Volk könnte bei der Papi-Zeit das letzte Wort haben

Über 1000 Personen haben innert 24 Stunden eine Petition für den Vaterschaftsurlaub unterschrieben. Die Befürworter liebäugeln mit einer Volksinitiative.

Die Reaktion der Gewerkschaften auf den Entscheid der ständerätlichen Sozialkommission war scharf: Kaum hatte sich diese am Mittwoch gegen den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub ausgesprochen, geisselte Travail.Suisse den Entscheid als «kaltschnäuzig». In Bern politisiere man an den Anliegen der Bevölkerung vorbei: Laut einer repräsentativen Umfrage der Gewerkschaft sind 80 Prozent der Schweizer für die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs.

Die Befürworter wollen jetzt mithilfe des Volkes den Druck auf die Politik erhöhen. Laut der scheidenden Nationalrätin Aline Trede (Grüne) haben nach dem Entscheid der vorberatenden Kommission innert 24 Stunden über 1000 Personen eine Petition für die Elternzeit unterzeichnet. Politiker und Gewerkschaften werkeln zudem an einer Volksinitiative, um Druck auf das Parlament zu machen.

«Volk muss das Heft in die Hand nehmen»

Laut Matthias Kuert Killer, Leiter Sozialpolitik bei Travail.Suisse, dürfte man bis Ende Jahr entscheiden, ob eine Initiative lanciert wird. Zu diskutieren sein werde auch, ob man im Initiativtext über die «Minimalforderung» einer zweiwöchigen Papi-Zeit hinausgehen möchte. «Mit einer Mehrheit von FDP und SVP im Nationalrat ist das Anliegen im Parlament leider nahezu chancenlos.» Es zeichne sich ab, dass das Volk das Heft selbst in die Hand nehmen müsse.

Auch Trede sagt, dass die Chancen für den Vaterschaftsurlaub im Parlament nach dem Rechtsrutsch gesunken seien. «Früher oder später werden wir nicht um eine Initiative herumkommen, wenn wir nicht vier Jahre lang untätig warten wollen.» Die Bevölkerung sei in dieser Frage sicher moderner als das Parlament. «Ein Vater hat heute gleich viel Zeit für einen Umzug, wie wenn er Vater wird. Dies ist nicht mehr zeitgemäss.»

Kosten von 200 Millionen Franken

In der ständerätlichen Sozialkommission haben allerdings derzeit SP und CVP die Mehrheit. Trotzdem wurde die parlamentarische Initiative von CVP-Nationalrat Martin Candinas mit 8 zu 5 Stimmen abgelehnt. Hauptargument waren laut einer Mitteilung die hohen Kosten: Gemäss Berechnung der Verwaltung würde ein 14-tägiger Vaterschaftsurlaub rund 200 Millionen Franken kosten.

Die Kommission bremst auch wegen der geplanten Reform der Altersvorsorge, die der Ständerat im Herbst angenommen hat. Die Renten sollen um 70 Franken steigen und die Lohnprozente erhöht werden. Vor diesem Hintergrund seien weitere Projekte nicht finanzierbar.

Viele grössere Unternehmen offerieren ihren Mitarbeitern bereits heute auf freiwilliger Basis einen Vaterschaftsurlaub: Laut einer Aufstellung von Travail.Suisse gibt es etwa bei der Genossenschaft Mobility 20 Tage, bei der Migros 15 Tage, bei UBS und CS jeweils zehn Tage. (daw)


20 Minuten.ch


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