 und [EU] Nr. 604/2013 [Weiterentwicklungen des Dublin/Eurodac-Besitzstands], BBl 2014 2694 [nachfolgend: Botschaft Dublin 2014]) von sechs Wochen an.
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25 |
B. In ihren Eingaben vom 11. Oktober 2016 liessen A.A.________ und B.A.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Zug einen Antrag auf Haftüberprüfung einreichen und beantragen, es seien die Haftanordnungen des kantonalen Amtes für Migration des Kantons Zug vom 5. Oktober 2016 aufzuheben, und sie seien umgehend aus der Haft zu entlassen. Mit zwei separaten Verfügungen vom 16. Oktober 2016 bestätigte die Haftrichterin am Verwaltungsgericht des Kantons Zug die angeordnete Haft für sechs Wochen (bis zum 15. November 2016). Am 25. Oktober 2016 wurden A.A.________ und B.A.________ zusammen mit ihren Kindern in Begleitung von Polizistinnen und Polizisten, medizinischem Fachpersonal und einer Vertretung der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter in einem eigens dafür gecharterten Sonderflug nach Norwegen zurückgeführt.
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C. Mit (in einer Eingabe eingereichten) Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 17. November 2016 beantragen A.A.________ und B.A.________, die Urteile des Verwaltungsgerichts vom 16. November 2016 (recte: Verfügungen des Verwaltungsgerichts vom 16. Oktober 2016) seien aufzuheben. Es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführenden in ihren Rechten aus Art. 3, Art. 5 Ziff. 1 EMRK und Art. 36 Abs. 1 BV sowie in ihren Rechten aus Art. 13, Art. 14 BV und Art. 8 EMRK verletzt worden seien. Ebenso sei festzustellen, dass die Beschwerdeführenden daran gehindert worden seien, die ihnen aus Art. 11 BV und der Kinderrechtskonvention obliegenden Pflichten wahrzunehmen und die Behörden die ihnen obliegenden Pflichten ebenfalls nicht im Rahmen des übergeordneten Interesses der Kinder wahrgenommen haben und damit Art. 11 BV und Art. 3 KRK verletzt worden seien. Für das bundesgerichtliche Verfahren beantragen die Beschwerdeführenden unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung durch den unterzeichneten Rechtsanwalt.
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Die Vorinstanz und das kantonale Amt für Migration schliessen auf vollumfängliche Abweisung der Beschwerde, soweit Eintreten. Das Staatssekretariat für Migration lässt sich mit Eingabe vom 22. Dezember 2016 vernehmen. Die Beschwerdeführenden und das kantonale Amt für Migration replizieren mit Eingaben vom 23. Januar 2017 und vom 2. Februar 2017.
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Erwägungen: |
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Erwägung 1 |
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1.1. Die Beschwerdeführenden haben frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) in einer Eingabe Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Die Beschwerden richten sich gegen zwei inhaltlich gleich lautende Urteile und betreffen dieselben Tat- und Rechtsfragen. Es rechtfertigt sich daher, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 71 BGG; Urteile 2C_681/2015, 2C_682/2015 vom 20. Juli 2016 E. 1, nicht publ. in BGE 142 II 451).
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1.2. Die Beschwerden richten sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) eines oberen kantonalen Gerichts (Art. 86 Abs. 2 BGG) auf dem Gebiet der ausländerrechtlichen Administrativhaft zwecks Überstellung in den zuständigen Staat (so genannte “Dublin-Haft”, vgl. Botschaft vom 7. März 2014 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen [EU] Nr. 603/2013 und [EU] Nr. 604/2013 [Weiterentwicklungen des Dublin/Eurodac-Besitzstands], BBl 2014 2694 [nachfolgend: Botschaft Dublin 2014]). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher das zulässige Rechtsmittel (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. d e contrario [BGE 142 I 135 E. 1.1 S. 138 ff.], Art. 86 Abs. 2 BGG [BGE 135 II 94 E. 4.1 S. 97 f.; MARTIN BUSINGER, Ausländerrechtliche Haft, Diss. 2015, S. 259 f.).
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31 |
1.3. Die Beschwerde wurde ausdrücklich im Namen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers, jedoch für sich und nicht (auch nicht implizit) als Vertreter ihrer Kinder erhoben. Zu prüfen ist nachfolgend einzig, ob die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer zur Beschwerdeführung legitimiert sind.
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32 |
Die Beschwerdeführenden haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sind mit ihren Anträgen unterlegen. Sie sind durch das angefochtene Urteil formell beschwert (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG). Die zwischenzeitlich erfolgte Ausreise nach Norwegen lässt die Beschwerden nicht gegenstandslos werden, weil die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Erfordernis des aktuellen und praktischen Interesses an der Beschwerdeführung (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG) vorliegen. Das Bundesgericht tritt ausnahmsweise unter Verzicht auf diese Prozessvoraussetzung auf eine Beschwerde ein, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 142 I 135 E. 1.3.1 S. 143; 139 I 206 E. 1.1 S. 208; 137 I 23 E. 1.3.1 S. 24 f.); dies ist insbesondere der Fall, wenn durch die EMRK geschützte Ansprüche zur Diskussion stehen (vgl. BGE 139 I 206 E. 1.2.1 S. 208 f.; 137 I 296 E. 4.3 S. 299 f.; 136 I 274 E. 1.3 S. 276 f.). In dem Umfang, in dem die Beschwerde nicht die eigentliche Überprüfung der mit der angefochtenen Verfügung bestätigten, jedoch nicht mehr bestehenden Haft, sondern eine Feststellung der Verletzung verfassungs- und konventionsrechtlicher Garantien von Art. 3, Art. 5 Ziff. 1 und Art. 8 EMRK zum Gegenstand hat, ist auf die Beschwerde einzutreten; dem Schutz der Jugendlichen (Art. 11 BV) und dem Recht auf Ehe und Familie (Art. 14 BV) kommt in der vorliegenden Konstellation keine über Art. 8 EMRK und Art. 13 BV hinausgehende Bedeutung und Art. 36 Abs. 1 BV sowie dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention, KRK; SR 0.107) keine selbstständige Bedeutung zu.
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33 |
1.4. Mit Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).
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Erwägung 1.5 |
35 |
1.5.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Nach dem vorinstanzlichen Urteil eingetretene Tatsachen oder entstandene Beweismittel können, als echte Noven, von vorliegend nicht geltend gemachten Ausnahmen, nicht berücksichtigt werden (MEYER/DORMANN, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 43 zu Art. 99 BGG). Sämtliche von der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift geltend gemachten Tatsachen, die sich nach dem angefochtenen Urteil zugetragen haben, können wegen des Ausschlusses echter Noven im bundesgerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden.
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36 |
1.5.2. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Obwohl nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt, beruht auch eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung auf einer Rechtsverletzung. Was rechtserheblich ist, bestimmt das materielle Recht; eine in Verkennung der Rechtserheblichkeit unvollständige Erstellung der für die rechtliche Beurteilung massgeblichen Tatsachen stellt demzufolge eine Verletzung materiellen Rechts dar (BGE 136 II 65 E. 1.4 S. 68, 134 V 53 E. 4.3 S. 62; Urteil 2C_791/2016 vom 26. September 2016 E. 3.3). Die in der Beschwerdeschrift enthaltenen reinen Sachverhaltsergänzungen ohne spezifische Sachverhaltsrügen können nicht berücksichtigt werden, weshalb dem vorliegenden Urteil der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt zu Grunde zu legen ist.
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Erwägung 2 |
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2. Die Beschwerdeführenden rügen, die Vorinstanz habe Art. 3 EMRK verletzt. Die Beschwerdeführerin sei durch die Inhaftierung körperlich am Arm verletzt und psychisch traumatisiert worden, so dass sie während ihres Aufenthalts im Flughafengefängnis oft völlig apathisch gewesen sei und sich nicht korrekt um ihr vier Monate altes Baby habe kümmern können. Ihre psychosomatischen Beschwerden hätten während der Haft ärztlich behandelt werden müssen. Die Tatsache, dass die Kinder als Druckmittel verwendet, beide Eltern in Haft versetzt, die gesamte Familie durch die Unterstellung, die Kinder verstecken zu wollen, kriminalisiert und die Kontaktmöglichkeiten zwischen den Eltern und den Kindern fast vollständig sowie diejenige zwischen den Ehepartnern vollständig verunmöglicht worden seien, komme einer unmenschlichen Behandlung, wenn nicht sogar einer psychischen Folter gleich.
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2.1. Zu prüfen ist, ob die gesonderte Inhaftierung der Familienmitglieder gegen die konventionsrechtliche Garantie des Verbots von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) die Beschwerdeführenden betreffend (vgl. oben, E. 1.3) verstösst.
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2.2. Gemäss Art. 3 EMRK, Art. 10 Abs. 3 und Art. 25 Abs. 3 BV darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden (BGE 141 I 141 E. 6.3.1 S. 144; 140 I 246 E. 2.4.1 S. 249; 139 II 65 E. 6.4 S. 76), wofür konkrete und auf den Einzelfall bezogene Anhaltspunkte einer gewissen Schwere geltend gemacht werden müssen. Art. 3 in Verbindung mit Art. 1 EMRK verpflichtet die Vertragsstaaten, aktiv darauf hinzuwirken, dass sämtliche ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen keine durch Art. 3 EMRK verbotene Behandlung erfahren. Unter diesem Titel haben die Vertragsstaaten dafür zu sorgen, dass schutzbedürftige Personen wie Familien mit Minderjährigen oder unbegleiteten Minderjährigen keinen solchen verbotenen Behandlungen ausgesetzt werden (Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte [EGMR] Mubilanzila Mayeka et Kaniki Mitunga c. Belgique vom 12. Oktober 2006 [Nr. 13178/03], §§ 53 ff.; Muskhadzhiyeva et autres c. Belgique vom 19. Januar 2010 [Nr. 41442/07], § 55). Bei der Konkretisierung der aus Art. 3 EMRK fliessenden Rechtspositionen sind insbesondere die Vorgaben des Übereinkommens über die Rechte der Kinder vom 20. November 1989 (KRK; SR 0.107) mitzuberücksichtigen (Urteile des EGMR Popov c. France vom 19. Januar 2012 [Nr. 39472/07 und 39474/07], §§ 70 ff., 91; zit. Urteile Muskhadzhiyeva et autres c. Belgique, §§ 43, 58, 62 f.; Mubilanzila Mayeka et Kaniki Mitunga c. Belgique, §§ 39, 57).
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2.3. Eine durch Art. 3 EMRK verbotene unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung kann in einer (auch relativ kurzen) Inhaftierung von Kindern in einer nicht kindergerecht ausgestalteten Umgebung liegen (Urteil des EGMR A.B. et autres c. France vom 12. Juli 2016 [Nr. 11593/12], § 109, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung; ANTONIN GELBLAT, La CEDH et la pratique française de rétention des mineurs étrangers: L’impossibilité pratique plutôt que l’interdiction de principe?, La Revue des droits de l’homme 2016, [En ligne], Actualités Droits-Libertés, mis en ligne le 29 août 2016, consulté le 09 mars 2017 [URL : https://revdh.revues.org/2513], N. 12 ff.). In ihrer geschützten Rechtsstellung verletzt werden durch eine solche Inhaftierung nicht nur die Kinder, die dadurch einer von Art. 3 EMRK verbotenen Behandlung ausgesetzt werden, sondern unter Umständen auch die nahen Familienangehörigen der Kinder. Ausschlaggebend für eine solche Verletzung der Rechte der nahen Familienangehörigen sind nach der Rechtsprechung des EGMR die nahe und schutzwürdige Beziehung zwischen dem betreffenden Kind und dem Familienangehörigen, die Art und Weise, wie der Familienangehörige selbst Zeuge dieser Behandlung wird und die Reaktion der Behörden auf die Beanstandungen der Familienangehörigen; den Familienangehörigen selbst widerfährt vorab durch die (fehlende) Reaktion der Behörden auf ihre Beanstandungen eine durch Art. 3 EMRK verbotene unmenschliche und erniedrigende Behandlung (zit. Urteile Popov, § 104; Mubilanzila Mayeka et Kaniki Mitunga c. Belgique, § 61; Muskhadzhiyeva et autres c. Belgique § 64; Urteil des EGMR Kanagratnam et autres c. Belgique vom 13. Dezember 2011 [Nr. 15297/09], § 70).
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2.4. In der vorliegenden Konstellation wurde die Beschwerdeführerin nach Abbruch des auf den 4. Oktober 2016 angesetzten Vollzugs der Ausschaffung zusammen mit ihrem vier Monate alten Baby im Flughafengefängnis Zürich inhaftiert, während der Beschwerdeführer in der Abteilung Ausschaffungshaft der Strafanstalt Zug festgehalten und die drei grösseren Kinder von der KESB unter Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Eltern in einem Kinderheim untergebracht wurden. Die Trennung von den übrigen Familienmitgliedern, insbesondere den älteren drei Kindern, hat die Beschwerdeführenden zweifelsohne erheblichem Stress ausgesetzt und sie mit Ohnmachtsgefühlen zurückgelassen, was unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sein wird. Verstärkt wurde diese ausserordentlich schwerwiegende Situation zusätzlich dadurch, dass die Beschwerdeführenden (im Zeitpunkt der vorinstanzlichen Urteilsfällung) nicht untereinander und insbesondere mit ihren Kindern nicht einmal telefonisch in Kontakt treten konnten. Zuversicht konnten die Beschwerdeführenden selbst in diesen widrigen Umständen jedoch aus der Gewissheit schöpfen, dass sich ihre Kinder in einem Kinderheim und damit einer kindergerecht ausgestalteten Umgebung (zit. Urteil Mubilanzila Mayeka and Kaniki Mitunga vs Belgium, § 83) aufhielten. Ohne die menschliche Not zu verkennen, in welcher sich die Beschwerdeführenden insbesondere aufgrund der fehlenden Möglichkeit, untereinander und mit ihren Kindern in Kontakt zu treten, während ihrer Inhaftierung befunden haben, erreicht die erfahrene Behandlung unter Berücksichtigung der kindgerechten Unterbringung die Schwelle einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK knapp noch nicht.
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Erwägung 3 |
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3. Die Beschwerdeführenden rügen des Weiteren, die Vorinstanz habe Art. 5 Ziff. 1 EMRK verletzt, weil kein Haftgrund im Sinne von Art. 76a AuG vorgelegen habe. Die Familie habe am 5. Oktober 2016 nur deswegen nicht den gebuchten Linienflug angetreten, weil ihnen vor dem Besteigen des Flugzeugs die Identitätspapiere der Kinder nicht übergeben worden seien, welche sie vorgängig zu den Akten gegeben hätten. Aus diesem Verhalten könne nicht auf eine Fluchtgefahr geschlossen werden. Ihre Inhaftierung im Flughafengefängnis und getrennt von ihren älteren drei Kindern sei zudem unverhältnismässig gewesen, weil durchaus mildere Massnahmen wie die Platzierung mit ihren Kindern in einer betreuten Asylunterkunft und/oder eine regelmässige Meldepflicht zur Verfügung gestanden hätten.
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3.1. Die Haftgründe der Dublin-Haft sind in Art. 76a AuG geregelt. Art. 76a AuG wurde zur Erfüllung der in Art. 1 Abs. 3 und Art. 4 des Abkommens vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (Dublin-Assoziierungs-Abkommen; SR 0.142.392.68) eingegangenen Verpflichtung zur Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen des Dublin/Eurodac-Besitzstands erlassen (Botschaft Dublin 2014, BBl 2014 2681). Art. 76a AuG ist in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz im Sinne des zu übernehmenden Sekundärrechts der Europäischen Union auszulegen (BGE 142 I 135 E. 4.1 S. 150).
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3.2. Eine Person kann nicht einzig deswegen inhaftiert werden, weil sie sich in einem Dublin-Verfahren befindet (Art. 28 Abs. 1 Dublin-Verordnung; Botschaft Dublin 2014, BBl 2014 2689). Gemäss Art. 76a AuG kann, zur Sicherstellung der Wegweisung in den für das Asylverfahren zuständigen Staat, die betroffene Person inhaftiert werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass die Person sich der Durchführung der Wegweisung entziehen will, die Haft verhältnismässig ist, und sich weniger einschneidende Massnahmen nicht wirksam anwenden lassen (Art. 76a AuG; unter Verweis auf Art. 28 Abs. 2 der Dublin-Verordnung); die Anzeichen für eine Vereitelung müssen erheblich sein (HRUSCHKA/MAIANI, EU Immigration and Asylum Law, A Commentary, 2. Aufl. 2016, N. 6 zu Art. 28 Dublin III Regulation [EU] Nr. 604/2013; BUSSLINGER/SEGESSENMANN, a.a.O., S. 223). Art. 28 Abs. 2 der Dublin-Verordnung enthält, von im Dublin-Verfahren selbst gründenden Abweichungen abgesehen, inhaltlich denselben Standard wie andere sekundärrechtliche Normen zur ausländerrechtlichen Haft, wie insbesondere Art. 8 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L. 180 vom 29. Juni 2013 S. 96-116; HRUSCHKA/MAIANI, a.a.O., N. 4 zu Art. 28 Dublin III Regulation [EU] No 604/2013; für eine Übersicht über prozedurale Garantien im europäischen Migrationsrecht siehe CHRISTOPHE POULY, Les garanties procédurales dans le nouveau régime d’asile européen commun, AJDA Nr. 41/2013 S. 2358 ff.). Die konkreten Anzeichen, welche befürchten lassen, dass sich die betroffene Person der Durchführung der Wegweisung entziehen will, hat der Gesetzgeber in Art. 76a Abs. 2 AuG abschliessend umschrieben (BGE 142 I 135 E. 4.1 S. 150).
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Erwägung 3.3 |
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3.3.1. Gemäss Art. 5 EMRK hat jede Person das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den einzeln enummerierten Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden (Art. 5 Abs. 1 EMRK; Urteile Jusic c. Suisse vom 2. Dezember 2010 [Nr. 4691/06], §§ 68 ff.; Bozano Lorenzo c. France vom 18. Dezember 1986 [Nr. 9990/82], §§ 54 ff.). Im Gegensatz zu der in Art. 5 Abs. 1 lit. c EMRK vorgesehenen Konstellation genügt es in Fällen von Auslieferungs- oder Ausschaffungshaft (Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK), wenn ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren hängig ist und die Haft zu dessen Sicherstellung angeordnet worden ist. Unter dem Gesichtspunkt von Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK prüft der EGMR grundsätzlich nicht im Einzelnen nach, ob die auf das interne Recht des betreffenden Staates abgestützte Ausweisungs- oder Auslieferungsverfügung als rechtmässig oder die angeordnete Haft, etwa wie in Konstellationen von Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK wegen Fluchtgefahr, als verhältnismässig, zu gelten hatte; Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK bietet dem Rechtssuchenden (in einem Verfahren vor dem EGMR) einen weniger weit gehenden Schutz als Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK (Urteil Chahal v. the United Kingdom vom 15. November 1996 [Nr. 22414/93], §§ 111 ff.; zit. Urteile Jusic, § 71; A.B. et autres c. France, § 120; Popov v. France, § 120).
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3.3.2. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bezieht jedoch die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in die Würdigung mit ein und hat eine spezifische Rechtsprechung zur ausländerrechtlichen Inhaftierung von Erwachsenen entwickelt, die auf ihrer Flucht von ihren Kindern begleitet werden. Ob im vorliegenden Fall den Beschwerdeführenden rechtmässig die Freiheit entzogen wurde bzw. der in der Heimeinweisung zu erblickende rechtliche Freiheitsentzug der Kinder (BGE 121 III 306 E. 2 S. 307 ff.; bestätigt in Urteil 5A_215/2012 vom 7. Mai 2012 E. 3; im Gegensatz dazu der faktische Freiheitsentzug [Art. 80a Abs. 5 AuG] beim Verbleib der Kinder bei den inhaftierten Eltern vgl. zit. Urteil A.B. et autres c. France, § 122 ff.; kritisch zu einer ausländerrechtlichen Inhaftierung unter Platzierung der Kinder in Pflegeverhältnisse PETER UEBERSAX, Das AuG von 2005: zwischen Erwartungen und Erfahrungen, in: Jahrbuch für Migrationsrecht 2011/2012, 2012, S. 45; BAHAR IREM CATAK KANBER, Die ausländerrechtliche Administrativhaft – die rechtliche Umsetzung im schweizerischen Recht, Diss. Basel [in Vorbereitung], S. 145) rechtmässig war, kann insbesondere deswegen offen bleiben, weil die Beschwerde, wie nachfolgend dargelegt, wegen Verletzung von Art. 8 EMRK ohnehin gutzuheissen ist.
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Erwägung 4 |
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4.1. Gemäss den angefochtenen Verfügungen war im vorinstanzlichen Verfahren unbestritten, dass die Beschwerdeführenden und ihre Kinder ein Familienleben im Sinne von Art. 8 EMRK pflegen, weshalb der Schutzbereich dieser konventionsrechtlichen Garantie eröffnet ist. Diese Garantie hindert die Konventionsstaaten grundsätzlich nicht daran, die Anwesenheit ausländischer Staatsangehöriger auf ihrem Staatsgebiet zu regeln, und deren Aufenthalt unter Beachtung überwiegender Interessen des Familien- und Privatlebens gegebenenfalls auch wieder zu beenden (BGE 139 I 330 E. 2.1 S. 335; 138 I 246 E. 3.2.1 S. 250 f. mit Hinweisen). Ebensowenig steht diese Garantie als solche einer ausländerrechtlichen Inhaftierung von Familien mit Kindern absolut entgegen (vgl. GELBLAT, a.a.O., N. 26). Dessen ungeachtet kann sich ein Staat zur Durchsetzung eines hängigen Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahrens nicht sämtlicher konventionsrechtlicher Garantien entledigen, und dies insbesondere nicht mit Blick auf besonders schutzbedürftige Personen (zit. Urteil Mubilanzila Mayeka and Kaniki Mitunga vs. Belgium, § 81).
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4.2. Werden Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren, die nach innerstaatlichem Recht nicht in ausländerrechtliche Dublin-Haft genommen werden können (Art. 80a Abs. 5 AuG), im Zusammenhang der Inhaftierung ihrer Eltern in ein Heim eingewiesen, führt die Behörde selbst deren Status als unbegleitete Minderjährige herbei und verunmöglicht eine Zusammenführung mit nahen Familienangehörigen, wozu sie unter Art. 8 EMRK geradezu verpflichtet wäre (zit. Urteil Mubilanzila Mayeka and Kaniki Mitunga vs. Belgium, §§ 82, 85; Urteil des EGMR Johansen v. Norway vom 27. Juni 1996 [Nr. 530/616], § 78). Ein solcher Eingriff in die konventionsrechtliche Garantie von Art. 8 Ziff. 1 EMRK ist nur zulässig, wenn er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und im überwiegenden öffentlichen Interesse erfolgt (Art. 8 Ziff. 2 EMRK). In dieser Interessenabwägung kommt dem vorrangig zu berücksichtigenden Kindeswohl eine herausragende Bedeutung zu (zit. Urteile A.B. et autres c. France, § 152; Popov v. France, § 140 f.; GELBLAT, a.a.O., N. 25). Ein Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführenden erweist sich unter Berücksichtigung des Wohls ihrer Kinder nur als verhältnismässig im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK, wenn die Inhaftierung als ultima ratio und nach einer gründlichen Prüfung weniger einschneidender Massnahme – im Kanton Zug etwa die Platzierung der Familie in kantonseigenen Liegenschaften oder Unterkünften, die vom Kanton gemietet worden sind, in einem Durchgangsheim oder allenfalls sogar in einem Jugendheim für unbegleitete Minderjährige – sowie unter akribischer Berücksichtigung des Beschleunigungsgebotes angeordnet wird (zit. Urteile A.B. et autres c. France, § 153 f.; Popov v. France, § 141; GELBLAT, a.a.O., N. 25).
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4.3. Aus den angefochtenen Verfügungen geht nicht hervor, wo die Beschwerdeführenden und ihre Kinder zwischen ihrer Einreise in die Schweiz am 30. Mai 2016 und ihrer Inhaftierung am 5. Oktober 2016 untergebracht waren. Die separate Inhaftierung der Familienmitglieder lässt sich jedoch, entgegen den angefochtenen Verfügungen, nicht mit Art. 8 EMRK vereinbaren. Anlässlich der Überprüfung der angeordneten ausländerrechtlichen Dublin-Haft hat sich die Vorinstanz nicht mit dem im vorinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Argument, sie hätten die auf den 4. Oktober 2016 angesetzte Ausreise nur wegen der fehlenden Identitätspapiere der Kinder nicht angetreten, auseinandergesetzt, sondern sich darauf beschränkt festzuhalten, die Beschwerdeführenden hätten ihre Inhaftierung durch ihr renitentes Verhalten verursacht (angefochtenes Urteil, E. 5b, S. 14). Unter dem Gesichtspunkt, ob ein milderes Mittel als die Inhaftierung zur Verfügung gestanden hätte, machte die Vorinstanz geltend, ein solches – wie etwa der gescheiterte unbegleitete Flug – sei nicht ersichtlich (angefochtenes Urteil, E. 5b, S. 14); eine Evaluation anderer Möglichkeiten als die Inhaftierung der Eltern, den Entzug deren Obhutsrechts und die Fremdplatzierung der Kinder in einem Kinderheim (wie etwa die Unterbringung in kantonseigenen Liegenschaften oder Unterkünften, die vom Kanton gemietet worden sind, in einem Durchgangsheim oder allenfalls sogar in einem Jugendheim für unbegleitete Minderjährige) fand nicht statt. Die separate Inhaftierung des Beschwerdeführers bzw. der Beschwerdeführerin mit ihrem vier Monate alten Baby im Flughafengefängnis in Zürich unter Trennung von ihren älteren drei Kindern wurde somit nicht als ultima ratio und nach einer gründlichen Prüfung weniger einschneidender Massnahme angeordnet, weshalb sich der Eingriff in ihr konventionsrechtlich geschütztes Privat- und Familienleben als unverhältnismässig (Art. 8 Ziff. 2 EMRK) erweist. Die Vorinstanz hat mit Bezug auf die Beschwerdeführenden Art. 8 EMRK verletzt. Die Beschwerde erweist sich als begründet und ist gutzuheissen.
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Erwägung 5 |
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5. Dem Kanton Zug, der unterliegt, sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zug hat dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführenden für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im bundesgerichtlichen Verfahren ist gegenstandslos. Die Vorinstanz wird die Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens neu verlegen (Art. 67, Art. 68 Abs. 5 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
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1. Die Verfahren 2C_1052/2016 und 2C_1053/2016 werden vereinigt.
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2. Die Beschwerde der Beschwerdeführenden wird gutgeheissen, und die angefochtenen Verfügungen des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Haftrichterin, vom 16. Oktober 2016 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführenden gestützt auf die Verfügung des Amtes für Migration des Kantons Zug vom 5. Oktober 2016 zu Unrecht in Haft genommen worden sind.
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3. Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben.
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4. Der Kanton Zug hat den Rechtsvertreter der Beschwerdeführenden für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2’500.– zu entschädigen.
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5. Das Gesuch der Beschwerdeführenden um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im bundesgerichtlichen Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben.
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6. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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7. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Haftrichterin, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 26. April 2017
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
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