Monatelang musste eine Mutter warten, bis die Behörde entschied, ob der Sohn wieder bei ihr wohnen darf oder nicht. Das lange Warten führte zu einem weiteren Verfahren, für das die Frau auch noch Anwaltskosten zahlen sollte.
Wie lange muss eine Mutter warten, bis entschieden wird, ob ihr Kind zu ihr zurückkommen darf oder nicht? Das ist die eine Frage in diesem Solothurner Fall, über den kürzlich das Bundesgericht entschied. Die andere Frage ist, ob die Mutter, die für ihren Sohn kämpfte, nun auch noch Anwaltskosten bezahlen muss, weil sie sich gegen die lange Verfahrensdauer der überlasteten Solothurner Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) wehrte. Doch der Reihe nach.
Vier Jahre ist es her, seit der Frau die Obhut über ihren inzwischen 14-jährigen Sohn entzogen wurde. Der Sohn lebt in einem Schulheim.
Vor anderthalb Jahren, im Oktober 2013, wollte die Mutter den Entscheid umstossen. Sie reichte bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde das Gesuch ein, dass die Rückplatzierung ihres Sohnes vorbereitet und dazu ein Erziehungsfähigkeitsgutachten erstellt wird. Dann begann das Warten.
Als acht Monate später, im Juni 2014, noch immer kein Entscheid der Kesb vorlag, reichte die Mutter beim Solothurner Verwaltungsgericht eine Beschwerde wegen Rechtsverzögerung ein.
Entscheid bringt neues Problem
Doch dann vergingen weitere Monate des Wartens. Auch das Verwaltungsgericht entschied nicht sofort – jedenfalls lag Mitte Oktober 2014 noch kein Urteil vor, als die Kesb doch noch zu ihrem Entscheid kam – ein Jahr, nachdem das Gesuch eingereicht worden war. Der Sohn blieb fremdplatziert, die Mutter erhielt jedoch ein erweitertes Besuchsrecht.
Doch mit dem Entscheid der Kesb kam bereits das nächste Problem auf die die Mutter zu, das wiederum zu einem juristischen Streit führte: Das Gericht schrieb nämlich die Rechtsverzögerungsbeschwerde als gegenstandslos ab und befand gar nicht über die Kostenverteilung bzw. das Gesuch auf unentgeltliche Rechtspflege der Mutter. Die Frau sollte somit für ihre Anwaltskosten aufkommen.
Gericht hat zu wenig abgewogen
Das war nicht korrekt, wie nun das Bundesgericht entschieden hat. «Auch bei Gegenstandslosigkeit besteht ein Anspruch auf eine Parteientschädigung, sofern es die Prozessaussichten rechtfertigen», halten die Lausanner Richter fest. Auch in diesem Fall hätte das Verwaltungsgericht abwägen müssen, wie der Prozessausgang gewesen wäre, welches die Gründe waren, die zum Verfahren geführt haben und welche Partei Anlass zur Klage gegeben hat. «Dem vorinstanzlichen Entscheid lässt sich nicht entnehmen, ob die Rechtsverzögerungsbeschwerde gerechtfertigt war und mutmasslich hätte gutgeheissen werden können», hält das Bundesgericht fest.
Noch ist allerdings nicht klar, ob die Frau eine Entschädigung erhält. Der Entscheid geht zur Neubeurteilung zurück an das Verwaltungsgericht. Der Rechtsstreit geht eine Runde weiter. Von Lucien Fluri (az Solothurner Zeitung)