Das Eltern-Entfremdungssyndrom PAS
(Parental Alienation Syndrome, R. GARDNER 1992)
Eine Sonderform des Kindesmissbrauchs „Emotionale Gewalt“
Dr. Dietmar Payrhuber © 2013
GESETZ ÜBER DIE RECHTE VON KINDERN, Art. 5;
“Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leides, sexueller Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten.”
Das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung (Parental Alienation) wurde bereits in den 1980er und 1990er Jahren als solches mehrfach in der psychiatrischen Fachliteratur beschrieben. 1985 führte der amerikanische Kinderpsychiater Professor RICHARD GARDNER den Begriff „Parental Alienation Syndrome“ (PAS) ein (1.). Die internationale Literatur weist heute 600 relevante wissenschaftliche Arbeiten aus mehr als 30 Ländern auf (2.). PAS wird dabei als eine Sonderform des psychischen Kindesmissbrauchs /der Kindesmisshandlung ausgewiesen (3). Besuchsrecht- und Obsorgestreitigkeiten sind in einem hohen Prozentsatz mit PAS verflochten. Nach W. ANDRITZKY besteht der Verdacht auf PAS in Deutschland etwa in jedem zweiten Fall, für den ein psychologischer Sachverständiger von einem Familienrichter mit der Klärung von Fragestellungen zum Thema Obsorge und Besuchsrecht beauftragt ist (4.). Auch in Österreich liegt dem Justizausschuss des Parlaments seit 12/2011 ein diesbezüglicher Entschließungsantrag (5.) vor.
(1.) GARDNER, R. (2010). Das elterliche Entfremdungssyndrom; VWB Verlag für Wissenschaft und Bildung 2002 / 2010, herausgegeben von WILFRID VON BOCH-GALHAU, Einführung d. d. Herausgeber, Seite 7
(2.) BOCH-GALHAU, W. VON (2012). Parental Alienation und Parental Alienation Syndrome/Disorder, VWB Verlag für Wissenschaft und Bildung (in Folge kurz: BOCH-GALHAU 2012), Seite 12
(3.) BOCH-GALHAU (2012), Seite 11-15
(4.) ANDRITZKY, W. (2002), Psychotherapie 7. Jahrg. 2002, Bd. 7, Heft 2 © CIP-Medien, München, S 167 5 1805/A(E) XXIV. GP – Entschließungsantrag– eingebracht am 7.12.2011
(5.) 1805/A(E) XXIV. GP – Entschließungsantrag– eingebracht am 7.12.2011
1. / 1 Definition – Psychodynamik
Phase 1: gezielte psychische Gewalt
1.. Kind als Besitz – Entfremdung (PA) – Ein Elternteil erhebt (meist) nach Trennung oder Scheidung den Alleinanspruch auf das gemeinsame Kind und beginnt es über gezielte psychische Gewalt dahingehend zu manipulieren, dass es den Kontakt zum anderen Elternteil (aE) ablehnt.
2.. Kampagne. Der entfremdende Elternteil (eE) führt eine sog. Kampagne gegen den aE. Dabei werden neben Abwertungen vor dem Kind häufig falsche Anschuldigungen gegen den aE vorgebracht, um die Ausgrenzung über Behörde und Justiz zu forcieren. Phase 2: Instrumentalisierung von Behörden und/oder Gerichten
3.. Der eE involviert Sozialarbeiter, Gerichtssachverständige, Richter, Anwälte, Psychotherapeuten und Lehrer mittels Täuschungen u. einer Opferrolle. Bei fehlender Fachkompetenz kommt es zum „unbegreiflichen Mitagieren“ (6) der Verantwortlichen mit dem Entfremder. Die Behörden und/oder Gerichte übernehmen damit (unbewusst) den Missbrauch des Kindes.
1. / 2 Psychische Gewalt (Manipulation – Entfremdungs-Techniken) PAS wurde 2011 beim Expertenhearing vor dem Verfassungsausschuss zu den Kinderrechten als eine Sonderform des Kindesmissbrauchs (7.) ausgewiesen, es betrifft die Artikel 1, 2 und 5 der KINDERRECHTS-RESOLUTION: bestmögliche Entwicklung, das Recht auf beide Elternteile und das Verbot psychischer Gewalt. Von ärztlich-rechtlicher Seite betrifft diese Form der Kindesmisshandlung § 54 des Ärztegesetztes, Missbrauch/Misshandlung eines wehrlosen minderjährigen Kindes, wobei es sich hier um fortgesetzte psychische Gewalt handeln kann.
Im Zuge der Entfremdung ist das Kind quälenden Entfremdungsprozeduren unterworfen (Internationale Klassifikation WHO ICD-10 T74.3 psychischer Missbrauch; vermischte Formen): Das Kind wird gezwungen die meist tiefemotionale Beziehung zum anderen Elternteil aufzugeben, diesen abzuspalten und zu verdrängen. Die für die Entwicklung notwendige Identifikation mit dem zweiten Elternteil wird nicht nur vereitelt, sondern durch andauernde Gehirnwäsche wird auch das innere Bild vom anderen Elternteil verzerrt und ins Negative verkehrt, was weitgehende Konsequenzen für die Entwicklungsmöglichkeiten und das Schicksal des Kindes nach sich zieht.
(6). ANDRITZKY, W. 2002, Psychotherapie 7. Jahrg. 2002, Bd. 7, Heft 2 © CIP-Medien, München, Seite 166.
(7). Parlamentspresse 13.1.2011, Expertenhearing vor dem Verfassungsausschuss für Kinderrechte, PAYRHUBER, D
2. Der entfremdende Elternteil
2. / 1 Der entfremdende Elternteil – Psychische Auffälligkeiten
„Bei den manipulierenden Bezugspersonen lassen sich häufig psychische Auffälligkeiten identifizieren, z.B. schwere narzisstische und/oder Borderline-Persönlichkeitsstörungen traumatische Kindheitserfahrungen, paranoide Verarbeitung der Scheidungskrise und/oder Psychosen.“ (8.) W. ANDRITZKY (9.) beschreibt das Verhalten entfremdender Elternteile als Ausdruck einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Die Symptomatik ist verbunden mit Impulsivität, Unberechenbarkeit, Gewissenlosigkeit, Schwarz-Weiß sehen, Alles oder Nichts, Spaltung in gute und böse Objekte, unberechenbaren Gefühlsausbrüchen. (10.)
3. Behörde, Sachverständige und Gericht Erkennen Behörde und/oder Gericht den Missbrauch/die Misshandlung nicht übernehmen sie (unbewusst) den Missbrauch des Kindes – es entstehen zwei Opfer mit unausweichlichen Schäden für die Gesundheit beider Betroffener. ANDRITZKY spricht vom „unbegreiflichen Mitagieren“ (11.) von Behörde, Sachverständigen, Lehrern und Justiz. Gründe für das Mitagieren der Behörden:
• Mangel an Fachkompetenz, unprofessionelle Begutachtung, meist auf Grund fehlender medizinisch-psychiatrischer Kenntnisse, respektive (1.) fehlenden Kenntnissen der Borderline-Persönlichkeitsstörung, (2.) der Psychodynamik bei PAS, (3.) der speziellen Psychotraumatologie des missbrauchten Kindes, wobei bei PAS die Hervorhebung des „Kindeswillen“ ohne Vernetzung mit der Familienkonstellation einen gravierenden und folgenschweren Kunstfehler darstellen kann:
• Im Vordergrund unqualifizierter Begutachtung stehen häufig (1.) die Betonung des „Kindeswillen“ beim PAS-manipulierten Kind ohne die systematische psychische Gewalt in der Familie zu berücksichtigen: das (bewusst oder unbewusst) unter Druck stehende Kind ist auf Grund psychotraumatischer Erfahrungen dissoziiert (gespalten) und wird jedem etwas anderes sagen; ganz im Gegenteil geben hier das reflexive Ergreifen des Kindes für die Partei des eE und fehlende Ambivalenz (ein Elternteil nur gut, der andere nur schlecht) deutliche Hinweise auf PAS und einen manipulierten Kindeswillen.
• (2.) Ebenso fahrlässig ist es die psychische Gewalt bei PAS und den Terror an (zumindest) zwei Familienmitgliedern (siehe 1/ 2: WHO ICD-10 T74.3 psychischer Missbrauch, vermischte Formen) als „Elternstreit“ zu bagadellisieren, – das Kind bleibt ungeschützt den Manipulationen des Entfremders ausgeliefert.
(8.) BOCH-GALHAU 2012, S 25, Fußnoten 86, 87, 88 auf S 113 mit Autorenliste.
(9.) ANDRITZKY, W. (2002), S 174-178 10 Vgl. Borderline-Persönlichkeitsstörungen: Internationale Klassifikation der Krankheiten (WHO ICD-F60.31); DSM IV, Symptomenliste der American Psychiatric Association, 1994, Leitsymptome zur BorderlinePersonality-Disease (BPD). 11 W. ANDRITZKY, 2002, S 166
(10.) Vgl. Borderline-Persönlichkeitsstörungen: Internationale Klassifikation der Krankheiten (WHO ICD-F60.31); DSM IV, Symptomenliste der American Psychiatric Association, 1994, Leitsymptome zur BorderlinePersonality-Disease (BPD).
(11.) W. ANDRITZKY, 2002, S 166
• Die Weigerung Missbrauchsberichte zu überprüfen oder sie überhaupt anzuhören (12), • Die Anhörung nur eines Elternteils (in der Regel des Obsorgeberechtigten)!
• Gründe für das „Mitagieren der Gerichte“ mit dem eE weisen auch auf eine „unzureichende kinderpsychologische Ausbildung“ der Familienrichter hin (13).
4. Folgen für das Kind 4. / 1 Folgen am Kind A)
Emotionaler Missbrauch ist ebenso quälend wie sexueller „Missbrauch zählt zu den schmerzlichsten Erfahrungen, die einem Menschen zustoßen können. Viele Menschen denken dabei sofort an sexuellen Missbrauch, im weiteren Sinne auch an körperlichen – doch die wenigsten denken an psychische Gewalt. Über deren Auswirkungen berichten US-Forscher.“ Seelische Gewalt – “Seelische Gewalt ist jedoch ebenso schädlich wie andere Formen der Misshandlung”, sagt MacMillan (14): „Zu emotionalem Missbrauch zählt eine ganze Palette an Verhaltensweisen wie zum Beispiel Entwertungen (“du bist dumm, hässlich etc.”), Verspottungen, Liebesentzug sowie das Nicht-reagieren auf emotionale Äußerungen, aber auch übermäßige Kontrolle, Verwöhnung und Manipulation oder das Drängen in eine das Kind überfordernde Rolle (“Partnerersatz”). Ebenso stellt ein unberechenbares und ängstigendes Verhalten der Eltern eine große Belastung dar. Entwicklungsstörungen als Folge Der Bericht verweist auf die Auswirkungen von emotionalem Missbrauch: So können psychische Entwicklungsstörungen, wie etwa Bindungsstörungen, psychiatrische Erkrankungen, soziale Beeinträchtigungen, Kriminalität, aber auch kognitive und emotionale Defizite die Folgen sein. Aufruf zur erhöhter Aufmerksamkeit Das Positionsblatt ruft in diesem Zusammenhang zu einer vermehrten Zusammenarbeit von Kinderärzten, Psychologen und Kinderschutzzentren auf, um gefährdeten Kinder rechtzeitig zu helfen.
B) Im Falle von PAS verliert das Kind den zweiten Elternteil nicht nur physisch (oder kann ihn nur sehr eingeschränkt sehen), sondern es muss auch das innere Bild des zweiten Elternteils abspalten, zerstören oder negativ besetzen. Dies entspricht einer schweren seelischen Verletzung des Kindes (15).
(12.) Betroffene fühlen sich und ihre Kinder durch die Behörden weitgehend nicht vertreten und haben sog. „Vätervereine“ gegründet, die beklagen, dass Missbrauchsberichte nicht aufgenommen, nicht verstanden oder ignoriert werden.
(13.) Die Präsidentin der Familienrichter Mag.a Täubel-Weinreich beklagt die fehlende kinderpsychologische Ausbildung von Richtern im Bereich des Familienrechts.
(14.) Harriet MacMillan, Kinderpsychiaterin von der McMaster Universität Hamilton in Kanada, “Psychological Maltreatment”, Augustausgabe des Journals “Pediatrics”, das von der Amerikanischen Akademie der Kinderärzte herausgegeben wird. (doi: 10.1542/peds.2012-1552);
(15.) Gesetz über die Rechte von Kindern: Art. 5, psychische Gewalt.
„Das Kind wird Träger einer psychiatrisch relevanten kindlichen Störung aufgrund einer psychischen Traumatisierung“ (16.). PAS wird von Experten als kognitive, emotionale und Verhaltensstörung des Kindes betrachtet (17.). Die Symptomatik des psychotraumatisierten Kindes (PAS) weist präzise auf den Entfremdungsprozess hin: (1.) das Kind äußert (plötzlich) eine nicht begründbare Ablehnung des anderen Elternteils, (2.) es zeigt das unabhängige Denkerphänomen, wobei das Kind meist die Interessen des Entfremders als eigene Meinung wiedergibt: „ich will das!“ und/oder (3.) ergreift reflexiv Partei für den eE, bei dem es leben muss (18.), um nur einige der acht für PAS signifikanten Symptome zu nennen (19.) „Das Kind wird gezwungen eine falsche Realität anzunehmen, um die Beziehung zum betreuenden Elternteil nicht aufs Spiel zu setzten“ (20.). Bewusstseinsspaltungen entstehen: Internationale Arbeitsgruppen unter Leitung des amerikanischen Psychiaters Prof. W. BERNET versuchen derzeit für PAS eine eigene Rubrik in den internationalen Nomenklaturen des ICD11 und des DSM-V zu bilden. Die amerikanischen Gerichte erwarten eine Lösung von Seite der Medizin und warten auf wissenschaftliche Orientierungshilfen (21.).
Komorbiditäten: Der Entfremdungsprozess ist begleitet von Angst, Spaltungen, später von Vermeidung. Die Symptomatik der betroffenen Kinder findet sich in der Internationalen Klassifikation (ICD-10) der WHO, betrifft fallbezogen Angst- und Panikstörungen (F41), dissoziative Störungen (F44), Entwicklungsstörungen (F8), Verhaltens- und emotionale Störungen des Kindesalters (F9), welche Symptomatik zu sofortigen Handeln veranlassen muss. Die vom eE erzeugten Störungen können mit großem Leiden für das Kind verbunden sein (22.) und bestehen im Erwachsenenalter fort (23.,24.). Sie sind Ausgangspunkt für den Verlust relevanter Lebensbereiche, Depressionen, Beziehungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, Angst- und Suchtkrankheiten, psychosomatischen Störungen. Jede Form chronischer Erkrankung kann folgen.
(16.) BOCH- GALHAU, 2012, Seite 25: Autorenliste Fußnote 84: GARDNER 1998a, 2001a, b, 2003; WARSHAK 2003a,b, 2005; AUSTIN 2006; LEVY 2006; BAKER 2007;
(17.) BOCH- GALHAU 2012, S 14.
(18.) Anm.: Hier wird die Problematik der Rolle der KIJA „als Stimme des Kindes“ (Kinderbeistand) deutlich, die gerade in hochstrittigen Besuchs- und Sorgerechtsverfahren den geäußerten Kindeswillen hervorzuheben gedenkt, der im Falle von PAS dem Willen eines unter psychischer Gewalt stehenden Kindes entspricht. Die Äußerungen des PAS Kindes entsprechen i. d. R. den Interessen des Entfremders, HEYNE in ANDRITZKY 2002,
(19.) BLOCH-GALHAU 2012, S 18.
(20.) BLOCH-GALHAU 2012, S 57
(21.) BERNET, W. 2010, S 103
(22.) CAMPS, A., in BERNET, W. (2010), Parental Alienation, DSM-V, and ICD-11 Charles C. Thomas Publisher Ltd., Springfield, Illinois, S 64;
(23.) BOCH-GALHAU, W. VON & KORDJOE, U. (2006) in BERNET, W. (2010), S 64; EGLE 2011.
(24.) “Frühe Erfahrungen bestimmen auch die neuronalen und hormonellen Reaktionen – und zwar ein Leben lang”, sagt MICHAEL MEANEY, Neurobiologe an der McGill-Universität im kanadischen Montreal. Epigenetics and Childhood Abuse [http://www.nchpeg.org/bssr/index.php?option=com_content&view=article&id=88:epigenetics-and-childhoodabuse&catid=46:journal-articles&Itemid=59]
Damit ergeben sich verheerende Folgen für Individuum und Gesellschaft (EGLE 2011, siehe Entschließungsantrag beim Justizausschuss des Parlamentes 12/2011): Persönlicher und gesellschaftlicher Schaden U. T. EGLE25 geht auf die Folgen einer schweren Kindheit ein. Er hält fest, dass sowohl epidemiologische Studien an 17.000 Patienten als auch die neurobiologische Forschung zeigen, dass Kindheitsbelastungsfaktoren wie körperliche und emotionale Misshandlung (verbale Beschimpfungen und Entwertungen, physische und emotionale Vernachlässigung) die Vulnerabilität für zahlreiche Störungen lebenslang erhöhen. Dazu gehören psychische Erkrankungen wie Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen, Angsterkrankungen, somatoforme Störungen und Drogen-/Alkoholmissbrauch ebenso wie chronische körperliche Krankheiten, darunter Autoimmunerkrankungen, neurologische Erkrankungen, Krebs, HerzKreislauf-Erkrankungen. „Eine hohe Zahl solcher (Anm. Kindheitsbelastungs-) Faktoren in der Kindheit ist mit einer um fast 20 Jahre reduzierten Lebenserwartung verbunden.“ Verheerende Folgen – K. VARVIK (26.) betont die verheerenden Schäden bei psychischem Missbrauch: „Bei Kindern haben insbesondere seelische Grausamkeit und schwere Vernachlässigung durch wichtige Bezugspersonen, vor allem, wenn diese sehr früh in der Kindheit beginnen und wiederholt erlebt werden, eine verheerende Wirkung. Typische Symptome von Traumastörungen sind … zum Teil ausgeprägtes Vermeidungsverhalten und Verschweigen.“
4 /2 Zwei Opfer. Erkennen Behörde und/oder Gericht PAS nicht, entstehen zwei Opfer Fortgesetzte Entfremdung ohne Eingreifen der Verantwortlichen führt zu anhaltenden Erniedrigungen und menschenunwürdigen Situationen von Kind und aE (EMRK Art. 3) mit unausweichlichen Schäden für die Gesundheit beider Betroffener. Die permanente Erfahrung der fortlaufenden gewaltsamen Zerstörung einer ursprünglich tiefemotionalen Beziehung führt in der Regel zu posttraumatischen Belastungsstörungen (ICD-F43.1) vom Typ II, die durch andauernde oder sich wiederholende Traumata definiert ist und zu Persönlichkeitsveränderungen beider Betroffener führen kann (27.). Auf Grund der Deprivation ist mit Depressionen zu rechnen. Bei den betroffenen Kindern als auch bei den ausgegrenzten Eltern gibt es immer wieder Berichte von Suiziden (28.). Folgen für aE gleich dramatisch / Verletzungen der EMRK Art 3, 8, 14. Durch das „unbegreifliche Mitagieren“ von Behörden, unqualifizierten Sachverständigen und Richtern, die den Missbrauch nicht erkennen (vgl. ANDRITZKY 2002), befindet sich der aE in einer verzweifelten Situation und bemerkt langsam, dass er der aussichtslosen Lage nicht
(25.) EGLE U. T., Psychosomatische Fachklinik Gengenbach, 6. Allgemeinmedizin- Update-Seminar, Medical Tribune 30-34/2011) im Entschließungsantrag des Parlaments 12/2011.
(26.) Leiter der AG Entwicklungs- u. Sozialpädiatrie der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (27.) FACTS AND FIGURES, Nr. 32, November 2003, Internationale Zeitschrift für ärztliche Fortbildung 28 Email von BOCH-GALHAU (2012) zu conférence sur le SAP le samedi 9 avril à Namur, Belgique.
entrinnen kann (29.). Ein Posttraumatisches Belastungssyndrom, Depressionen, Schlaflosigkeit, jede Form körperlicher Krankheiten können entstehen.
Die Rolle des ausgegrenzten Elternteils hat in Österreich 2011 erstmals über einen Beschluss des OGH Bedeutung erlangt. Ein Wiener Arzt klagte wegen Kindesentziehung und dem daraus entstandenen Leids und bekam Schmerzensgeld zuerkannt (30.).
5. Erkennen, Handeln Subtiler Kindesmissbrauch ist leise, geschieht verdeckt, die manipulierten Kinder wissen oft gar nicht, dass sie missbraucht werden.
5. / 1 Erkennen – Leitsymptome bei PAS sind (1.) der „Alleinanspruch auf das Kind“ (31.) verbunden mit der (2.) Kampagne gegen den anderen Elternteil. Damit kann bereits jeder Laie Hinweise auf PAS auf Anhieb zu erhalten, denn der aE erhebt meist nicht den Alleinanspruch auf das Kind, sondern besitzt Bindungstoleranz. – Bei PAS finden sich des weiteren (3.) “widersprüchliche Angaben der Eltern“, Hinweise zum Missbrauch des Kindes müssen sofort überprüft werden. JWF, KIJA, Kinderschutzorganisationen, aber auch Allgemeinmediziner, die gerne für Atteste missbraucht werden, sind aufgefordert, PAS zu erkennen, die falschen Anschuldigungen durchschauen und eine Untersuchung einzuleiten: Kinderpsychiater machen laufend auf die Symptomenarmut des „nur“ zurückgezogenen, stillen Kindes aufmerksam, hinter der sich schwere psychotraumatische Erlebnisse verbergen können. Dem Kind selbst ist der Missbrauch oft nicht bewusst. Die einzig der Umwelt auffallenden Symptome sind oft depressive Verhaltensweisen und Rückzug.
5. / 2 Untersuchen – PAS ist eine psychiatrische Störung und muss von qualifizierten Experten und auch interdisziplinär beurteilt werden, wobei eine frühzeitige Zusammenarbeit aller zuständigen Berufsgruppen unerlässlich ist. „Eine sorgfältige Diagnostik des gesamten Familiensystems und die Identifizierung der manipulierenden Person(en) sind unabdingbar.“ (32.) „Daher ist die Erhebung einer genauen Anamnese wesentlich!“ (33.) Kenntnisse der Borderline-Persönlichkeitsstörung und des PAS-Modells sind unerlässlich und geben häufig einen raschen Einblick in die Psychodynamik und die Täuschungen des entfremdenden Elternteils (vgl. W. ANDRITZKY 2002).
5. / 3 Handeln Da die Traumatisierungen bei PAS in seinem Ablauf und den Folgen im Wesentlichen einem posttraumatischen Belastungssyndrom, Typ II (anhaltende oder wiederholte Gewalt) zuzuordnen sind, aus welchem die Spaltungen und das Vermeidungsverhalten des Kindes
(29.) BOCH GALHAU (2012), S 54.
(30.) RÄ Mag. Britta Schönhart, 2010 / OGH
(31.) Damit kann der eE meist auf Anhieb identifiziert werden.
(32.) BOCH- GALHAU 2012, S 24.
(33.) Kindesmisshandlung, Österreichische Ärztezeitung 10.09.2004: state of the art.
(PAS) resultieren, muss rasch gehandelt werden. „Das gültige Diagnosemodell der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10: F43.1) beschreibt die PTBS als wichtigste medizinische und psychologische Form der Traumatisierung. Bei der PTBS kommt es zum verstärktem Auftreten und Anhalten von psychologischen Symptomen, die …durch ihre Intensität und Dauer aber zu schweren Leiden und damit zu einer behandlungsbedürftigen Erkrankung führen können“ (34.). Im Vordergrund stehen eine eingehende Anamnese und rasches Handeln, da die tiefgreifende Symptomatik zu einem chronischen Leiden führen kann.
Der Zeitfaktor ist wesentlich. – “Bestehen (Anm.: beim PTBS) Symptome länger als 3 Monate nimmt die Krankheit einen chronischen Verlauf. Das Zeitkriterium ist sehr wichtig, wird der Patient nach Traumaexposition nicht behandelt ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass er nach 2 oder auch 3 Jahren weiter hin leidet“ (35.). Dieselben Kriterien gelten für PAS, wobei auch hier die Irreversibilität bereits eingetretener Schäden durch institutionelle Fehlentscheidungen zu hohen Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen beider Opfer führen kann. Sämtliche Experten verlangen die sofortige Wiederherstellung eines angemessenen Kontaktes zum anderen Elternteil, in schweren Fällen wird ein Sorgerechtswechsel empfohlen. Sollte der eE eine Kooperation verweigern, müssen die notwendigen Maßnahmen vom Gericht durchgesetzt werden. Ohne Eingreifen der Behörde entsteht eine unendliche Geschichte von Kindesmissbrauch. Die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Schäden für alle Beteiligten sind enorm.
(34.) WENZEL, T., Universitätsklinik Wien, Psychopraxis, 3/2004, S 36.
(35.) KAMPFHAMMER, H.P., Vorstand der psychiatrischen Universitätsklinik Graz, Ärztemagazin 43/2007.
PAS © Payrhuber D. 2013