Nachdem die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde von Winterthur-Andelfingen massiv bedroht wurde, haben auch die Kesb-Büros in der Region ihre Vorkehrungen getroffen. In Rüti reagiert man nicht auf anonyme Drohungen, in Illnau belastet der Generalverdacht die Mitarbeiter und in Uster herrscht der Courant normal.
Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) im Kanton Zürich ist nach den jüngsten Vorkommnissen in Flaach stark in die Kritik geraten. Die Kesb der Region Winterthur-Andelfingen wurde sogar massiv bedroht. In der Region zeigt man sich von der Tragik des Falls zwar sehr betroffen, von Angst will man jedoch nicht reden.
Bei der Kesb des Bezirks Pfäffikon in Illnau etwa ist Angst kein Thema, obwohl gemäss Präsident Ruedi Winet die Anfeindungen spürbar sind. «Wir bekommen Mails mit sehr unschönem Inhalt», erklärt er und fügt an: «Besonders die Reaktionen in den sozialen Netzwerken belasten unsere Mitarbeiter.»
Bei der Kesb Bezirk Hinwil mit Sitz in Rüti spricht Präsidentin Marta Friedrich von zwei Arten der Reaktion. Einerseits erhalte man kritische, undifferenziert und provokative Äusserungen, die häufig anonym seien. Darauf könne man gar nicht reagieren. «Es gibt aber auch explizit Meldungen von Personen, welche die Kritik nicht teilen und die Zusammenarbeit mit unserer Kesb als sehr positiv erlebt haben.»
In Uster erklärt Raphaela Zürcher Kramer, Präsidentin der Kesb Uster, auf Anfrage, dass keine expliziten Reaktionen eingegangen seien. «Wir sind aber vorbereitet und könnten mit einem entsprechenden Sicherheitsdispositiv reagieren», sagt Zürcher Kramer. Ausserdem verfüge die Kantonspolizei seit dem tragischen Fall von Pfäffikon 2011 über entsprechende Sicherheitsdispositive. Damals habe die Kantonspolizei ein Gewaltschutzkonzept aufgebaut. In Uster habe man zusätzlich bei der Stadtpolizei einen Sicherheitsbeauftragten und gestützt auf diese Vorkehrungen sei es heute möglich, rasch auf Bedrohungssituationen gegenüber Behörden und Ämtern zu reagieren, erklärt Zürcher Kramer weiter. Zum Sicherheitsdispositiv in Pfäffikon schweigt sich Präsident Winet aus.
Suche nach Sündenbock nachvollziehbar
«Rein psychologisch ist es nachvollziehbar, dass aufgrund der vorliegenden Tragik ein Sündenbock gesucht wird», zeigt sich Zürcher-Kramer verständnisvoll. Ob und wo man Fehler gemacht habe, sei jedoch Gegenstand von den laufenden Untersuchungen. Bevor diese nicht abgeschlossen sind, sieht man in Uster keinen Grund, vom Courant normal abzuweichen.
Man werde aber die Untersuchungen und deren Ergebnisse mitverfolgen und erwartet von der Aufsichtsbehörde auch entsprechende Empfehlungen oder Anpassungen der Richtlinien. «In diesem Zusammenhang dürfte auch der Pikettdienst der Kesb wieder ein Thema werden.»
Arbeit wird erschwert
In Illnau indes spürt man die Problematik auch bei der täglichen Arbeit mit den Klienten. «Wir stehen unter Generalverdacht», sagt Winet. Man benötige viel Zeit, den Klienten die Arbeit der Kesb zu erklären und klar zu machen, dass es nicht darum gehe, jemandem die Kinder wegzunehmen, sondern darum, Hilfe anzubieten.
Veränderungen im Ablauf habe man bisher aber noch nicht vorgenommen. «Aber natürlich sprechen wir darüber, ob Anpassungen notwendig sind», sagt Winet. Ausserdem werde das Bewusstsein für die Komplexität der Arbeit der Kesb geschärft.
Fall in der Region nicht ausgeschlossen
Auf die Frage, ob ein Fall wie jener in Flaach auch in der Region denkbar sei, lautet Zürcher Kramers Antwort klar «ja». Ausschliessen könne man das nie. Natürlich halte man sich in Uster stets an die Verfahrensregeln und unternehme alles Mögliche, dass ein solcher Fall ausgeschlossen werden kann – eine hundertprozentige Garantie habe man dennoch nicht. Diese Aussage stützt Winet in Illnau: «Man kann nicht in einen Menschen hineinsehen.»
Auch in Rüti ist man sich bewusst, dass Tragödien wie jene in Flaach nicht vollständig ausgeschlossen werden können. Menschliche Reaktionen seien komplex und nie bis ins Letzte berechenbar. «Um Risiken so gut wie möglich einzuschätzen, ist die interdisziplinäre Zusammensetzung der Teams von grossem Vorteil», sagt Friedrich, weil so verschiedene Sichtweisen zu einem vollständigen Bild beitragen würden.
In Dübendorf wollte Präsident Corsin Hofmann auf Anfrage keine Auskunft geben.
(ZO-Online, von Monika Cadosch)