«Das ist staatlich legitimierter Diebstahl»

Ein urteilsfähiger Betagter sieht sich von der Kesb Gelterkinden geschädigt. Die Kesb hat dem Mann den Zugriff zu den Konti gesperrt und die AHV-Gelder umgeleitet.

Es sind zwei der zahlreichen Hilferufe des 75-jährigen Gross­vaters, Peter Lander, die er auf dem Telefonbeantworter seiner Tochter hinterlassen hat. – Notrufe des Betagten, weil er sich vom aufsässigen Interimsbeistand, André Brunner aus Sissach, bedrängt fühlt: «Jo, Marianne, dr Brunner hockt mir wider uf dr Huube … Wie söll ich mi verhalte?» Oder «Jo, Marianne, ich ha wider Bsuech gha vo däm Brunner, und ich bi saumässig uffgregt. Ich wär froh, wenn dr mer no würdet es Telefon geh.»

Den Beistand, den sie einst freiwillig holten, werden die Landers nicht wieder los. Beigezogen hatte ihn die Familie, nachdem Peter Lander Alzheimer-Erscheinungen zeigte. Als die verbeiständete Ehefrau ins Altersheim kam und der betagte Gatte alleine in seinem grossen Haus zurückblieb, hielten es Tochter Marianne und ihr Vater für das Beste, die Kesb zu Hilfe zu rufen – eine Entscheidung, die sie heute beide bitter bereuen.

Heute wären die Landers nämlich froh, der von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Gelterkinden nicht rechtskräftig eingesetzte Beistand stünde nicht mehrmals wöchentlich auf der Matte und man hätte ihm kein Hausverbot erteilen müssen. Und: Wird die Kesb nach über einem Jahr Vertrödeln anerkennen, dass niemand anderes als die Tochter für ihren Vater sorgen soll, und dass der Grosspapi doch urteilsfähig ist, wie Fachärzte dies zweifelsfrei in Gutachten belegen?

Kesb hält an Beistand fest

Bis zum heutigen Datum ist bei der Kesb Gelterkinden das Gegenteil der Fall: Deren Leiter Stephan Nicola ignoriert sogar ein Kantonsgerichtsurteil, das die vorhandenen Gutachten anerkennt und den Vater als urteilsfähig bezeichnet. Ohne eigene Entscheidungsgrundlagen erarbeitet zu haben und diese den Parteien transparent zu machen, will er Peter Lander verbeiständet haben und aus unerfindlichen Gründen die Tochter aussperren.

Dazu hat man dem urteilsfähigen Mann den Verkauf seiner Liegenschaft untersagt, ihm den Beistand aufgezwungen, den Zugang zum Bankkonto vereitelt und ihn damit in die Kreditklemme gebracht. «Wir haben bis heute durch das Verhalten der Behörden einen Betrag von mehreren 10 000 Franken verloren», sagt Tochter Marianne Lander. Bloss: Wie konnte es nur so weit kommen, dass sich die Kesb Gelterkinden über Gutachten hinwegsetzt und dass sie entgegen dem geltenden Subsidiaritätsprinzip die Tochter nicht als Unterstützerin akzeptiert, obwohl es ausdrücklicher Wunsch des Vaters ist?

Profis und ihr unwilliger Beistand

Schon der erste Beistand, den die «Schutzbehörden-Profis» von Gelterkinden Peter Lander zuteilten, wollte den betagten Mann ins Altersheim verfrachten. Gegenüber den Angehörigen erklärte der Beistand sogar schriftlich seinen Unwillen, den Mann zu betreuen: «Als Pensionierter habe ich auf jeden Fall gescheitere Möglichkeiten, meine neue Freiheit zu gestalten.» Als Peter Lander schliesslich ohne fremde Hilfe zügelte und seinen Haushalt in seinen «Alterswohnsitz» verlegte, legte der Beistand sein Amt grösstenteils nieder. Diesen Zustand beliess die Kesb Gelterkinden, ohne Ersatzmassnahmen einzuleiten und anzuordnen.

Die Tochter übernahm alle Verpflichtungen bis auf die Finanzen, die von der Kesb blockiert wurden. Und sie erkannte nach dem Umzug, dass der Vater doch ganz gut beisammen war und dass man ihn im selbstständigen Wohnen unterstützen sollte. Peter Lander seinerseits zog das Anwaltsbüro Dufour Advokatur Notariat in Basel bei und unterzeichnete eine notariell beglaubigte Vorsorgevollmacht, in der er seine Tochter zur Vertreterin ernannte: «Sie soll mich in allen Angelegenheiten rechtlich vertreten.» Um jeden Zweifel an der Urteilsfähigkeit des Grossvaters auszuräumen, holte man sich gleichzeitig ein Gutachten von Professor Andreas U. Monsch, Demenzspezialist am Uni-Spital Basel, ein. Dieser attestierte am 28. Juli 2014 nach neuropsychologischen Untersuchungen und Screenings «Urteilsfähigkeit». Dieses Gutachten wurde bestätigt; der Gutachter von der Kesb genehmigt.

Es wäre der Moment gewesen, in dem der damalige ohnehin überforderte Kesb-Leiter Reinhard Studer (Vergleiche Fall Kevin, BaZ vom 21. Mai), die Angelegenheit an die Angehörigen hätten abtreten können – so wie es das Subsidiaritätsprinzip auch verlangt. Doch Studer ist heute noch der Meinung, es brauche weitere Gutachten, wie er der BaZ schreibt.

In den Akten der Kesb ist dazu mehrfach zu lesen: «Wir müssen weitere Abklärungen treffen.» Begründet wird die Aberkennung der Urteilsfähigkeit bis heute (nach über einem Jahr) – nicht näher. Aber die Kesb liess sich Landers Steuerakten aushändigen und stellte fest, dass der Mann einmal die Verrechnungssteuer zurückzufordern vergass. Dies wird als Beleg gegen Lander verwendet. «In Erwägung, dass Peter Lander jedoch in den Steuererklärungen der letzten Jahren, die er noch selber ausgefüllt hat, hierzu nicht mehr in der Lage war … wird verfügt …».

Weiter verlässt sich das Amt aufs blosse Hörensagen: «Der Kesb Gelterkinden ist bekannt geworden, dass Peter Lander eine ihm gehörende Liegenschaft verkaufen will», schreibt die Kesb. Deswegen sei ihm der Zugriff auf die Grundstücke verwehrt. Dabei ist die Kesb im Umgang mit den Finanzen keineswegs besser als der Betagte selber: Man hat Peter Landers Lebensversicherung aufs Konto der Ehefrau verbucht, zudem auch die AHV-Gelder falsch umgeleitet. Korrigiert wurde dies trotz Mahnung bis heute nicht. Auch bequemte man sich nicht, einen Bank-Schuldbrief in der Obhut der Kesb zu suchen. Lander musste sich ein Duplikat selber besorgen.

Gegen ihre Schutzbefohlenen

Im Gegenzug hat Kesb-Leiter Stephan Nicola aber festgestellt, dass ein übermässiger Vermögensabfluss auf Landers Bankkonto stattgefunden habe, bringt diesen aber nicht in Zusammenhang mit den hohen Kosten, die er selber im Rechtsverfahren verursacht. So verweigert der Kesb-Leiter inzwischen Peter Lander auch den Zugriff auf seine eigenen Bankkonti.

Für Anwältin Anna Rüegg ist der Fall Lander beispiellos: «Die Kesb wäre eine Behörde, die zum Schutz der Leute eingerichtet worden ist. Hier aber arbeiten sie aktiv gegen ihren Klienten.» Und Marianne Lander fühlt sich gegenüber der Kesb ohnmächtig: «Was die machen, ist staatlich legitimierter Diebstahl.» Die Kesb nimmt keine Stellung.

Aber auf deren Verfügung ist seit einigen Wochen Anwalt André Brunner auf den Plan getreten. Er treibt den Fall mit grotesken Zügen voran: Um den Betagten zu gewinnen, setzt der Baselbieter Strafrichter offenbar Psycho-Druck auf. Er wollte Peter Lander am 19. April zu einem Rundflug ab Flughafen Langenthal mitnehmen. Wenn Lander es schaffe, ein derartiges Unterfangen zu meistern, sei es doch gut bestellt um dessen Urteils- und Zurechnungsfähigkeit, was Eingang in die Kesb-Akten haben sollte, liess er ausrichten.

Der 75-Jährige verspürte kein Bedürfnis, mit dem unternehmungslustigen Baselbieter Strafrichter auch noch in dasselbe Flugzeug zu sitzen. Von Daniel Wahl (Basler Zeitung).


Bazonline.ch


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Veröffentlicht unter Allgemein, Finanzen, Gesetz, KESB - Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden, Politik, Staat, Widerstand