Forio-Angebot ohne Konkurrenz

Gemäss Ostschweizer Jugendanwaltschaften hat das Frauenfelder Forio eine starke Marktmacht. Diese erlaube es, Spezialistentarife durchzusetzen. Allerdings seien sie immer noch billiger als Heimplazierungen.

FRAUENFELD. Zum Angebot des Forensischen Instituts Ostschweiz (Forio) in Frauenfeld gibt es kaum Alternativen, sagen Ostschweizer Jugendanwälte. Das Thurgauer Obergericht hatte den Forio-Tarif von 320 Franken für eine Gruppentherapiesitzung als vierfach zu hoch beurteilt (Ausgabe vom Montag). Eltern hatten sich gegen die Kostenbeteiligung an einer Therapie gewehrt, die die Thurgauer Jugendanwaltschaft ihrem gewalttätigen Sohn verordnet hatte.

Auch die Jugendanwaltschaft Appenzell-Ausserrhoden hat schon mit dem Forio zusammengearbeitet, sagt der leitende Jugendanwalt Michael Friedli. «Es hat das einzige Angebot im Bereich der Gruppentherapie in unserer Region.» Er habe aber nur etwa alle zwei Jahre einen solchen Fall.

Überprüfung wünschbar

Friedli bestätigt, dass Gruppentherapien in gewissen Fällen wirkungsvoller als Einzeltherapien sind. «Das Ergebnis ist im Normalfall gut.» Den Tarif von 320 Franken pro Sitzung bezeichnet er als «absoluten Spezialistentarif», den man vielleicht einmal genauer anschauen müsse. «Wenn man aber dadurch eine stationäre Unterbringung vermeiden kann, haben wir alle viel gewonnen.» Vor allem bei Therapien von Sexualtätern arbeitet die St. Galler Jugendanwaltschaft mit dem Forio zusammen, sagt der stellvertretende Leiter, Giancarlo Pellizzari. «Es ist kein Massengeschäft Sonst gebe es kaum ein vergleichbares Angebot in der Region. Es müsse für einen Jugendlichen in nützlicher Frist erreichbar sein. «Das Forio hat sicher eine starke Marktmacht», sagt Pellizzari. Generell seien straffällige Jugendliche eine schwierige Klientel, die nicht einfach zu plazieren sei. Das Forio leiste auch «wertvolle Arbeit» insbesondere bei geistig behinderten Jugendlichen, die sich eine Grenzüberschreitung zuschulden kommen liessen. Auch Pellizzari findet es sinnvoll, wenn ein jugendlicher Straftäter eine ambulante Therapie absolviert: «Sonst kommt es viel teurer.»

Billiger als im Fall «Carlos»

Die Gruppentherapie beim Forio eignet sich nur für Täter, die über eine Tagesstruktur verfügen, etwa eine Schule oder eine Lehre absolvieren. Sonst müssen sie eventuell in einem Heim plaziert werden – für 400 bis 800 Franken pro Tag, oder bis zu 1400 Franken wie im vieldiskutierten Fall «Carlos».

Mit dem Forio arbeite er selten zusammen, sagt Gaius Savary, Jugendanwalt von Appenzell-Innerrhoden. «Wir haben nie eine Honorarnote gekürzt.»

(THOMAS WUNDERLIN)


Appenzellerzeitung.ch


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