«Behörden schickten unsere Kinder zu Frömmlern»


Sektenexperte Georg Schmid findet es alarmierend, dass die KESB aus Mangel an Alternativen immer mehr Kinder bei Frömmlern platziere. Die KESB findet das zumutbar.

Die Postkarte ist bemalt mit roten Herzen, die Nachricht herzzerreissend. «Ich vermisse dich so sehr, deine Prinzessin», schreibt Erika (9) ihrer Grossmutter. Die Karte ist eine der letzten Nachrichten, die Marilyn (53) und Hermann Halter (63) von ihrer Enkelin bekamen.

Seit Mai haben sie von Erika und ihrem Bruder Jeremy (7) nichts mehr gehört. So will es die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Herisau AR. Sie platzierte die Geschwister vor zwei Jahren bei einer Pflegefamilie in Romanshorn TG. Die neuen Eltern sind Mitglied einer Freikirche.

«Die Pflegeeltern haben meinen Enkeln verboten, mich Mami zu nennen und ihre Muttersprache Spanisch zu sprechen», sagt Marilyn Halter. Sie weint fürchterlich. «Dabei wollen sie nichts lieber, als zu mir zurückzukommen.»

Von klein auf kümmerte sich die Grossmutter um die Kinder. «Für Erika und Jeremy bin ich die Mutter. Meine Tochter sitzt in der Dominikanischen Republik wegen Drogendelikten in Haft», sagt sie.

Vor zwei Jahren aber hatte die Grossmutter gesundheitliche Probleme, alles wuchs ihr über den Kopf. Auf Rat ihres Arztes platzierte sie zwei der drei Enkel bei einer Pflegefamilie. Vorübergehend. «Man hat mir versprochen, dass ich sie zurückbekomme, sobald es mir besser geht.»

Kein Besuchsrecht

Als es im Dezember 2012 so weit ist, weigerte sich die KESB. «Sie sagten plötzlich, die Kinder hätten Bindungsstörungen. Sogar unser Besuchsrecht kürzten sie. Seit Mai dürfen wir sie gar nicht mehr sehen», sagt Halter. Der Fall liegt nun beim Ober­gericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden.

Im Sommer 2012 kamen Erika und Jeremy nach Romanshorn. Die Pflege­eltern sind streng religiös, der Pflegevater ist Sonntagsschullehrer. «Leider haben wir dem zu wenig Beachtung geschenkt», sagt Opa Hermann Halter. «Die Kinder fühlten sich am Anfang auch wohl. Doch nun müssen sie regelmässig zu deren Messe, obwohl sie katholisch sind. Sie entfremden die Kinder so von uns.»

Jolanda Oelke-Brunner, Präsidentin der KESB, findet die Platzierung bei Frömmlern zumutbar. «Katholische Pflegeeltern gehen am Sonntag auch zur Kirche. Den Kinder gefällt es, dort haben sie viele Kollegen.» Mehr könne sie aus Datenschutzgründen nicht sagen. Sie versichert: «Die Pflegeltern wollen nicht, dass die Kinder ihren Glauben wechseln.»

Dem widerspricht Sektenexperte Georg Schmid. «Auch wenn sie versichern, den Kindern nicht ihren Glauben aufzuwingen, kann man das nicht vermeiden», sagt er. Die Situation sei alarmierend. Die KESB platziere aus Mangel an Alternativen immer mehr Kinder bei Frömmlern. «Ich habe zwei Anrufe pro Monat von besorgten Eltern», sagt Schmid. «Leider kann ich nur selten helfen, weil die KESB das Sagen hat.»


Blick.ch


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Veröffentlicht unter Entfremdung, Gesetz, KESB - Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden, Politik, Widerstand