Steuerbehörden zocken Hilfsarbeiter ab


DÜRNTEN – ZH – Jahrelang ist ein Hilfsarbeiter, der kaum lesen und schreiben kann, von den Steuerbehörden viel zu hoch veranlagt worden und hat Hunderttausende Franken zu viel bezahlt. Jetzt droht ihm der finanzielle Ruin.

Ernst Suter ist 41 Jahre alt und Legastheniker. Er arbeitet in einem Schlachthof im Zürcher Oberland als Hilfsarbeiter und verdient bescheidene 60’000 Franken im Jahr.

Wegen seiner Lese- und Schreibschwäche und weil ihn der ganze Papierkram überfordert, hat Suter ins seinem ganzen Leben noch nie eine Steuerklärung ausgefüllt – und das nützten die Behörden offenbar schamlos aus.
Hilfsarbeiter-Einkommen: 480’000 Franken

Wie «BeobachterTV» am Wochenende berichtete, hat das kantonale Steueramt, gestützt auf Angaben seiner Wohngemeinde Dürnten ZH, Suters Einkommen jahrelang viel zu hoch eingeschätzt – vor vier Jahren auf rund 300’000 Franken, 2012 gar auf 480’000 Franken.

Im Jahr 2010 bezahlte Suter dem Bericht zufolge 72’000 Franken Gemeinde- und Kantonsteuern, mehr als sein gesamtes Jahreseinkommen. Gewehrt hatte sich der Hilfarbeiter nie.

Wohl aus Scham und Überforderung legte er keine Einsprache gegen die überhöhten Steuereinschätzungen ein und bezahlte, um nicht aufzufallen, brav alle Rechnungen. Mit fatalen Folgen.

Suters gesamtes Erspartes sowie Geld aus einem Landverkauf ist inzwischen aufgebraucht. Und noch immer müsste er monatlich rund 9000 Franken abstottern. Bei einem Verdienst von 5000 Franken.

«Jahrelang hängen lassen»

Inzwischen hat sich die Treuhänderin Barbara Schnyder in den Fall eingeschaltet. Sie war über das Betreibungsamt mit Suter in Kontakt gekommen.

«Erst als er dem Betreibungsbeamten kein Geld mehr bringen konnte, kam man auf die Idee, mich einzuschalten. Es ist wahnsinnig, dass man einen Bürger zuerst über Jahre hängen lässt, bis er fast seine Existenz verliert», sagte Schnyder zu «BeobachterTV».

Schnyder ist es inzwischen gelungen, zumindest die letzte Einschätzung abzuwenden. Für das Jahr 2011 sind aber immer noch Forderungen in der Höhe von 150’000 Franken offen. Geld, das Suter nicht hat.

Jungfreisinnige fordern Untersuchung

Der Fall hat nach der Publikation hohe Wellen geworfen – und wird wohl auch ein politisches Nachspiel haben. Die Jungfreisinnigen des Kanton Zürich jedenfalls fordern in einer Medienmitteilung eine umfassende Aufklärung der Geschehnisse und verlangen, dass die betreffenden Personen zur Verantwortung gezogen werden.

Immerhin: Suter hat die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Anfang Dezember wollen sich alle Beteiligten an einen runden Tisch setzen. Der Beobachter hat dem 41-Jährigen zudem einen Anwalt vermittelt, der der Gemeinde und dem Kanton eine aussergerichtliche Einigung des Falles vorgeschlagen hat.

Sollten diese aber nicht darauf eingehen ist Suter definitiv ruiniert.



Blick.ch


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Veröffentlicht unter Allgemein, Einkommensteuer, Finanzen, Gesetz, Politik, Staat, Widerstand