KESB und Stadtrat wollen Maulkorb für Obersee Nachrichten

Der Rapperswil-Joner Stadtrat und der KESB-Chef Dr. Walter Grob wollen gegen die ON wegen der KESB-Berichte rechtliche Schritte einleiten. Das politische Manöver zielt an den Problemen vorbei.

Stadtpräsident Erich Zoller, der Stadtrat und der Präsident der KESB Linth wollen «rechtlich» gegen die Obersee Nachrichten («ON») vorgehen. Konkret gegen die Redaktoren Bruno Hug und Mario Aldrovandi. Zugleich spricht der Stadtrat dem KESB-Chef, Dr. Walter Grob, und der KESB Linth «das volle Vertrauen aus». Die ON würden eine «haltlose Kampagne» betreiben, würden «Menschen am Rande der Verzweiflung für mediale Zwecke instrumentalisieren» und hätten «Fakten erfunden», so der Stadtrat weiter. Nach einem «Schlichtungsverfahren» werde eine Klage geprüft.

ON beziehen Stellung

Die ON weisen die Vorwürfe zurück.

• Zum Vorwurf der «erfundenen Fakten» konkretisierte Stadtpräsident Zoller gegenüber «Zürichsee-Zeitung» und «Südostschweiz», die ON hätten zum KESB-Chef eine falsche Lohnsumme verbreitet. Zoller kennt die Fakten nicht: Die ON haben am 25. März 2015 um 07.01 Uhr an Dr. Grob per Mail folgende Frage gestellt: «Gemäss verschiedener Medienberichte verdient ein KESB-Direktor 240000 Franken pro Jahr. Stimmt diese Summe oder möchten Sie diese korrigieren?» Dr. Grob hat nicht geantwortet und die Summe nicht korrigiert. Danach schrieben wir, der Stadtrat wähle «den KESB-Leiter mit einem Jahressalär von rund 240000 Franken». Auch dazu gab es keine Korrektur.

• Die Anschuldigung, die ON würden «Menschen instrumentalisieren», ist haltlos. Alle ON-Berichte zu KESB-Fällen kamen immer durch Hilferufe von bedrängten Menschen zustande. Die Berichte wurden diesen stets zum Gegenlesen vorgelegt. Vom Schmerkner Schiffsjungen Marco H. liegt zur Veröffentlichung seines Interviews gar sein schriftliches Einverständnis vor – erstellt im Beisein seines Anwalts.

• Uns wird vorgeworfen, wir hätten von einer «Terror-Behörde» geschrieben. Das ist falsch. Der Ausdruck stammt aus einem Leserbrief von Wilhelm Güntensperger aus Rapperswil-Jona. Er schrieb: «Es wäre die Aufgabe des Regierungsrats, aus der ‘gefühlten Terror-Behörde’ eine den bedürftigen Menschen beistehende und helfende Behörde zu formen.»

• Die Behauptung, die ON-Berichte seien ehrverletzend, weisen wir entschieden zurück: Die Obersee Nachrichten haben über unverständliche, widersprüchliche und rechtlich fragwürdige KESB-Tätigkeiten berichtet. Die KESB und ihr Präsident Dr. Walter Grob unterstehen der Medienbeobachtung, genauso wie jede andere Behörde.

• Die KESB Linth funktioniere «tadellos», teilen Stadtrat und KESB mit. Das wird aufgrund der vielen bei den ON eingehenden Klagen bezweifelt. Dazu ist ein Vergleich interessant: Die ON werden in der Ausserschwyz genauso stark gelesen wie im St. Galler Linthgebiet. Die ON erhalten jedoch permanent Hilfe-Rufe aus dem Tätigkeitsbereich der KESB Linth, jedoch sehr selten aus dem Gebiet der KESB Ausserschwyz.

• Die ON zweifeln die Qualifikation von KESB-Chef Dr. Walter Grob tatsächlich an. Die vielen Reklamationen, die zur KESB Linth an die ON gelangen, berechtigen dazu. Dr. Walter Grob wurde im Herbst 2012 als Gemeindepräsident von Au Heerbrugg abgewählt. Ihm wurde mangelnde Sozial- und Kommunikations-Kompetenz vorgeworfen (St. Galler Tagblatt, 3. Juli 2012).

Und tatsächlich: Sobald die Medienberichte nicht nach Grobs Vorstellung sind, reagiert er auf Anfragen nicht mehr, oder nur mit Standardtexten. Und die fragwürdige soziale Vorgehensweise dieser Behörde ist zigfach beschrieben. Rapperswil-Jonas Stadtpräsident Erich Zoller und Walter Grob sassen gemeinsam in Gremien, als beide im Rheintal Gemeindepräsidenten waren. Grob hatte seit seiner Abwahl als Gemeindepräsident keine feste Anstellung mehr. Nach seiner Wahl im Frühling 2014 zum KESB-Präsidenten teilte der Stadtrat mit, Grob sei aus einer «grossen Anzahl gut qualifizierter Bewerber» gewählt worden. Die Suche dauerte nicht einmal sieben Wochen – ab Suchbeginn bis zum Ratsbeschluss! War die Evaluation für dieses wichtige Amt tiefgreifend, oder war es politische Klüngelei?

• Über die KESB-Tätigkeit muss berichtet werden dürfen. Die Opfer von KESB-Massnahmen haben meist nur die Möglichkeit, sich über die Presse zu wehren. Mit der Klage gegen die ON soll ihr ein Maulkorb verpasst werden, und das ausgerechnet dort, wo die Schwächsten der Staatsmacht teils wehrlos ausgeliefert sind.

(Von Bruno Hug, Verleger Obersee Nachrichten)

Amtsgeheimnis

Der Stadtrat begründet seine Attacke gegen die KESB-Kritik auch damit, die ON würden das dem KESB-Präsident auferlegte Amtsgeheimnis nicht respektieren. Dazu Folgendes: Nach dem ON Interview mit Marco H. übergab Dr. Walter Grob dem «Blick» einen ganzen Ausschnitt aus einem Gerichtsurteil und stellte damit Marcos Mutter öffentlich an den Pranger. Der HSG-Rechtsprofessor Thomas Geiser spricht in der Zürichsee-Zeitung von «Persönlichkeits-» und «Geheimhaltungs-Verletzung».


Obersee Nachrichten.ch


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Veröffentlicht unter Allgemein, Finanzen, Gesetz, KESB - Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden, Politik, Staat, Widerstand