«Kesb ist unfähig, ihre Aufgabe zu bewältigen»

Für die Kesb-Gegner zeigt der Fall Kast, dass es Korrekturen beim System braucht. Ein Behördenvertreter verurteilt derweil das Handeln des Vaters scharf.

Die Wut von Christian Kast (46) auf die Behörden ist riesig. Der Vater aus Trimbach SO, der seine beiden Töchter nach eigenen Angaben auf die Philippinen gebracht hat, bezeichnet die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) gegenüber 20 Minuten als «unmenschlich und unprofessionell», verglich sie gar mit der Stasi. Die Kinder seien ihm wegen «Kleinigkeiten und Mentalitätsunterschieden» weggenommen worden.

Die Profi-Behörden ersetzten Anfang 2013 die Laien-Behörden in den Gemeinden und stehen seither immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik – etwa im Fall Flach, als eine Mutter ihre beiden Kinder tötete, welche ihr entzogen werden sollten. Eine Gruppe um Schriftstellerin Zoë Jenny, Frauenrechtlerin Julia Onken und SVP-Nationalrat Pirmin Schwander will die Kompetenzen der Kesb mit einer Volksinitiative beschränken, namentlich Kindsentzüge gegen den Willen der Eltern erschweren.

«Fälle von staatlicher Willkür»

Onken ist «nicht überrascht» über die Eskalation im aktuellen Fall: «Das Drama zeigt einmal mehr, dass dieses Konstrukt Kesb nicht in der Lage ist, die grosse Aufgabe zu bewältigen.» Die Laiengremien in den Gemeinden, die bis 2013 die Aufgaben der heutigen Kesb ausfüllten, seien näher an den Menschen gewesen. «Natürlich gibt es auch gute Leute in der Kesb, die einen guten Job machen. Viele verzweifelte Eltern fühlen sich allerdings hilflos einem übermächtigen Verwaltungsapparat ausgeliefert.» Auch darum sei die Wut bei den Eltern so gross.

SVP-Nationalrat Pirmin Schwander sagt, dass der Fall Kast «kein Einzelfall ist»: «Bei mir stapeln sich die Dossiers mit Kesb-Fällen. Darunter sind einige, die von staatlicher Willkür zeugen.» Dies sei ein Pulverfass, das jederzeit explodieren könne. «Es kommt vor, dass ich in nächtlichen Telefongesprächen Väter und Mütter beruhigen muss, dass sie in ihrer Verzweiflung keine Dummheiten machen.» Natürlich gebe es Fälle, in denen die Behörden einschreiten müssten, etwa bei Gewalt gegen Kinder, Missbrauch oder Verwahrlosung. Es dürfe aber nicht sein, dass reine Meinungsverschiedenheiten zu Entzügen führten. Nach den Sommerferien werden Schwander und Co. mit dem Sammeln der Unterschriften beginnen.

«Die Flucht ist verwerflich»

Für Patrick Fassbind, Präsident der Kesb Bern, handeln die Initianten der Kesb-Initiative verantwortungslos: «Man muss sich fragen, ob mit dem ständigen Kesb-Bashing nicht ein Klima geschaffen wird, welches Eltern zum Bruch mit dem Rechtsstaat animiert.» Eine Eskalation sei für die Kinder aber immer die schlechteste Lösung.

Fassbind ist auch besorgt über den Shitstorm, der im Internet gegen die Kesb tobt. Er erinnert daran, dass im aktuellen Fall ein etabliertes Bezirksgericht in seiner Funktion als Kesb den Eltern die Obhut entzogen hat: «Auch keine andere Kesb würde dies tun, wenn nicht sehr schwerwiegende Gründe vorlägen. Wenn die Eltern nicht einsichtig und nicht kooperativ sind, bleibt bei einer schweren Kindeswohlgefährdung leider nichts anderes übrig, als die Kinder zu ihrem Schutz zu platzieren

Mit der Flucht wurde das Kindeswohl laut Fassbind erneut gefährdet, statt dass der normale Rechtsweg bis zum Bundesgericht beschritten worden wäre. «Das ist verwerflich. Umso schlimmer ist, dass die Eltern im Internet als Helden gefeiert werden, obwohl die Hintergründe nicht bekannt sind.»

(daw)


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