Eine Rückkehr in ihre Heimat sei für viele Eritreer «zumutbar», findet das Staatssekretariat für Migration. Bis zu 3200 sollen ihre vorläufige Aufnahme verlieren.
Hunderte Eritreer mit vorläufiger Aufnahme in der Schweiz haben in diesen Tagen Post vom Bund erhalten. Der zusammengefasste Inhalt: Ihr Status wird überprüft. Die Behörden setzen damit ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts um.
Dieses war Ende August 2017 zum Schluss gekommen, dass eritreische Staatsangehörige, die ihre Dienstpflicht geleistet haben, bei der Rückkehr ins Heimatland nicht generell mit erneuter Einberufung in den Nationaldienst oder mit Bestrafung wegen Nichtleistung des Dienstes rechnen müssen. Eine Rückkehr in ihr Heimatland sei deshalb nicht generell unzumutbar.
Weil die Bundesbehörden von Gesetzes wegen alle vorläufigen Aufnahmen regelmässig überprüfen müssen, hat dieses Urteil nun auch Auswirkungen auf die Asylpraxis gegenüber Eritreerinnen und Eritreern in der Schweiz.
Jeder Fall wird individuell geprüft
Konkret überprüft das Staatssekretariat für Migration (SEM) derzeit die Dossiers von rund 3200 der insgesamt 9400 vorläufig aufgenommenen Eritreern. In den Briefen an die Betroffenen heisst es: «Das SEM beabsichtigt deshalb, Ihre vorläufige Aufnahme aufzuheben und den Vollzug der Wegweisung anzuordnen.»
SEM-Sprecher Martin Reichlin bestätigt entsprechende Informationen der Sendung «Rundschau» des Schweizer Fernsehens (SRF). Er betont, dass die betroffenen Personen die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs hätten. Jeder Fall werde individuell geprüft. «Die Schweiz schickt niemanden weg, der den Schutz der Schweiz braucht», sagt Reichlin zu 20 Minuten.
Bereits 2016 sei das SEM zum Schluss gekommen, dass die illegale Ausreise aus Eritrea alleine nicht mehr zu einer Anerkennung als Flüchtling führt. Die Situation in Eritrea sei kein genügender Grund, dass alle abgewiesenen Asylsuchenden aus Eritrea vorläufig aufgenommen werden. Man müsse aber in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, ob der Vollzug der Wegweisung angeordnet werden kann.
Kehrtwende in der Asylpolitik
Die Eritreer, die nun überprüft würden, seien von der Einschätzung des SEM und dem Urteil des BVGer vom Sommer 2017 betroffen. «Wie viele vorläufige Aufnahmen tatsächlich aufgehoben werden, ist aber noch völlig offen», sagt Reichlin.
Erhält nun ein Betroffener einen Wegweisungsbescheid, wird er aufgefordert, die Schweiz bis zu einem bestimmten Datum zu verlassen. Danach gilt er im Land als illegal. Sollte sich jemand also weigern, erhält er nur noch Nothilfe, keine Sozialhilfe mehr. Die kantonalen Ausländerbehörden können zudem Zwangsmassnahmen wie Administrationshaft anordnen. «Das liegt in der Kompetenz der Kantone», sagt Reichlin.
Noch vor drei Jahren sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga: «Es ist undenkbar, dass die Schweiz Menschen in einen Willkürstaat zurückschickt.»
«Das ist ein Paradigmenwechsel»
«Frau Sommaruga wird von der Geschichte eingeholt. Dieser Blankoscheck für die Eritreer war nicht haltbar», sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen zu der Überprüfungsaktion des SEM in der «Rundschau». «Das ist ein Paradigmenwechsel, ein Meilenstein. Bis heute hat man immer gesagt, man könne niemanden zurückschicken», begrüsst auch CVP-Präsident Gerhard Pfister die härtere Gangart gegenüber Eritreern.
Kritik hingegen kommt aus den eigenen Reihen. «Ich bin sehr erschrocken über diesen Brief und die hohe Anzahl Betroffener. Eritrea wird weiterhin diktatorisch geführt. Es gibt keine Verfassung», sagt die Aargauer SP-Nationalrätin Yvonne Feri. Der Entscheid sei für sie deshalb «nicht nachvollziehbar».
«Eher lebe ich als Illegale und schlafe am Bahnhof»
Doch eine zwangsweise Rückführung dürfte nicht so einfach gehen. Da die Schweiz kein Rückübernahmeabkommen mit dem ostafrikanischen Land hat, werden wohl die wenigsten freiwillig in ihre Heimat zurückkehren. Laut Reichlin ist jeder Staat dazu verpflichtet, Ausgewiesene zurückzunehmen. Eritrea akzeptiere Zwansgrückführungen jedoch nicht. Deshalb können Ausgewiesene nicht von Polizisten begleitet nach Eritrea gebracht werden. Auch Sonderflüge werden nicht akzeptiert. «Die Schweiz erwartet, dass Personen, die kein Recht haben, sich hier aufzuhalten, das Land wie gefordert verlassen», so Reichlin.
Eine betroffene Eritreerin sagt jedoch in der «Rundschau»: «Ich gehe sicher nicht nach Eritrea zurück. Eher lebe ich als Illegale und schlafe am Bahnhof.» Genau das ist auch die Befürchtung von Yvonne Feri. Dass viele untertauchen oder in die Nothilfe abrutschen und ohne Perspektive in der Schweiz bleiben.
(bee/vro)
Bundesverwaltungsgericht Tribunal administratif fédéral Tribunale amministrativo federale Tribunal administrativ federal
Abteilung IV
D-2311/2016
was
Urteil vom 17. August 2017
Richterin Nina Spälti Giannakitsas (Vorsitz),
Richter Walter Lang,
Richter Yanick Felley,
Besetzung
Richter Markus König,Richter Bendicht Tellenbach,
Gerichtsschreiberin Sara Steiner.
A._______, geboren am (…),
Eritrea,
Parteien vertreten durch lic. iur. Tarig Hassan LL.M.,
(…),
Beschwerdeführerin,
gegen
Staatssekretariat für Migration (SEM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Asyl und Wegweisung;
Gegenstand
Verfügung des SEM vom 14. März 2016 / N (…).Sachverhalt:
A.
Die Beschwerdeführerin verliess Eritrea eigenen Angaben zufolge im Juli 2014 und gelangte über den Sudan auf dem Luftweg in die Türkei, dann auf dem Seeweg nach Griechenland und von dort auf dem Landweg am 2. März 2015 in die Schweiz, wo sie gleichentags ein Asylgesuch stellte. Am 11. März 2015 wurde sie summarisch befragt und am 2. März 2016 einlässlich zu den Asylgründen angehört.Zur Begründung ihres Asylgesuches gab sie bei der Befragung an, seit 2004 habe sie in der Armee gedient und habe dies erduldet. Ihr Ehemann sei zirka (…) 2014 verhaftet worden, ohne dass sie wisse, in welches Gefängnis er gebracht worden sei. Deshalb habe sie das Land verlassen. Zudem sei sie auch desertiert.
An der Anhörung führte die Beschwerdeführerin nach ihrem Nationaldienst gefragt aus, sie sei 2008 unerlaubt nicht aus dem Urlaub zurückgekehrt und habe in Asmara als (…) gearbeitet. 2011 sei sie festgenommen und in ihre Militäreinheit zurückgebracht worden, wo sie mit einem achtmonatigen Kochdienst bestraft worden sei. Nach ihrer Heirat im Jahr 2013 sei sie wiederum ohne Erlaubnis nicht zum Dienst zurückgekehrt. Seither habe sie sich versteckt und aufgepasst. Auf die Frage nach ihrem Asylgrund gab die Beschwerdeführerin erstens die unendliche Dauer des Nationaldienstes in Eritrea und zweitens die Verhaftung ihres Ehemannes an. Dieser sei zirka (…) 2014 im Urlaub zu Hause festgenommen worden. Sie habe anschliessend in der Polizeistation in der Nachbarschaft nach ihm gefragt. Seither habe sie nichts mehr von ihm gehört. Danach sei sie verschiedene Male von den Behörden nach den Kontakten ihres Ehemannes befragt worden.
Zur Stützung ihrer Vorbringen reichte die Beschwerdeführerin einen Militärausweis, eine militärische Bestätigung, dass sie vom (…) 2003 bis zum (…) 2005 Dienst geleistet habe, und zwei Fotografien, welche sie in Sawa zeigten, zu den Akten.
B.
Mit Verfügung vom 14. März 2016 – eröffnet am 15. März 2016 – lehnte das SEM das Asylgesuch der Beschwerdeführerin ab und ordnete die Wegweisung sowie den Vollzug an.C.
Mit Eingabe vom 14. April 2016 erhob die Beschwerdeführerin – handelnd durch ihren Rechtsvertreter – gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung, die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und die Asylgewährung sowie eventualiter die Anordnung einer vorläufigen Aufnahme. In formeller Hinsicht ersuchte sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 110a AsylG, (SR 142.31) und um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.D.
Mit Zwischenverfügung vom 20. April 2016 stellte die Instruktionsrichterin fest, die Beschwerdeführerin könne den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten. Gleichzeitig hiess sie die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung gut, verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und setzte ihren Rechtsvertreter als amtlichen Rechtsbeistand ein.E.
In seiner Vernehmlassung vom 28. April 2016 hielt das SEM vollumfänglich an seinen Erwägungen fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.F.
Mit Replik vom 18. Mai 2016 nahm die Beschwerdeführerin zur Vernehmlassung des SEM Stellung, hielt an ihren Anträgen fest und liess eine Kostennote zu den Akten reichen.G.
Im vorliegenden Verfahren wurde in den Abteilungen IV und V des Bundesverwaltungsgerichts ein Koordinationsverfahren durchgeführt.Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser – was vorliegend nicht der Fall ist – bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).
1.2 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).
1.1 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht (Art. 108 Abs. 1 AsylG; Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 52 Abs. 1 VwVG). Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; sie ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, wonach die möglichen Rügen auf die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Missbrauch und Überschreitung des Ermessens sowie die unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts beschränkt sind (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).3.
3.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen (Art. 3 Abs. 2 AsylG).
3.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG).
4.
4.1 Zur Begründung seiner Verfügung führte das SEM aus, die Beschwerdeführerin habe im Verlauf des Verfahrens zu wesentlichen Punkten unterschiedliche Angaben gemacht. So habe sie an der Befragung ausgeführt, sie sei seit 2004 im Nationaldienst gewesen und habe keine Verfolgungen erlitten. An der Anhörung habe sie hingegen gelten gemacht, sie sei 2008 unerlaubt nicht aus dem Urlaub zurückgekehrt und habe in Asmara gearbeitet, bis sie 2011 aufgegriffen und in ihre Einheit zurückgebracht worden sei, wo sie mit Kochdienst bestraft worden sei. 2013 sei sie nach ihrer Heirat wiederum nicht zum Dienst zurückgekehrt. Diese Ungereimtheiten habe sie mit ihrer Erklärung, sie habe dies bereits an der Befragung erwähnt, nicht zu beheben vermocht. Ferner scheine es unlogisch und realitätsfremd, dass die eritreischen Behörden, insbesondere im Jahr 2014, wegen ihres Ehemannes mehrmals zu ihr gekommen seien, ohne dass sie die Gelegenheit ergriffen hätten, sie in den Nationaldienst zurückzuführen. Ihr Erklärungsversuch, die Soldaten seien von einer anderen Einheit gewesen, vermöge kaum zu überzeugen. Schliesslich würden die Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Vorbringen noch dadurch erhärtet, dass sie keine konkreten und präzisen Angaben zur
Festnahme ihres Ehemannes habe machen können, obwohl sie damals auch anwesend gewesen sei. Sie behaupte, nicht zu wissen, wer die Personen gewesen seien, die ihn mitgenommen hätten, und wie sie ausgesehen hätten. Insgesamt müsse zwar davon ausgegangen werden, dass sie im Nationaldienst gedient habe. Ihre anschliessenden Vorbringen zum Fernbleiben aus dem Nationaldienst und der Verhaftung ihres Ehemannes sowie den dadurch befürchteten Nachteilen müssten indessen als unglaubhaft angesehen werden. Ihre Asylvorbringen seien somit zumindest teilweise konstruiert und es sei nicht Aufgabe der Asylbehörden “mögliche konstruierte (…) Asylgründe von anderen zu identifizieren”, zumal die asylsuchende Person die Pflicht habe, ihre Vorbringen wahrheitsgetreu und vollständig anzugeben.4.2 Die Beschwerdeführerin hielt dem entgegen, die Aussagen an der Befragung zur Verhaftung ihres Ehemannes deckten sich mit denjenigen an der Anhörung. Da diese Ereignisse sie vordergründig zur Ausreise bewogen hätten, vermöge es nicht zu erstaunen, dass sie sich an der summarischen Befragung auf diese beschränkt und erst an der Anhörung Ausführungen zur Desertion gemacht habe. Die Vorinstanz habe zudem völlig unberücksichtigt gelassen, dass sie schon an der Befragung angegeben habe, desertiert zu sein. Dem Argument des SEM, die eritreischen Behörden hätten sich unlogisch verhalten, sei entgegenzuhalten, dass die Zugehörigkeit der Soldaten zu einer anderen Einheit sehr wohl relevant sei. Zudem habe sie sich versteckt aufgehalten und sei darauf bedacht gewesen, dass sie nicht erneut festgenommen und in den Dienst zurückgebracht werde. Auch der Umstand, dass ihr Ehemann in einer anderen Region stationiert gewesen sei, lasse darauf schliessen, dass die zuständigen Soldaten weitgehend unabhängig voneinander agierten. Weiter habe sie die Festnahme wenn auch knapp so doch anschaulich und nachvollziehbar geschildert. Es sei Nacht gewesen und sie seien von den Soldaten geweckt worden. Vor dem Hintergrund der plötzlichen und unerwarteten
Inhaftierung des Ehemannes sei es auch wahrscheinlich, dass sie sich nicht an die beiden Personen erinnern könne, da sie schockiert gewesen sei. Sie habe die direkte Rede verwendet und von sich aus über Gefühle gesprochen, was als Realkennzeichen zu qualifizieren sei. Auch scheine plausibel und nachvollziehbar, dass sie im Nachhinein viel geweint und mit ihrem Vater darüber gesprochen habe. So habe sie nicht gewusst, weshalb man ihren Ehemann verhaftet habe, und habe bei der Polizeistation keine Informationen erhalten, was sie in eine schwierige Situation gebracht habe. Ihre womöglich etwas nüchtern erscheinenden Ausführungen liessen sich auch durch den Umstand erklären, dass seit der Verhaftung zwei Jahre vergangen seien und sie inzwischen die Reise nach Europa habe bewältigen müssen. Als Deserteurin würde sie bei einer Rückkehr willkürlich und brutal bestraft. Ferner wäre sie der Gefahr von sexuellen Übergriffen im Nationaldienst ausgesetzt.4.3 In seiner Vernehmlassung wies das SEM noch einmal darauf hin, es sei nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin ihre Vorbringen, insbesondere die zum Nationaldienst, im geschilderten Kontext erlebt habe.
4.4 In ihrer Replik hielt die Beschwerdeführerin fest, im angefochtenen Entscheid werde davon ausgegangen, dass sie die militärische Grundausbildung absolviert habe. Dies sei insbesondere mittels eines Militärausweises, einer militärischen Bescheinigung und zwei Fotografien untermauert worden. Weshalb die Vorinstanz dennoch Zweifel an der Desertion habe, sei nicht ersichtlich und werde nicht begründet. Sie habe ihre Tätigkeit im Rahmen des Nationaldienstes, obwohl dieser bereits fünf Jahre zurückgelegen habe, glaubhaft und widerspruchsfrei dargelegt.
5.
5.1 Glaubhaftmachen im Sinne des Art. 7 Abs. 2 AsylG bedeutet im Gegensatz zum strikten Beweis ein reduziertes Beweismass und lässt durchaus Raum für gewisse Einwände und Zweifel an den Vorbringen der Gesuchstellerin. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der gesuchstellerischen Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist auf eine objektivierte Sichtweise abzustellen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Glaubhaftigkeit eines Verfolgungsschicksals ist eine die eigenen Erlebnisse betreffende, substanziierte, im Wesentlichen widerspruchsfreie und konkrete Schilderung der dargelegten Vorkommnisse. Die wahrheitsgemässe Schilderung einer tatsächlich erlittenen Verfolgung ist gekennzeichnet durch Korrektheit, Originalität, hinreichende Präzision und innere Übereinstimmung. Unglaubhaft wird eine Schilderung von Erlebnissen insbesondere bei wechselnden, widersprüchlichen, gesteigerten oder nachgeschobenen Vorbringen. Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit geht es um eine Gesamtbeurteilung aller Elemente (Übereinstimmung bezüglich des wesentlichen Sachverhaltes, Substanziiertheit und Plausibilität der Angaben, persönliche Glaubwürdigkeit usw.), die für oder gegen die Gesuchstellerin sprechen.
Glaubhaft ist eine Sachverhaltsdarstellung, wenn die positiven Elemente überwiegen. Für die Glaubhaftmachung reicht es demnach nicht aus, wenn der Inhalt der Vorbringen zwar möglich ist, aber in Würdigung der gesamten Aspekte wesentliche und überwiegende Umstände gegen die vorgebrachte Sachverhaltsdarstellung sprechen (vgl. BVGE 2015/3 E. 6.5.1; 2013/11 E. 5.1; 2012/5 E. 2.2; 2010/57 E. 2.3).5.2 In diesem Sinne hat die Vorinstanz die Vorbringen der Beschwerdeführerin in der angefochtenen Verfügung mit ausführlicher und überzeugender Begründung als unglaubhaft qualifiziert. Insbesondere gilt es darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin an der Befragung zu ihren Asylgründen lediglich angab, sie habe in der Armee gedient und das Land verlassen, weil ihr Ehemann verhaftet worden sei. Die Frage, ob sie im Rahmen ihres Armeedienstes Verfolgungen erlitten oder mit den eritreischen Behörden Probleme gehabt habe, verneinte sie anschliessend explizit (vgl. Akten des SEM A3 S. 8 f.). Zwar erwähnte sie auf die Frage nach weiteren Gründen, die gegen eine Rückkehr nach Eritrea sprächen, neben der Verhaftung ihres Ehemannes am Rand, sie habe auch desertiert, machte hierzu aber keinerlei weiteren Angaben (vgl. A3 S. 9). Überdies sagte sie, nach ihren beruflichen Tätigkeiten befragt, sie habe von 2004 bis 2013 immer in der Armee gedient, auch wenn sie im Privatbereich gearbeitet habe (vgl. A3 S. 4). Diese Aussagen an der Befragung stehen in klarem Widerspruch zu den Aussagen der Beschwerdeführerin an der Anhörung. Dort gab sie an, sie sei 2008 unerlaubt nicht in den Dienst zurückgekehrt und 2011 aufgegriffen, zu ihrer Einheit
zurückgebracht und bestraft worden, sowie 2013 nach ihrer Hochzeit wiederum unerlaubt nicht eingerückt. Der Hinweis in der Beschwerde auf den summarischen Charakter der Erstbefragung vermag hier nicht zu verfangen. So wäre im eritreischen Kontext zu erwarten gewesen, dass die Beschwerdeführerin an der Befragung schon nähere Angaben zu einer Desertion gemacht und diese nicht nur zum Schluss am Rande erwähnt hätte. Überdies gilt es darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin ihr Fernbleiben von der Armee nur zu Beginn der Anhörung im Zusammenhang mit ihrem Werdegang nicht aber bei der Asylbegründung erwähnte, wo sie neben der Verhaftung ihres Ehemannes lediglich auf die lange Dienstdauer hinwies, sodass nicht davon auszugehen ist, der Nationaldienst sei für sie ausreiserelevant gewesen. Ebenfalls schwer ins Gewicht fällt der Einwand der Vorinstanz, wonach es nicht nachvollziehbar sei, dass die Soldaten, die ihren Ehemann gesucht hätten, die Beschwerdeführerin nicht wieder ihrer Einheit zugeführt hätten. Der Einwand, sie habe sich versteckt aufgehalten und sei darauf bedacht gewesen, dass sie nicht erneut festgenommen und in den Dienst zurückgebracht werde, vermag hier nicht zu überzeugen, zumal sie sich den Befragungen offenbar
gestellt und sich eben gerade nicht versteckt hat. Dass die Soldaten von einer anderen Einheit gewesen seien und unabhängig agiert hätten, vermag angesichts des strengen Umgangs der eritreischen Armee mit Deserteuren ebenfalls in keiner Weise zu überzeugen. Schliesslich sind auch die Ausführungen der Vorinstanz zur Unsubstanziiertheit der Aussagen der Beschwerdeführerin zur Verhaftung ihres Ehemannes überzeugend ausgefallen. Die diesbezüglichen Aussagen der Beschwerdeführerin sind sehr allgemein gehalten und es entsteht nicht der Eindruck, sie habe die Ereignisse selber erlebt. So vermochte sie ihre Gefühle während und unmittelbar nach der Verhaftung eben gerade nicht zu beschreiben und führte lediglich plakativ aus, sie habe viel geweint und mit ihrem Vater darüber gesprochen (vgl. A11 F84). Auch dass sie die Soldaten überhaupt nicht beschreiben konnte, spricht gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen. Der Einwand, sie sei ob der unerwarteten Verhaftung schockiert gewesen, vermag daran nichts zu ändern. Die Unsubstanziiertheit lässt sich schliesslich auch nicht durch den langen Zeitablauf seit der Verhaftung erklären, zumal es sich dabei um ein sehr einschneidendes Erlebnis im Leben der Beschwerdeführerin gehandelt haben dürfte,
das sie auch lange Zeit danach noch beschreiben können müsste. Der Einwand in der Beschwerde, sie habe die Verhaftung ihres Ehemannes an der Befragung und der Anhörung widerspruchsfrei beschrieben, geht ins Leere, zumal das SEM diesbezüglich gar keine Widersprüche erwähnte. Bestätigt werden die Zweifel an den Vorbringen der Beschwerdeführerin dadurch, dass sie das Land erst zirka (…) Monate nach der angeblichen Verhaftung ihres Ehemannes verliess, ohne dass es hierfür einen erkennbaren Auslöser gegeben hat. So gab sie diesbezüglich an der Anhörung einzig an, die Befragungen seien ihr einfach zu viel geworden (vgl. A11 F96).5.3 Nach dem Gesagten ist insgesamt davon auszugehen, dass die Vorbringen der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Desertion und die Verhaftung ihres Ehemannes unglaubhaft sind. Keine Zweifel entstehen hingegen in Bezug auf die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in Eritrea Nationaldienst geleistet hat. Dies wird durch verschiedene Beweismittel und ihre diesbezüglichen Aussagen belegt. Allerdings ist im Sinne der nachfolgenden Erwägungen davon auszugehen, dass sie nach ihrer Heirat im 2013 aus dem Dienst entlassen wurde und diesem nicht ohne Erlaubnis ferngeblieben ist.
6.
Weiter ist auf die Frage einzugehen, ob die Beschwerdeführerin infolge illegaler Ausreise aus Eritrea die Flüchtlingseigenschaft erfüllt.6.1 Wer sich darauf beruft, dass durch sein Verhalten nach der Ausreise aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat – etwa durch ein illegales Verlassen des Landes – eine Gefährdungssituation erst geschaffen worden ist, macht sogenannte subjektive Nachfluchtgründe im Sinne von Art. 54 AsylG geltend. Subjektive Nachfluchtgründe begründen zwar die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG, führen jedoch gemäss Art. 54 AsylG zum Ausschluss des Asyls, unabhängig davon, ob sie missbräuchlich oder nicht missbräuchlich gesetzt wurden. Stattdessen werden Personen, welche subjektive Nachfluchtgründe nachweisen oder glaubhaft machen können, als Flüchtlinge vorläufig aufgenommen (vgl. BVGE 2009/28 E. 7.1).
6.2 Die am 1. Februar 2014 in Kraft getretene Bestimmung von Art. 3 Abs. 4 AsylG hält zwar fest, dass Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden und weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind, nicht als Flüchtlinge gelten können; diese einschränkende Feststellung wurde vom Gesetzgeber allerdings durch den ausdrücklichen Hinweis auf den Vorbehalt der Geltung der Flüchtlingskonvention relativiert (vgl. Art. 3 Abs. 4 in fine AsylG).
6.3 Im Urteil D-7898/2015 vom 30. Januar 2017 (als Referenzurteil publiziert) gelangte das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass die bisherige Praxis, wonach eine illegale Ausreise per se zur Flüchtlingseigenschaft führt, nicht mehr aufrechterhalten werden kann. So sei bereits fraglich, inwiefern die Strafbestimmungen der illegalen Ausreise überhaupt noch zur Anwendung gelangten, zumal – wohl auch durch den massiven “Braindrain”, mit welchem sich Eritrea derzeit konfrontiert sehe – ein gewisses Umdenken der Behörden stattgefunden zu haben scheine und gegen Rückkehrer und Rückkehrerinnen nicht mehr rigoros vorgegangen werde. Unbestritten und auch von regimekritischen Quellen bestätigt sei zudem, dass Personen aus der Diaspora in nicht unerheblichem Ausmass (für kurze Aufenthalte) relativ problemlos nach Eritrea zurückkehren könnten. Es sei ferner anzunehmen, dass sich unter diesen Personen auch solche befänden, welche Eritrea illegal verlassen hätten. Vor diesem Hintergrund lasse sich die Annahme, dass sich Eritreer aufgrund der unerlaubten Ausreise mit Sanktionen ihres Heimatstaates konfrontiert sehen, die bezüglich ihrer Intensität und der politischen Motivation des Staates ernsthafte Nachteile gemäss Art. 3 Abs. 2 AsylG
darstellen würden, nicht mehr aufrechterhalten. Insbesondere fehle es an einem politischen Motiv, zumal bei einer problemlosen Rückkehr, sei es auch nur für einen kurzen Aufenthalt, nicht davon gesprochen werden könne, illegal ausgereiste Personen würden generell als Verräter betrachtet. Dafür spreche auch, dass illegal ausgereiste Personen nach einer gewissen Zeit den Diaspora-Status erhielten, welcher eine gefahrlose (vorübergehende) Rückkehr ermögliche. Ferner sei zu beachten, dass eine etwaige Bestrafung aufgrund des Umstandes, dass der Status mit den eritreischen Behörden vor der Rückkehr nicht geregelt worden sei, insbesondere die 2%-Steuer nicht entrichtet worden sei, nicht auf ein asylrelevantes Motiv (Politmalus) zurückgehen würde. Somit sei auch der Einwand verfehlt, eine kurze Rückkehr könne nicht mit einer permanenten Rückkehr gleichgesetzt werden, zumal die Grundannahme, dass illegal ausgereiste Personen nicht allein aufgrund der Ausreise als Verräter betrachtet und aus asylrelevanten Motiven einer harten Bestrafung zugeführt würden, dieselbe bleibe. Ebenfalls nicht asylrelevant sei die Möglichkeit einer Einziehung in den Nationaldienst nach der Rückkehr, da es sich dabei ebenfalls nicht um eine Massnahme handle, die
aus asylrechtlich relevanten Motiven erfolge. Ob eine drohende Einziehung in den Nationaldienst unter dem Aspekt von Art. 3 EMRK oder des Verbots der Sklaverei und der Zwangsarbeit gemäss Art. 4 EMRK relevant sein könne, betreffe jedoch die Frage der Zulässigkeit beziehungsweise Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs. Ein erhebliches Risiko einer Bestrafung bei einer Rückkehr gestützt auf asylrelevante Motive sei nur dann anzunehmen, wenn nebst der illegalen Ausreise weitere Faktoren hinzuträten, welche die asylsuchende Person in den Augen der eritreischen Behörden als missliebige Person erscheinen liessen (vgl. Referenzurteil des Bundesverwaltungsgericht D-7898/2015 vom 30. Januar 2017, E. 5.1).6.4 Das Vorliegen solcher zusätzlicher Faktoren ist im Falle der Beschwerdeführerin zu verneinen. Sie hat in Eritrea Nationaldienst geleistet und es ist, wie erwähnt, davon auszugehen, dass sie nach ihrer Heirat im Jahr 2013 aus dem Dienst entlassen wurde und diesem nicht ohne Erlaubnis ferngeblieben ist, so dass sie nicht als Deserteurin oder Refraktärin gelten kann. Andere Anknüpfungspunkte, welche sie in den Augen des eritreischen Regimes als missliebige Person erscheinen lassen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Somit bleibt festzuhalten, dass die illegale Ausreise allein keine Furcht vor einer zukünftigen asylrelevanten Verfolgung zu begründen vermag. Die Frage der Glaubhaftigkeit der illegalen Ausreise kann daher mangels Asylrelevanz offenbleiben.
6.5 Nach dem Gesagten ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt. Das SEM hat deshalb ihr Asylgesuch zu Recht abgelehnt.
7.
7.1 Lehnt das Staatssekretariat das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG).
7.2 Die Beschwerdeführerin verfügt weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet (Art. 44 AsylG; vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.).
8.
8.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das Staatssekretariat das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AuG [SR 142.20]).
8.2 Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2014/26 E. 7.7.4 und 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
8.3 Bei der Prüfung des Vorliegens von Wegweisungsvollzugshindernissen kommen ausschliesslich Bestimmungen des Ausländergesetzes zur Anwendung, weshalb sich die Kognition der Beschwerdeinstanz entsprechend der Bestimmungen dieses Gesetzes bestimmt. Gemäss Art. 112 Abs. 1 AuG i.V.m. Art. 49 VwVG umfassen die zulässigen Rügen die Verletzung des Bundesrechts, die unrichtige und unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie die Unangemessenheit (vgl. dazu ausführlich BVGE 2014/26 E. 5).
9.
Im Juni 2016 passte das SEM insbesondere gestützt auf den am 22. Juni 2016 publizierten Eritrea-Bericht seine Praxis zu Eritrea an. Bis dahin wurde in Fällen der illegalen Ausreise aus Eritrea von einer drohenden flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung seitens der eritreischen Regierung ausgegangen. Da die legale Ausreise aus Eritrea schon seit Jahren nur sehr restriktiv möglich ist und Asylsuchende damit in der Regel vorgängig illegal aus ihrem Heimatstaat ausgereist waren, führte diese Praxis dazu, dass der Vollzug der Wegweisung nur sehr selten Prozessgegenstand war. Gemäss geänderter Praxis des SEM – die vom Bundesverwaltungsgericht, wie vorausgehend festgehalten, geschützt wurde (vgl. E. 6) – müssen eritreische Personen alleine aufgrund ihrer illegalen Ausreise nicht mehr mit einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung rechnen. Gewisse (nicht asylrechtlich relevante) Nachteile von Seiten des eritreischen Staates sind jedoch gerade auch im Zusammenhang mit der Dienstpflicht nicht auszuschliessen (vgl. auch Urteil D-7898/2015 vom 30. Januar 2017, E. 5.1). Im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit und Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs nach Eritrea stellen sich demnach verschiedene Fragen, auf die nachfolgend näher
einzugehen ist. Eine eingehende Prüfung der aktuellen Lage drängt sich sodann auch insofern auf, als die letzte Lageanalyse in Bezug auf den Wegweisungsvollzug einige Jahre zurückliegt.10.
10.1 Eritrea ist quellentechnisch eine Herausforderung: Es existieren nur wenige verlässliche Primärquellen und nur wenige überprüfbare Informationen, die auf in Eritrea erhobenen empirischen Daten beruhen. Zahlreiche Informationen von Quellen ausserhalb Eritreas sind Meinungen, Annahmen, Spekulationen und Schätzungen ohne empirische Datenbasis. Die verfügbaren Informationen sind oft wenig spezifisch, nicht aktuell, widersprüchlich und nicht verifizierbar. Sie beruhen teilweise auf unbekannten Quellen, was Quellenkritik und Quellenvalidierung verunmöglicht. Methodisch problematisch ist zudem, dass es nur wenige Primärquellen über Eritrea gibt und sich manche Organisationen in ihren Berichten über Eritrea gegenseitig zitieren und Quellen verwenden, ohne diese zu referenzieren. So kann der täuschende Eindruck einer breiten Quellenbasis für bestimmte Informationen entstehen, auch wenn die tatsächliche Quellenlage sehr dünn ist (Problematik der gegenseitigen Zitierung, “round-tripping” genannt).
Diese Situation ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass innerhalb des Einparteienstaates seit 2001 keine nichtstaatlichen Medien und keine kritischen Stimmen mehr existieren. Die eritreische Verwaltung (zivil und militärisch) verhält sich zudem weitgehend intransparent und Änderungen der behördlichen Praxis werden kaum je öffentlich kommuniziert. Die Schweiz hat keine Botschaft in Eritrea und von den westlichen Staaten verfügen derzeit die USA, Italien, Frankreich, Deutschland, Grossbritannien, eine Delegation der EU und Israel über Botschaften vor Ort. Die jeweiligen Mitarbeitenden sind allerdings in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Internationale Menschenrechtsorganisationen haben keinen Zugang zum Land und auch dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) wird der Zugang zu den Gefängnissen grundsätzlich verwehrt. Die Mehrheit der Informationen in Berichten von Menschenrechtsorganisationen stützt sich daher auf Quellen ausserhalb Eritreas, hauptsächlich auf Aussagen von eritreischen Flüchtlingen und Asylsuchenden. Wissenschaftliche Forschungen über soziale und politische Themen mit Datenerhebungen in Eritrea liegen Jahre zurück und sind heute praktisch unmöglich. Seit 2013 reisen jedoch vermehrt
ausländische Medienschaffende nach Eritrea und erhalten hierfür offizielle Einreisevisa. In letzter Zeit führten zudem mehrere europäische Migrationsbehörden, unter anderem das SEM, Fact-Finding-Missions nach Eritrea durch (vgl. zum Ganzen Referenzurteil des Bundesverwaltungsgericht D-7898/2015 vom 30. Januar 2017, E. 4.6).10.2 Für die vorliegende Analyse wurden folgende Quellen verwendet (alphabetisch geordnet):
– Abbink, Jon et. al. (eds.), Africa Yearbook. Politics, Economy and Society South of the Sahara in 2015. Volume 12, 2016 (zit: Abbink, Yearbook)
– Amnesty International (AI), Just Deserters: Why Indefinite National Service in Eritrea Has Created a Generation of Refugees, Dezember 2015 (zit: AI, Just Deserters)
– Dieselbe, Annual Report 2015/16 – Eritrea, 24. Februar 2016 (zit: AI, Annual Report)
– The Africa Report, Mining: Eritrea digs deep for jobs, 31. März 2016 (zit: Africa Report, Mining)
– Derselbe, Eritrea Country Profile 2015: A pretence of progress, 20. November 2015 (zit: Africa Report, Country Profile)
– Bertelsmann Stiftung BTI 2016 – Eritrea Country Report. Gütersloh: Bertelsmann, 2016, 29. Februar 2016 (zit: BTI 2016)
– British Broadcasting Corporation (BBC), Has Eritrea’s self-reliant economy run out of puff?, 14. Juli 2016 (zit: BBC, Economy)
– Dasselbe, Has Eritrea’s migration problem been exaggerated?, 8. Juni 2016 (zit: BBC, Migration)
– Connell, Dan et Killion, Tom, Historical Dictionary of Eritrea, 2011 (zit: Connell, Historical Dictionary)
– Danish Immigration Service, Eritrea – Drivers and Root Causes of Emigration, National Service and the Possibility of Return, Appendix Edition, Dezember 2014 (zit: Report from the Danish Immigration Service)
– Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen, EASO-Bericht über Herkunftsländer-Informationen, Länderfokus Eritrea, Mai 2015 (verfasst durch das SEM), (zit.: EASO-Bericht)
– Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Auf gepackten Koffern, 21. März 2017
– Human Rights Watch (HRW), Service for Life – State Repression and Indefinite Conscription in Eritrea, 16. April 2009 (zit: HRW, Service for Life)
– Diesselbe, World Report 2016 – Eritrea, Januar 2016 (zit: HRW, World Report)
– International Crisis Group (ICG), Eritrea: Ending the Exodus?, 8. August 2014 (zit.: ICG, Exodus)
– Dieselbe, Ethiopia and Eritrea: War or Peace?, 24. September 2003
– Kaplan, Seth, Eritrea’s Economy: Ideology and Opportunity, Dezember 2016 (zit: Kaplan)
– Kibreab, Gaim, Forced labour in Eritrea. Journal of Modern African Studies, 47(1) (2009), S. 41-72 (zit: Kibreab, Forced Labour)
– Landinfo (Country of Origin Information Centre der norwegischen Migrationsbehörden), Report Eritrea: National Service, 20. Mai 2016 (zit.: Landinfo, National Service)
– Le Monde Diplomatique, Das System Eritrea, 12. November 2015 (zit: Monde Diplomatique)
– Ministry of Health, Eritrea, Health Millennium Development Goals Report, Innovations Driving Health MDGs in Eritrea, September 2014 (Abriged Version)
– Reuters, Crises give Eritrea routes for closer global engagement, 29. Februar 2016 (zit: Reuters, Crises)
– Dasselbe, Eritrea looks to build mining sector to kick-start economy, 26. Februar 2016 (zit: Reuters, Mining)
– Dasselbe, Eritrea won’t shorten national service despite migration fears, 25. Februar 2016
– SEM, Fokus Eritrea, Update Nationaldienst und illegale Ausreise, 22. Juni 2016 (zit.: SEM, Fokus Eritrea)
– Stauffer, Hans-Ulrich, Eritrea – der zweite Blick, 1. Auflage, Februar 2017
– United Kingdom Home Office, Country Information and Guidance – Eritrea: National (incl. Military) Service, Version 3.0, August 2016 (zit: UK Home Office, National Service, August 2016)
– Dasselbe, Country Information and Guidance – Eritrea: National (incl. Military) Service, Version 4.0e, Oktober 2016 (zit: UK Home Office, National Service)
– Dasselbe, Report of a Home Office Fact-Finding Mission, Eritrea: Illegal Exit and National Service, Conducted 7 – 20 February 2016 (zit. UK Home Office, Fact-Finding-Mission)
– United Nations Human Rights Council (HRC), Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in Eritrea, Sheila B. Keetharuth (A/HRC/35/39), 7. Juni 2017
– Derselbe, Detailed Findings of the Commission of Inquiry on Human Rights in Eritrea (A/HRC/32/CRP.1), 8. Juni 2016 (zit.: HRC, Findings)
– Derselbe, Report of the Detailed Findings of the Commission of Inquiry on Human Rights in Eritrea (A/HRC/29/CRP.1), 5. Juni 2015 (zit.: HRC, Report)
– United States Department of State (USDOS), Country Report on Human Rights Practices for 2015 – Eritrea, 13. April 2016 (zit.: USDOS, Country Report 2015)
– Dasselbe, International Religious Freedom Report for 2015: Eritrea, 10. August 2016 (USDOS, Religious Freedom Report 2015)
– Welde Giorgis, Andebrhan, Eritrea at a Crossroads, 2014 (zit: Welde Giorgis)
– World Health Organisation (WHO), Country Cooperation Strategy, Eritrea, Mai 2015 (zit: WHO, Eritrea)
– Die Zeit, Wer geht als Nächster?, 11. Februar 2016 (zit: Zeit)
11.
11.1 Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AuG). So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]).
Die Vorinstanz wies in der angefochtenen Verfügung zutreffend darauf hin, dass das Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulements nur Personen schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann der in Art. 5 AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden.
11.2 Gemäss Art. 25 Abs. 3 BV, Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) und Art. 3 EMRK darf sodann niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) müsste die Beschwerdeführerin eine konkrete Gefahr (“real risk”) nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihr im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde.
12.
Die Frage einer Verletzung von Art. 3 EMRK stellt sich zunächst insbesondere im Zusammenhang mit dem eritreischen Nationaldienst, weshalb diese Dienstpflicht in Eritrea vorab näher zu beleuchten ist.12.1 Es ist zwischen dem militärischen National Service (Nationaldienst in militärischen Einheiten) und dem National Service in zivilen Einheiten (der Einfachheit halber nachfolgend als ziviler Nationaldienst bezeichnet) zu unterscheiden. Diese beiden Zweige, die beide dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind aufgrund des Ziels entstanden, das Land nach dem Unabhängigkeitskrieg nicht nur zu verteidigen, sondern auch wieder aufzubauen und um die Entwicklung einer nationalen Identität zu fördern (vgl. Art. 5 der Proclamation No. 82/1995 on National Service vom 23. Oktober 1995 [publiziert in Eritrean Gazette, http://www.refworld.org/docid/3dd8d3af4.html, abgerufen am 06.07.2017; fortan: Nationaldienst-Proklamation] und Kibreab, Gaim, The national service/Warsai-Yikealo Development Campaign and forced migration in post-independence Eritrea, Journal of Eastern African Studies, 2013, 7(4): 630-649). In zahlreichen Quellen wird keine klare Differenzierung zwischen den beiden Dienstformen vorgenommen.
12.2 Die Rekrutierung in den Nationaldienst läuft in der Regel über das Schulwesen. Im Jahr 2003 wurde die Dauer der Secondary School um ein Jahr verlängert. Alle Schülerinnen und Schüler werden für das 12. Schuljahr dem nationalen militärischen Ausbildungszentrum in Sawa zugeteilt, wo sie zwischen einigen Wochen und sechs Monaten (vgl. UK Home Office, Fact-Finding-Mission, Rz 9.9; Landinfo, National Service, S. 12) militärisches Training erhalten, ihre schulische Ausbildung beenden und ihr Abschlussexamen ablegen (vgl. HRC, Report, S. 341; AI, Just Deserters, S. 19-23; EASO-Bericht, S. 34 m.w.H.). Die besten Absolventen und Absolventinnen der Secondary School erhalten Zugang zu einem der Colleges; sie können aber nicht auswählen, zu welchem. Nach zwei- oder vierjähriger Ausbildung an den Colleges werden sie zumeist dem zivilen Natio-naldienst zugeteilt (vgl. Landinfo, National Service, S. 13; HRC, Report, S. 390 ff., UK Homeoffice, Fact-Finding-Mission, Rz 9.11). Schülerinnen und Schülern mit tieferen Noten wird innerhalb und ausserhalb von Sawa ein Berufstraining in den Bereichen Konstruktion, Management, Technologie und Landwirtschaft angeboten. Nach dessen Abschluss werden sie in den militärischen oder den zivilen
Nationaldienst einberufen (vgl. HRC, Report, S. 394; Landinfo, National Service, S. 13). Die Fakten- und Quellenlage in Bezug auf den Anteil der Schulabgänger aus Sawa, welche den militärischen Einheiten zugeteilt werden und jene, welche den Nationaldienst im zivilen Sektor leisten (bzw. eine höhere Ausbildung absolvieren), ist sehr dünn und widersprüchlich, sodass eine generalisierende Aussage diesbezüglich nicht möglich ist (vgl. EASO-Bericht, S. 38 mit Verweis auf Kibreab G., The Open-Ended Eritrean National Service: The Driver of Forced Migration, 15.-16. Oktober 2014, S. 9; UK Homeoffice, Fact-Finding-Mission, Rz 9.12.3; United Kingdom, Upper Tribunal [Immigration and Asylum Chamber], MST and Others [national service – risk categories] Eritrea CG, [2016] UKUT 00443 [IAC], 11. Oktober 2016 [fortan UK Upper Tribunal], Ziff. 254).Wer die Secondary School nicht besucht, kann ab dem 18. Lebensjahr direkt von der Kebabi-Verwaltung zum Nationaldienst aufgeboten werden, teilweise durch mündliche Ankündigung. Auch Jugendliche, die die Schule noch besuchen, werden manchmal von der Verwaltung zum Dienst aufgeboten. Seit etwa 2001 finden zudem landesweit Razzien (sog. Giffas/ round-ups) statt, bei denen Ortschaften oder Stadtteile von der Armee abgeriegelt und Jugendliche daraufhin überprüft werden, ob sie ihre Dienstpflicht erfüllt haben. Haben sie dies nicht, besteht die Gefahr der Inhaftierung und anschliessenden militärischen Ausbildung (vgl. EASO-Bericht, S. 35; AI, Deserters, S. 23; HRW, Service for Life, S. 48 f.; Kibreab, Forced Labour). In Sawa bleibt ihnen der Zugang zum Schulunterricht verwehrt und sie erhalten nur eine militärische Ausbildung (vgl. HRC, Report, S. 370). Wann und wie oft solche Razzien heute tatsächlich noch stattfinden ist nicht bekannt, weil die diesbezügliche Quellenlage widersprüchlich ist (vgl. EASO-Bericht, S. 20).
Sowohl bei der Rekrutierung über Sawa als auch über die round-ups kommt es vor, dass Minderjährige in den Dienst eingezogen werden (vgl. etwa HRC, Report, S. 367).
12.3 Der zivile Nationaldienst umfasst etwa die Arbeit in Verwaltung, Schulen, Spitälern, Landwirtschaft, Bauunternehmen und weiteren Einrichtungen und Wirtschaftszweigen. Es gibt Berichte, wonach Nationaldienstpflichtige auch für private Zwecke von Armeekommandanten und für private Unternehmen eingesetzt würden (vgl. HRW, Service for Life, S. 54 f.; Le Monde diplomatique; HRW, World Report, S. 2; BTI 2016, S. 18, 20 und 28; Kibreab, Forced Labour). Die Dienstpflichtigen im zivilen Nationaldienst haben mehr persönliche Freiheiten (beispielsweise lange Absenzen und Nebenjobs) als jene in militärischen Einheiten (vgl. HRC Report, S. 427). Sie sind bei der Arbeit ihren zivilen Arbeitgebern unterstellt, bleiben aber einberufen und ihr Einsatz wird durch das Verteidigungsministerium koordiniert (vgl. HRC, Report, S. 417). Sie bleiben in militärischer Bereitschaft und können (wieder) in den militärischen Dienst versetzt werden (vgl. Landinfo, National Service, S. 15). Die HRC erwähnt die Androhung einer Versetzung in militärische Einheiten als mögliche Bestrafung in zivilen Einheiten (vgl. HRC, Report, S. 427). In den zivilen Dienst werden insbesondere Personen mit speziellen Fähigkeiten, höherer Ausbildung oder Privilegien eingeteilt
(vgl. Report from the Danish Immigration Service, S. 11; HRC, Report, S. 416 und 418).12.4 Der Nationaldienst wurde erstmals im Jahre 1991, zwei Jahre vor der Unabhängigkeit Eritreas, in einem nicht offiziell publizierten Dekret des Provisional Government of Eritrea (Proklamation 11/1991) statuiert. Demnach sollten alle eritreischen Staatsbürger zwischen 18 und 40 Jahren während 18 Monaten Dienst leisten. Keinen Dienst leisten mussten Personen, welche in industrieller, landwirtschaftlicher (Feldbewirtschaftung) und pastoraler (Viehzucht) Produktion tätig sind (Artikel 4), lizenzierte selbständige Händler, mit Ausnahme jener, welche in Bars, Hotels und Nightclubs arbeiten (Artikel 5), Frauen, welche angestellt sind, selbständig arbeiten (self-employed) oder ihr Leben dadurch bestreiten, dass sie andere anstellen (Artikel 6), verheiratete Frauen und unverheiratete Mütter (Artikel 7), Personen, welche in einem Haushalt die einzigen Personen mit Einkommen sind (Artikel 8), Verheiratete während der Hochzeitsfestlichkeiten (Artikel 9). Tatsächlich in die Praxis umgesetzt wurde die Proklamation 11/1991 erst im Juli 1994 mit der ersten Runde des National Service (vgl. zum Ganzen Kibreab, Gaim, Eritrea: A Dream Deferred, 2009, Seiten 234, 235, 260; Connell, Historical Dictionary, S. 393; Kibreab, Forced Labour). Am 23.
Oktober 1995 trat schliesslich die Nationaldienst-Proklamation 82/1995 in Kraft, welche die gesetzliche Grundlage für den 18 Monate dauernden Nationaldienst darstellt (vgl. dort Art. 2 Abs. 3, Art. 18 und 19). Die Proklamation 82/1995 sah weiter vor, Bürger zwischen 40 und 50 Jahren in die nationale Reserve-Armee einzuteilen (vgl. HRC, Report, S. 31).12.5 Die Dienstdauer ist gemäss der Nationaldienst-Proklamation auf eine militärische Ausbildung von sechs Monaten und zwölf Monate aktiven Dienst festgesetzt. Im Mai 2002 verlängerte die eritreische Regierung die Dienstpflicht im Rahmen der “Warsay Yikealo Development Campaign” auf unbestimmte Zeit (vgl. HRC, Report, S. 35; Landinfo, National Service,
S. 11; HRW, Service for Life, S. 43). Die nach wie vor unbestimmte Dauer des Nationaldienstes wird von Eritrea mit der “no war, no peace”-Situation und dem nicht offiziell deklarierten Ausnahmezustand begründet, da sich Äthiopien nach dem Ende des Grenzkriegs (1998-2000) weigerte, den Entscheid der unabhängigen Ethiopian-Eritrean Boundary Commission (EEBC) umzusetzen und besetztes Territorium an Eritrea zurückzugeben (vgl. ICG, Exodus, S. 3; Abbink, Yearbook, S. 302; HRC, Report, S. 46f.). Viele Angehörige des Nationaldienstes dienen jahrelang und auf unbestimmte Zeit. Laut Aussagen von eritreischen Regierungsvertretern seien aber in den letzten Jahren vermehrt Angehörige des zivilen Teils des Nationaldiensts demobilisiert oder entlassen worden. Auch internationale Vertreter in Eritrea geben an, es komme vor, dass Nationaldienst-Angehörige aus dem zivilen Teil entlassen würden. Zum militärischen Teil lägen ihnen kaum Informationen vor (vgl. SEM, Fokus Eritrea, S. 47 f.). Die Entlassung aus dem zivilen Dienst kann beim Personalbüro des Ministeriums, bei dem der Dienst geleistet wird, beantragt werden (vgl. UK Home Office, Fact-Finding-Mission, Rz 9.18.2). Das Vorgehen hierbei ist aber intransparent, inkonsistent und oft vom
direkten Vorgesetzten abhängig (vgl. HRC, Report, Rz 1252 und 1254; UK Home Office, Fact-Finding-Mission, Rz 9.18.2 und 9.18.5; Landinfo, National Service, S. 5). Entsprechend dürfte auch der Erhalt von Entlassungspapieren schwierig sein (vgl. auch UK Upper Tribunal, Ziff. 303), welche offenbar in Form von gelben und weissen Karten ausgestellt werden (vgl. UK Home Office, Fact-Finding-Mission, Rz 9.18.29). Frauen werden in den letzten Jahren bei Heirat, Geburt und aus religiösen Gründen zunehmend vom Dienst befreit. Dies hat zu einem Anstieg von Heiraten in jungen Jahren geführt (vgl. Landinfo, National Service, S. 18; AI, Deserters, S. 28, UK Home Office, Fact-Finding-Mission, etwa Rz 9.18.28 S. 85). Eine Senkung des Alters, in dem Frauen keinen Dienst mehr leisten müssen, ist gemäss dem Präsidentenberater Yemane Gebreab in Diskussion (vgl. UK Home Office, Fact-Finding-Mission, Rz 9.18.19). Zudem gibt es Berichte über Entlassungen aus familiären Gründen, wenn jemand Alleinernährer einer Familie ist (vgl. UK Home Office, Fact-Finding-Mission, Rz 9.18.23 und 9.18.28). Eritreer mit Regierungsverbindungen sollen einen kürzeren Dienst, bessere Dienstbedingungen und frühere Demobilisation arrangieren können (vgl. Landinfo, National
Service, S. 25). Einige der aus dem Dienst Entlassenen konnten danach ihre Arbeit nicht frei wählen und mussten für die Regierung arbeiten, wenn auch zu einem höheren Lohn (vgl. HRW, World Report, S. 2). Zudem ist es vorgekommen, dass aus dem Dienst Entlassene wieder einberufen wurden (vgl. HRC, Report, S. 364; Landinfo, National Service, S. 15), was auch in der Nationaldienstproklamation so vorgesehen ist (Art. 23 und 28). Der UN-Menschenrechtsrat erwähnt, dass beim Entlassungsprozedere auch Korruption im Spiel sei (vgl. HRC, Findings, S. 39). Das UK Upper Tribunal weist in seinem bereits erwähnten Entscheid darauf hin, dass in Anbetracht einer Einwohnerzahl von 6.3 Millionen Menschen (gemäss anderen Quellen sind es 3.5 Millionen Einwohner) und einer Anzahl von 200’000 bis 600’000 Personen (je nach Quelle unterschiedlich), die sich tatsächlich in aktivem Dienst befänden, doch ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung keinen Dienst (mehr) leiste. Es sei deshalb wahrscheinlich, dass Dienstentlassungen alltäglich seien (vgl. UK Upper Tribunal, Ziff. 289, 300 und 306 f.). In jüngeren Berichten werden bezüglich der durchschnittlichen Dienstdauer verschiedene Zahlen genannt. So schreibt das SEM, Schätzungen gingen von durchschnittlich 5
bis 10 Jahren im zivilen Dienst aus. Zum militärischen Dienst gebe es keine zuverlässigen Angaben (vgl. SEM, Fokus Eritrea, S. 50). Der UN-Menschenrechtsrat spricht von einer Dienstdauer von oft länger als zehn Jahren (vgl. HRC, Report, Rz 1251).Für den militärischen Nationaldienst Untaugliche sind von militärischen Aufgaben befreit; sie müssen stattdessen im zivilen Bereich Dienst leisten (Art. 13 Nationaldienst-Proklamation). Studenten werden temporär vom Dienst befreit (Art. 14 Nationaldienst-Proklamation). Menschen mit einer physischen Behinderung oder einer psychischen Störung können vom Dienst befreit werden (Art. 15 Nationaldienst-Proklamation). Sämtliche Freistellungen gelten nur temporär und können jederzeit aufgehoben werden. Eine Dienstbefreiung aus Gewissensgründen gibt es nicht (vgl. Kibreab, Gaim, The Open-Ended Eritrean National Service: The Driver of Forced Migration, Oktober 2014; AI, Annual Report, S. 1).
2014 und 2015 kündigten Regierungsvertreter insbesondere gegenüber Vertretern ausländischer Behörden und NGOs an, der Nationaldienst werde wieder auf 18 Monate beschränkt. Es gab aber keine offizielle Bekanntmachung dieser Änderung an die Bevölkerung (vgl. SEM, Fokus Eritrea, S. 45 f.; Landinfo, National Service, S. 10; UK Home Office, Fact-Finding-Mission, Rz 9.8.6, vgl. auch AI, Deserters, S. 7). Um Massenarbeitslosigkeit zu vermeiden, gingen die eritreischen Behörden davon aus, dass es drei bis fünf Jahre dauern werde, um die Probleme im Zusammenhang mit der Änderung der Dauer des Nationaldienstes zu lösen (vgl. Landinfo, National Service, S. 11). In Abkehr dieser Ankündigungen ist in neueren offiziellen Stellungnahmen der eritreischen Regierung keine Rede mehr von der Beschränkung des Nationaldiensts auf 18 Monate (vgl. SEM, Fokus Eritrea, S. 46; Reuters, Eritrea won’t shorten national service despite migration fears; Landinfo, National Service, S. 10 f.). Im Jahr 2015 wies Eritrea ein Angebot über 200 Millionen Euro der EU zur Erleichterung der Demobilisation mit der Begründung zurück, das würde gegen das Prinzip verstossen, dass niemand von seinen patriotischen Pflichten entbunden werden könne (vgl. The Wall Street Journal,
What It’s Like Inside Asmara, One of Africa’s Most Isolated Capitals, 20. Oktober 2015). Die Reform des Nationaldienstes wird jetzt offenbar anstatt bei der Dauer des Dienstes bei dessen Entlöhnung und der vermehrten Zuteilung in den zivilen Dienst angesetzt (vgl. SEM, Fokus Eritrea, S. 47; UK Home Office, Fact-Finding-Mission, Rz 9.8.6). Hochschulabsolventen müssen neu einen einjährigen Gemeinschaftsdienst (engl. community service) leisten, als eine Art Gegenleistung für das kostenlose Studium. Die Teilnahme am Gemeinschaftsdienst bedeute aber keine Befreiung von der Nationaldienst-Pflicht (vgl. SEM, Fokus Eritrea, S. 47). Im Jahr 2012 wurde die People’s Army geschaffen. Sie wird aus Bürgern rekrutiert, die aus dem Nationaldienst entlassen wurden oder sich im zivilen Nationaldienst befinden. Sie erhalten militärisches Training und eine Kalaschnikow und müssen öffentliche Plätze überwachen, Dienstverweigerer suchen oder in Entwicklungsprojekten mitarbeiten (vgl. HRC, Report, S. 75 ff.; AI, Just Deserters, S. 34, Landinfo, National Service, S. 25 ff.). Die People’s Army kann als eine weitere Verlängerung der Dienstpflicht qualifiziert werden (vgl. HRC, Findings, S. 22).13.
13.1 Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen gilt es zunächst die Frage zu beantworten, ob abgewiesenen eritreischen Asylsuchenden bei ihrer Rückkehr nach Eritrea grundsätzlich die Gefahr des Einzugs in den Nationaldienst drohen würde. Dies ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der vorgehend dargelegten Erkenntnisse zum eritreischen Nationaldienst jedoch zu verneinen, vielmehr gilt es zwischen verschiedenen Personengruppen zu unterscheiden.
13.2 Bei Personen, die noch keinen Dienst geleistet haben, ohne davon befreit worden zu sein, insbesondere Personen, die vor Vollendung des
18. Altersjahres aus Eritrea ausgereist sind, ist davon auszugehen, dass sie bei einer Rückkehr eingezogen würden. Das heisst, dass Asylsuchende, die im Rahmen ihrer Ausführungen glaubhaft darlegen können, dass sie vor dem dienstpflichtigen Alter ausgereist sind oder dass sie aus anderen Gründen bis zu ihrer Ausreise keine Aufforderung zur Leistung des Dienstes erhalten haben, im Falle der Rückreise verpflichtet sein dürften, den Nationaldienst zu leisten. Dabei kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sie vorgängig mit Haft dafür bestraft werden, dass sie sich nicht für den Dienst bereitgehalten haben. Die Haftbedingungen sind in Eritrea generell als prekär zu bezeichnen (vgl. E. 16.6 und HRC, Report, Rz 432 ff. und 438) und es ist zu erwarten, dass die Haftdauer aussergerichtlich und willkürlich festgelegt wird (vgl. zum Ganzen D-7898/2015, E. 5.1 und E. 4.10f. sowie dort zitierte Berichte, insbesondere HRC, Report, Rz 432-438). Allerdings ist wohl nicht von einer systematischen Inhaftierung aller Rückkehrenden auszugehen, wobei auch darauf hinzuweisen ist, dass Rückkehrende ihr Verhältnis zum eritreischen Staat oft durch die Bezahlung der 2%-Steuer und die Unterzeichnung eines Reuebriefes geregelt haben, in welchem sie
die Nicht-Absolvierung des Nationaldienstes bereuen und sich mit einer allfälligen Bestrafung einverstanden zeigen (vgl. D-7898/2015, E. 4.11 und dort zitierte Berichte; insbesondere HRC, Report, Rz 432 und 438). Die Frage ob für die beschriebenen Personengruppen angesichts der eventuell drohenden Haft und des Einzugs in den Nationaldienst die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung nach Art. 3 EMRK beziehungsweise eine Verletzung des Verbotes der Zwangsarbeit im Sinn von Art. 4 Abs. 2 EMRK besteht, wurde im Urteil des EGMR M.O. gegen die Schweiz, 41282/16 unbeantwortet gelassen. Angesichts der nachfolgenden Erwägungen kann die Frage auch vorliegend offen bleiben.13.3 Anders ist nämlich die Gefahr bei Personen einzuschätzen, die – wie die Beschwerdeführerin (vgl. nachfolgend E.14.1) – ihre Dienstpflicht bereits erfüllt haben. Aufgrund des im Zusammenhang mit der Dauer des Nationaldienstes Gesagten ist insbesondere davon auszugehen, dass entgegen anderslautender Berichte es regelmässig zu Entlassungen aus dem Dienst kommt (vgl. E. 12.5). Dies dürfte insbesondere bei verheirateten Frauen der Fall sein. Weiter wird sich bei Männern und Frauen, die erst mit Mitte 20 oder älter aus Eritrea ausgereist sind, regelmässig die Frage stellen, ob sie den Dienst bereits geleistet haben, zumal sich das Bundesverwaltungsgericht der Meinung der Vorinstanz anschliesst, dass von einer grundsätzlich möglichen Dienstentlassung nach 5 bis 10 Jahren auszugehen ist. Eine Haftstrafe wegen Nichtleistung des Dienstes haben Personen, die erst nach Dienstleistung ausgereist sind, wohl nicht zu gewärtigen. Bei Personen, die ihren Dienst bereits geleistet haben, ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie bei einer Rückkehr nach Eritrea erneut eingezogen würden. Zwar bleiben in Eritrea auch aus dem Dienst Entlassene grundsätzlich im
Reservedienst dienstpflichtig und offenbar kann es zu Wiedereinberufungen kommen, dass dies systematisch vorkommen würde, ergibt sich aber aus den Berichten nicht. Auch deuten die aktuellen Tendenzen, die eher in Richtung Beschränkung der Dienstdauer weisen, nicht darauf hin, das Risiko der Wiedereinberufung sei als hoch zu beurteilen (vgl. auch UK Upper Tribunal, Ziff. 300).13.4 Schliesslich wird zu prüfen sein, ob aus anderen Gründen nicht davon auszugehen ist, dass die wegzuweisende Person im Falle der Rückkehr in den Nationaldienst eingezogen wird. So ist darauf hinzuweisen, dass es Personengruppen gibt, die vom Nationaldienst befreit werden können. Diesbezüglich müssten sich allerdings konkrete Hinweise ergeben. Weiter können darunter auch Personen fallen, die sich bereits seit mehr als drei Jahren im Ausland aufhalten und bei denen davon auszugehen ist, dass sie ihre Situation mit dem Heimatstaat durch die Bezahlung der 2%-Steuer und die Unterzeichnung eines Reuebriefes geregelt haben (vgl. dazu E. 13.2). Da die Frage eines möglichen Diasporastatus im Rahmen der Befragungen noch nicht Verfahrensgegenstand gewesen sein dürfte, wird es sich aber in der Regel aufdrängen, den Sachverhalt diesbezüglich weiter abzuklären. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass jeder Kontakt mit den heimatlichen Behörden und offenbar bereits Geldzahlungen an Familienmitglieder im Heimatstaat voraussetzt, dass die 2%-Steuer beglichen wurde (vgl. UK Upper Tribunal, Ziff. 129). Das Department for Immigration and Nationality in Asmara stellt Rückkehrern mit dem sogenannten “Diaspora-Status” ein Dokument namens
Residence Clearance Form aus. Es ist gemäss Behördenangabe davon auszugehen, dass Inhaber dieses Dokuments von der Dienstpflicht befreit sind und Eritrea ohne Ausreisevisum wieder verlassen dürfen. Allerdings fällt dieser “Diaspora-Status” offenbar bei einem dauerhaften Aufenthalt in Eritrea nach drei Jahren wieder weg. Anschliessend sähen die Behörden die Person wieder als Einwohner Eritreas an mit den damit verbundenen Pflichten in Bezug auf Nationaldienst und Ausreisevisum (vgl. SEM, Fokus Eritrea, S. 33 f.). Während dieser drei Jahre ist aber nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass diesen Personen droht, in den Dienst eingezogen oder wegen des Nichtleistens bestraft zu werden. Wie die Situation nach Ablauf dieser drei Jahre aussieht, kann im Rahmen der Prüfung einer konkreten Gefahr von Folter oder unmenschlicher Behandlung im Falle der Rückkehr nicht berücksichtigt werden, da ein bloss hypothetisches Risiko beziehungsweise eine bloss entfernte Möglichkeit, dass sich gewisse Umstände früher oder später möglicherweise ereignen könnten, unter diesem Aspekt nicht ausschlaggebend sein kann. Die Prüfung eines “real risks” im Sinne von Art. 3 EMRK beschränkt sich praxisgemäss vielmehr auf die Frage einer
drohenden menschenrechtswidrigen Strafe oder Behandlung im Zeitpunkt der Rückkehr.14.
14.1 Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine verheiratete Frau im Alter von 31 Jahren. Aus Eritrea ausgereist ist sie im Alter von 29 Jahren. Gemäss ihren Aussagen war sie während zirka zehn Jahren im Nationaldienst und verfügt über ein militärisches Bestätigungsschreiben, wonach sie vom (…) 2003 bis zum (…) 2005 Dienst geleistet hat. Dass sie aus dem Dienst desertiert ist, erscheint, wie vorgängig ausgeführt, nicht glaubhaft. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie aufgrund ihrer Heirat 2013 regulär aus dem Dienst entlassen wurde. Nach dem Gesagten ist also nicht damit zu rechnen, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Eritrea wegen Missachtung ihrer Dienstpflicht inhaftiert oder wieder in den Nationaldienst eingezogen würde (vgl. E. 13.3).
14.2 Im vorliegenden Fall ist demnach von der Zulässigkeit des Vollzugs der Wegweisung auszugehen. Der in Art. 5 AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung findet wie bereits erwähnt im vorliegenden Verfahren keine Anwendung (E. 11.1). Auch ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin für den Fall einer Ausschaffung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Wie oben ausgeführt ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr wegen Missachtung ihrer Dienstpflicht inhaftiert oder in den Nationaldienst eingezogen würde, da sie diesen schon geleistet hat. Auch andere Gründe für eine drohende Haftstrafe sind vorliegend nicht zu erkennen (vgl. dazu auch Urteil des EGMR M.O. gegen die Schweiz, a.a.O., Ziff. 70 ff).
15.
15.1 Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AuG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
15.2 Die Grundlage der bisherigen Praxis der Asylbehörden in Bezug auf die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nach Eritrea bildete das Urteil der Asylrekurskommission vom 18. Mai 2005 (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2005 Nr. 12). Dabei erkannte diese, dass es angesichts der wirtschaftlich und gesellschaftlich prekären Gegebenheiten Eritreas begünstigender, individueller Umstände bedürfe, damit zurückkehrende Asylsuchende nicht einer existenzbedrohenden Situation im Sinne der Rechtsprechung ausgesetzt seien. Sei unter Berücksichtigung der oben dargelegten Bedingungen zu erwarten, dass die Rückkehrer aller Wahrscheinlichkeit nach dauerhaft in kompletter Armut zu leben hätten und Hunger oder gar dem Hungertod ausgesetzt wären, könne der Wegweisungsvollzug nicht als zumutbar erachtet werden. Es müsse demnach gewährleistet sein, dass zurückkehrende abgewiesene Asylsuchende in Eritrea über ein soziales oder familiäres Netz verfügten, das ihnen bei der wirtschaftlichen Reintegration behilflich sein könne, oder aus anderen Gründen davon ausgegangen werden könne, sie könnten sich innert nützlicher Frist eine ausreichende Erwerbstätigkeit beschaffen beziehungsweise in den Genuss einer
zumutbaren staatlichen oder privaten Versorgung kommen.15.3 Aufgrund dieser Ausführungen und in Anbetracht der langen Zeitdauer seit Begründung dieser Praxis ist nachfolgend der Frage nachzugehen, wie sich die Situation in Eritrea aus heutiger Sicht präsentiert. In diesem Zusammenhang ist die generelle politische und wirtschaftliche Situation zu beleuchten.
16.
16.1 In Bezug auf die nachfolgend genannten statistischen Daten gilt es erneut festzuhalten, dass viele statistische Daten aus Eritrea wenig zuverlässig sind, da sie nicht auf einer entsprechenden empirischen Datenbasis beruhen. Behörden in Eritrea sind intransparent und publizieren praktisch keine statistischen Daten (z.B. nicht einmal das jährliche staatliche Budget). Anders als in vielen anderen Staaten in Subsahara-Afrika können in Eritrea zudem nichtstaatliche Organisationen im Land selbst nicht genügend Daten für die relevanten Indikatoren erheben, um daraus allgemeingültige Statistiken zu produzieren. Die zirkulierenden Informationen sind in den meisten Fällen hochgerechnete Daten aus kleinen oder unbekannten Samples, sind Schätzungen ohne empirische Basis oder beruhen auf nicht nachvollziehbaren Daten und können deshalb nicht als verlässliches Datenmaterial gelten, um daraus allgemeingültige Aussagen zu generieren. Es ist anzunehmen, dass manche Statistiken Zahlen suggerieren, die nicht mit der Realität übereinstimmen und die nicht repräsentativ sind. Einige Quellen geben denn auch an, dass keine Daten existieren (vgl. zum Beispiel UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs [OCHA], Eastern Africa: Regional
Humanitarian Snapshot [as of 21 February 2017], 21. Januar 2017). Dies gilt in Eritrea in besonderem Masse (vgl. zum Ganzen Morten Jerven [Simon Fraser University], Poor Numbers. How we are misled by African Development Statistics and what to do about it, 2013; Hauge, Jostein, Eritrea: What We [Don’t] Know About Eritrea’s Economy, 14. April 2014). Das aktuellste Dokument, das auf einer umfassenden Datenerhebung in Eritrea beruht – der Eritrea Population and Health Survey 2010 (EPHS 2010) – stammt aus dem Jahre 2010. Die Daten wurden vom eritreischen National Statistics Office (NSO) in Zusammenarbeit mit dem Ministry of Health (mit finanzieller Unterstützung Norwegens und diverser UN-Organisationen sowie technischer Unterstützung durch das norwegische FAFO und das kenianische KEMRI) erhoben (vgl. National Statistics Office [Eritrea], Eritrea Population and Health Survey 2010, August 2013).16.2 Die Einwohnerzahl Eritreas wird auf 3.6 bis 6 Millionen geschätzt. Die Bevölkerung besteht zirka zur Hälfte aus Christen, welche mehrheitlich im Hochland wohnen, und zur andern Hälfte aus Muslimen, welche mehrheitlich an der Küste zum Roten Meer sowie im westlichen und östlichen Tiefland leben (vgl. Reuters, Crises; USDOS, Religious Freedom Report 2015, S. 2). Als die heutige Regierung vor 25 Jahren an die Macht kam, erbte sie die aus einem 30-jährigen Befreiungskrieg resultierenden strukturellen Schwierigkeiten, wie schwache Infrastruktur, weitverbreitete Armut und Analphabetismus (vgl. BTI 2016 S. 25). Nach ihrem militärischen Sieg wollte die Führung der Eritrean People’s Liberation Front (EPLF) ein neues, modernes Eritrea aufbauen. Das Modell für die neue Nation war die EPLF selbst (vgl. Connell, Historical Dictionary, S. 15). Zwischen der Unabhängigkeit Eritreas und dem Ausbruch des Grenzkriegs mit Äthiopien waren die bilateralen Beziehungen zwischen den zwei Nachbarländern normal. Äthiopien wickelte seine Importe über den eritreischen Hafen Assab ab und es gab Handel, der vor allem für die Versorgung von Eritrea wichtig war, weil das Land viele Nahrungsmittel aus Äthiopien importierte. In Eritrea kam es zunächst zu einer
Liberalisierung und Demokratisierung. Dies endete mit Ausbruch des äthiopisch-eritreischen Grenzkrieges (1998-2000) (vgl. ICG, Ethiopia and Eritrea: War or Peace?, 24. September 2003, S. 1 und 3; Tesfagiorgis, Mussie G., Eritrea, 2010. Seiten 88 f.; Kaplan; BTI 2016 S. 25). Die mutmassliche Unterstützung von militanten Gruppierungen durch Eritrea vor allem in Somalia führte 2009 zu Sanktionen der Vereinten Nationen, welche 2011 verschärft und bis heute nicht aufgehoben wurden, obwohl nicht nachgewiesen werden konnte, dass Eritrea Unterstützung für die Shabab-Milizen geleistet hat (vgl. Abbink, Yearbook, S. 301).16.3 Das Bundesverwaltungsgericht beschäftigte sich im Referenzurteil
D-7898/2015 mit dem Staats- und Justizapparat Eritreas. Dabei hielt es fest, Eritrea verfüge zwar über eine im Jahr 1997 ratifizierte Verfassung, die unter anderem Gewaltenteilung, Demokratie und freie Wahlen vorsehe. Deren Umsetzung habe bis anhin jedoch nicht stattgefunden, so dass keine Gewaltenteilung bestehe und bisher weder Präsidentschafts- noch Parlamentswahlen abgehalten worden seien. Der Präsident Isaias Afwerki (alternative Schreibweisen Afewerki oder Afworki), der gleichzeitig Vorsitzender sei der People’s Front for Democracy and Justice (PFDJ), welche als einzige legale Partei in Eritrea bis heute an der Macht sei, regiere das Land informell per Dekret, während die formellen Institutionen des Staats lediglich als Fassade dienten. Weitere Rechtsquellen seien Verwaltungsakte, Direktiven, Verordnungen von Ministerien, anderen Verwaltungszweigen und dem Militär sowie sogenannte Interventionen des Präsidenten. In den letzten 15 Jahren sei das politische System mehr und mehr auf den Präsidenten zentralisiert worden (vgl. E. 5.1.1).Die eritreische Judikative sei in militärische und zivile Gerichte gegliedert. Die Richter und Staatsanwälte würden durch die Regierung ernannt und abberufen. Hinzu kämen ein Spezialgericht, ein Arbeitsgericht und Scharia-Gerichte sowie die mit internationaler Unterstützung eingerichteten community courts, die über kleinere zivile Streitigkeiten des täglichen Lebens urteilten. Es bestünden zwei unterschiedliche Militärgerichte (lower und higher court) ohne Rechtsmittelmöglichkeiten. Die Zuständigkeiten der beiden Gerichte richteten sich nach der Höhe der vorgesehenen Strafen; die lower courts seien für einfache Gefängnisstrafen (simple imprisonment) von drei Tagen bis zehn Jahren zuständig, während die higher courts über Straftaten urteilten, die mit restriktiven Gefängnisstrafen (rigorous imprisonment) von einem bis 25 Jahren beziehungsweise lebenslanger Haft
oder Todesstrafe bestraft würden. Es seien keine Informationen darüber erhältlich, wie die Richter ernannt würden und wie sie ihre Aufgabe ausübten. Das Spezialgericht werde vom Büro des Präsidenten mit Hilfe des Geheimdienstes, der Armee und der Polizei geführt und werde von der Regierung dazu benutzt, die formelle Justiz zu umgehen. Die Richter, in der Regel hochrangige Angehörige des Militärs, würden durch den Präsidenten direkt ernannt. Die Justiz werde durch den Präsidenten überwacht und dessen Dekrete stünden über dem formalen Recht (vgl. E. 5.1.2).Auf der anderen Seite existieren in Eritrea traditionelle zivilgesellschaftliche Netzwerke basierend auf Mediationsmechanismen durch religiöse und lokale Stammesälteste, welche Konflikte verschiedenster Art lösen und auch das Rückgrat des Sozialversicherungswesens bilden. Seit 2004 werden sie immer mehr durch staatliche Gerichte geschwächt (vgl. BTI 2016 S. 26).
16.4 Der Militär- und Sicherheitsapparat in Eritrea ist sehr undurchsichtig und eng durch den Präsidenten kontrolliert (vgl. HRC, Report, S. 68). Es sind nur wenige Informationen öffentlich erhältlich. Die Eritrean Police Force (EPF) ist zuständig für die innere Sicherheit. Laut Interpol zählt sie zu ihren Aufgaben die Durchsetzung des Rechts, Strafuntersuchungen und die Verkehrskontrolle (vgl. Interpol, Eritrea Police Force, https://www.interpol.int/Member-countries/Africa/Eritrea, abgerufen am 06.07.2017), wobei aber auch andere Einheiten sich in diese Belange einmischen dürften. Die Eritrea Defence Force (EDF) ist zuständig für die äussere Sicherheit und unterteilt in fünf Kommandozonen, wobei die Kommandanten dieser Zonen zuweilen mehr Macht haben als die zivilen Verwalter. Das National Security Office überwacht ein ganzes Netzwerk von geheimen Sicherheitsagenten im ganzen Land (vgl. E. 16.5). Die People’s Army, bestehend aus Bürgern, die aus dem Nationaldienst entlassen wurden oder sich im zivilen Nationaldienst befinden, wird eingesetzt, um öffentliche Plätze zu überwachen, Dienstverweigerer zu suchen oder in Entwicklungsprojekten mitzuarbeiten (vgl. HRC, Report, S. 75 ff.; AI, Just Deserters, S. 34, Landinfo, National
Service, S. 25 ff.). In Eritrea übt die Regierung das Gewaltmonopol über das gesamte Land aus (vgl. BTI 2016, S. 8). Auch die Kriminalitätsrate ist aufgrund der vom Gericht konsultierten Quellen als tief zu bezeichnen.16.5 In Eritrea existiert ein komplexes und vielschichtiges Kontroll- und
Spionagesystem, welches auf die eritreische Bevölkerung innerhalb und ausserhalb des Landes zielt und wo jeder ein Spion sein könnte. Es ist nicht bekannt, in welchem quantitativen und qualitativen Ausmass die Beobachtung tatsächlich stattfindet und wie effizient die Mittel tatsächlich sind. Die Bevölkerung schreibt dieser Überwachung aus Angst manchmal mehr Effizienz zu, als in der Realität tatsächlich existiert. Die Kontrolle geschieht nur zum Teil über tatsächliche staatliche Akteure, zum anderen Teil erfolgt sie über die Imagination von Überwachung im alltäglichen sozialen Raum als eine Art fiktionale Realität (vgl. Bozzini, David, Low-tech surveillance and the despotic state in Eritrea, 2011, Surveillance & Society 9[1/2]: 93-11; Glatthard, Fabienne, Angst vor Überwachung in der eritreischen Diaspora der Schweiz, [Arbeitsblatt des Instituts für Sozialanthropologie der Universität Bern], 2012, S. 104-118). Diese Beaufsichtigung behindert das tägliche Leben und führt oft zu willkürlichen Verhaftungen, Befragungen, Folter und Haft. Zur Erlangung von Informationen wird auch auf Einschüchterungen und Bedrohungen zurückgegriffen. Weitere effiziente Überwachungsmittel sind Travel Passes/Permits, die es den Leuten nur erlauben, sich
in bestimmten Zonen zu bewegen, und die Datenbank der Familien die Lebensmittelcoupons erhalten (vgl. HRC, Report, S. 90 ff.; HRW, World Report, S. 3; USDOS, Country Report 2015, S. 9).16.6 Gefängnisstrafen werden in Eritrea auf strafrechtlicher, politischer, religiöser und militärischer Basis ausgesprochen. Die Anzahl Gefangener ist unbekannt. Menschenrechtsorganisationen schätzen aber, dass es 5’000 bis 10’000 politische und 1’200 bis 3’000 Gefangene aus religiösen Gründen gibt. Diese Zahlen sind allerdings nicht gesichert und werden von verschiedenen Seiten stark bezweifelt (vgl. etwa Stauffer, Eritrea – der zweite Blick, 1. Auflage, Februar 2017, S. 140 ff.). Die Gefangenen werden in Gefängnissen, Polizeistationen und informellen sowie provisorischen Gefängnissen festgehalten. Menschenrechtsorganisationen beschreiben die Haftbedingungen als prekär, stützen sich aber mangels Zugang zu den Gefängnissen auf Zeugenaussagen aus dem Ausland. Folgende Probleme werden zitiert: Manche Gefängnisse sind unterirdisch oder in Schiffscontainern, welche sehr heiss werden können, Zellen sind oft überfüllt und unhygienisch, sanitäre Anlagen und der Zugang zu medizinischer Behandlung sind schlecht, die Gefangenen können zu wenig nach draussen, die Essensrationen sind ungenügend und das Trinkwasser knapp. Einige Gefangene werden zum Zweck der Informationsgewinnung und der Bestrafung oder aus religiösen Gründen misshandelt und
gefoltert oder lange in Isolationshaft gehalten. Besuche von Verwandten sind oft nicht möglich. Frauen sind zwar in separaten Zellen untergebracht, dennoch wird von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen berichtet. Aufgrund dieser schwierigen Umstände kommt es immer wieder zu Todesfällen. Viele Gefangene – vor allem die politischen – werden in Incommunicado-Haft gehalten, erhalten keinen fairen Prozess und wissen nicht, wann sie entlassen werden (vgl. EASO, S. 46 f. und UHCR, Report, S. 221 ff.; HRC, Fin-dings, S. 59 ff., USDOS, Country Report 2015, S. 6 und 8). Willkürliche Verhaftungen sind die Norm und können praktisch jeden betreffen (vgl. HRC, Report, S. 192 ff., HRW, World Report, S. 2, USDOS, Eritrea 2015, S. 6). Die HRC spricht davon, dass die Regierung Leute auch systematisch verschwinden lässt zumindest politische Dissidenten, Geschäftsleute und Führer von ethnischen Minderheiten (vgl. HRC, Report, S. 215 ff., HRC, Findings, S. 62 ff.). Eine Delegation des Büros des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) erhielt im Februar 2016 Gelegenheit, mit Funktionären und Richtern zu sprechen und das Sembel-Gefängnis in Asmara zu besuchen. Dies ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass Vertreter
einer internationalen Organisation Zugang zu einem eritreischen Gefängnis erhalten haben. Die Delegation hielt fest, der Besuch sei kurz und nicht unter den nötigen Bedingungen gewährt worden, die eine umfassende Einschätzung in Bezug auf die Menschenrechte erlaubt hätten (vgl. HRC, Findings, S. 17, Rz 64 f.; SEM, Fokus Eritrea,
S. 10; Landinfo, National Service, S. 6).16.7 Die regionale Verwaltung wird durch ein Parallelsystem von zivilen Verwaltern und militärischen Kommandanten gestellt und ist unterteilt in vier oder fünf militärische Kommandozonen. Staatliche Aufgaben werden in weiten Teilen von Nationaldienstleistenden erfüllt. Zum Thema Korruption ist die Faktenlage aufgrund unterschiedlicher Definitionen unklar. Im Jahr 2015 lag Eritrea auf Rang 154 von 167 des Korruptionsindexes von Transparency International (http://www.transparency.org/cpi2015, abgerufen am 06.07.2017). Korruption gilt in Eritrea als weit verbreitet und wird in der Regel entgegen den Aussagen der Regierung nicht verfolgt. Hochrangige Militäroffiziere sind in Schmuggel und Menschenhandel verwickelt (vgl. BTI 2016 S. 29 f.; UN Findings, S. 38 f.; USDOS, Country Report 2015, S. 16). Dem wird allerdings auch vereinzelt widersprochen, so schreibt Seth Kaplan (Johns Hopkins University), der sich 2016 in Eritrea aufhielt und Interviews mit internationalen Geldgebern und Investoren in Asmara durchführte, dass es wenig Korruption gebe (vgl. Kaplan, S. 14).
16.8 Die Hauptstrassen in Eritrea sind in einem guten Zustand. Der öffentliche Verkehr in Form von Bussen ist billiger als der Privattransport. Für Reisen innerhalb Eritreas braucht es eine Reiseerlaubnis (Travelpermit)
oder eine Demobilisationsbestätigung. Bis 2010 wurden diese Dokumente an Checkpoints regelmässig überprüft. In den letzten Jahren wurde nur noch sporadisch und nicht sehr rigoros kontrolliert (vgl. EASO-Bericht, S. 24).16.9 In Eritrea existieren keine lokalen Nichtregierungsorganisationen. Die Aktivitäten internationaler NGOs wurden nach dem Grenzkrieg mit Äthiopien immer stärker eingeschränkt, so unter anderem durch ein 2005 erlassenes Gesetz, das die Finanzierung erschwerte. Im Jahr 2011 verliessen die letzten sechs bis dahin im Land verbliebenen NGOs Eritrea. Im Land verblieben sind einige UN-Agenturen, die mit eigenen Büros in Eritrea präsent sind (vgl. Unicef, United Nations Development Programme [UNDP], United Nations Population Fund [UNPFA], HRC, WHO); diese dürfen sich nur noch in bestimmten Bereichen engagieren und sind in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt (vgl. EASO-Bericht, S. 29 f.; USDOS, Country Report 2015, S. 17). Das Verhältnis zur UNO ist aufgrund der bestehenden Sanktionen gegen Eritrea angespannt (vgl. HRC, Report, S. 35 f.; EASO-Bericht, S. 17 m.w.H.). Die Regierung gewährte ausländischen Nichtregierungsorganisationen lange keinen Zugang zur eritreischen Bevölkerung. In jüngster Zeit unterhalten zwar wieder mehrere internationale NGOs in Eritrea Projekte mit Zugang zur Bevölkerung. Im regionalen Kontext sind jedoch immer noch vergleichsweise wenige ausländische Nichtregierungsorganisationen in Eritrea tätig (im
Bildungsbereich Finnish Church Aid und Norwegian Refugee Council, im medizinischen Bereich Hammer Forum, ArcheMed und verschiedene deutsche NGOs).16.10 In Sachen Pressefreiheit rangiert Eritrea weltweit auf dem letzten Rang (vgl. BTI 2016 S. 30). Eritrea ist der einzige Staat in Afrika, in welchem keine privaten Medienunternehmen existieren (vgl. BBC, Eritrea Profile-Media, 3. Dezember 2014). Es gibt keine freien eritreischen Medien, sondern es werden alle durch das Informationsministerium kontrolliert (vgl. EASO-Bericht, S. 21, USDOS, Country Report 2015, S. 10). Staatliche Medien dürfen nicht über negative Entwicklungen berichten (vgl. BTI 2016 S. 30). Nachdem im September 2001 die Mitglieder einer regierungskritischen Gruppe (G15) verhaftet worden waren, entzog die Regierung zwischen Ende 2001 und Anfang 2002 allen unabhängigen Zeitungen des Landes die Lizenzen und verbot alle Medien, die sie als durch ausländische Interessen manipuliert einstufte. Regierungskritik sowie Diskussionen über politische oder demokratische Reformen und Menschenrechtsfragen werden grundsätzlich nicht toleriert (vgl. EASO-Bericht, S. 17, 22 f. und 30, je m.w.H.; HRW, Service for Life, S. 26; HRC, Report, S. 118 ff.). 2004 verliess der letzte im Land stationierte Auslandskorrespondent Eritrea. Seither (und in zunehmendem Masse in den letzten zwei Jahren) erhielten zwar zahlreiche
Auslandskorrespondenten und allgemein ausländische Medienschaffende Zugang zu Eritrea und berichteten aus dem Land, aber ohne feste Stationierung im Land. In den vergangenen Jahren gab es mehrere Fälle von staatlichen Journalisten, die verhaftet wurden (vgl. EASO-Bericht, S. 22 f.). Sechzehn Journalisten sind immer noch ohne Prozess in Haft zum Teil seit 2001 (vgl. HRW, World Report, S. 2). Im Januar 2015 wurden sechs namentlich bekannte eritreische Journalisten, die 2009 inhaftiert worden waren, aus der Haft entlassen (vgl. Reporters Without Borders, Six Eritrean journalists released after nearly six years in prison, 22. Januar 2015; Committee to Protect Journalists [CPJ], CPJ welcomes release of six Eritrean journalists). Beim Zugang zu ausländischen Medien ist die Lage besser. Ausländische Radio-und Fernsehsender sind legal via Satellitenempfänger zu empfangen, sodass sich Eritreer und Eritreerinnen legal über das Weltgeschehen informieren können (vgl. BBC, Migration). Seit 2000 ist für einen kleinen Teil der Bevölkerung auch das Internet zugänglich, wenn dieses auch überwacht und teilweise zensuriert wird (vgl. EASO-Bericht, S. 22 f., HRC, Report, S. 147, USDOS, Country Report 2015, S. 10). Mobiltelefone sind wenig verbreitet.
Regierungskritik wird nicht toleriert und die Meinungsfreiheit ist insgesamt im zivilen Leben und im Nationaldienst stark eingeschränkt (vgl. HRC, Report, S. 127 ff.).16.11 Die religiöse Freiheit ist im Prinzip gewährleistet. Die Religionsgemeinschaften müssen sich aber registrieren lassen und werden kontrolliert. Es werden nur vier Konfessionen staatlich anerkannt: die eritreische orthodoxe Kirche, der sunnitische Islam, die römisch-katholische Kirche und die evangelisch-lutherische Kirche (vgl. USDOS, Religious Freedom Report 2015, S. 3). Aus den Berichten ergeben sich keinerlei Hinweise auf ernsthafte religiöse Konflikte zwischen Muslimen und Christen. Anhänger von Minoritätenkirchen und vor allem die Zeugen Jehovas (aufgrund ihrer Haltung zum Nationaldienst) werden jedoch Nachteilen ausgesetzt (vgl. HRC, Report, S. 158 ff.). Mitte 2015 befanden sich zirka 56 Mitglieder der Zeugen Jehovas in Haft (vgl. HRW, World Report, S. 4).
16.12 Auch zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen in Eritrea gibt es keine gewaltsamen Konflikte. Dennoch gibt es eine Kluft zwischen der tigrinischen Mehrheit und den benachteiligten Minderheiten (vgl. BTI 2016, S. 16). Die heutige Dominanz der Tigrinya in Politik und Wirtschaft geht auf Strukturen zurück, die sich bereits während der italienischen Kolonialzeit herausbildeten und später noch verstärkten. Minderheitengruppen in Eritrea fühlen sich zwar marginalisiert, Diskussionen über Disparitäten zwischen den ethnischen Gruppen werden in Eritrea jedoch nicht toleriert, da dies als Gefährdung der staatlichen Einheit angesehen wird (vgl. zu diesem Thema: Mohammad, Abdulkader Saleh, The Saho of Eritrea: Ethnic Identity and national Consciousness 2013, S. 304ff.). Prinzipiell haben alle den gleichen Zugang zum Bildungssystem, Gesundheitswesen und Essenscoupons. Schulen und Gesundheitszentren befinden sich aber mehrheitlich in den Städten, wo die tigrinische Mehrheit der Bevölkerung wohnt (vgl. BTI 2016, S. 22). Essenscoupons können aus politischen Gründen zurückgehalten werden (vgl. E. 16.15). Die Verwaltung und der Bildungssektor sind in der Hand der tigrinischen Mehrheit (vgl. BTI 2016 S. 32). Generell sind ethnische
Minderheiten verletzlicher, ärmer und leiden öfter an Unterernährung. Angehörige von ethnischen Minderheiten haben auch deshalb schwierigere Lebensumstände, weil wenige solcher Familien Angehörige in der Diaspora haben, die sie finanziell unterstützen könnten (vgl. BTI 2016 S. 16).16.13 Eigentumsrechte sind formell gesetzlich geregelt, aber aufgrund fehlender Rechtstaatlichkeit gibt es keinen Schutz vor willkürlicher Beschlagnahmung (vgl. BTI 2016, S. 20). Behörden rissen in und um Asmara illegal errichtet Häuser nieder. Baubewilligungen sind aber seit 2006 selten erhältlich. Am 5. März 2015 wurden bei einer Zerstörung von Häusern zwei Personen getötet und etliche Demonstranten verhaftet (vgl. USDOS, Country Report 2015, S. 9).
16.14 Die Ernährungssituation in Eritrea ist unklar. Zum Thema Unter-
ernährung existieren weder offizielle Statistiken, noch können Hilfswerke oder andere Organisationen im Land sich einen genügend umfassenden Überblick machen. Der Global Hunger Index erwähnt im aktuellen Welthungerindex 2016, dass für Eritrea kein Welthunger-Index (WHI) errechnet werden kann, da nur unzureichende Daten existieren (vgl. http://ghi.ifpri.org/de/countries/ERI/, abgerufen am 06.07.2017). Das World Food Programme (WFP) schätzt für den Zeitraum 2011-2013, dass 60% der Bevölkerung Eritreas unterernährt waren. Vertreter von CAFOD (Catholic Agency For Overseas Development) schätzen das Niveau von Hunger und Unterernährung hoch ein (vgl. Nik Bredholt, Laura Donkin and Caroline Muthiga [CAFOD], When there are no statistics: Emergency Nutrition Programming in Eritrea, September 2009). Die African Development Bank (AfDB) gewährte Eritrea im Januar 2017 7.14 Millionen US Dollars, um in Eritrea ein “Drought Resilience and Sustainable Livelihoods Program” im Zusammenhang mit Dürren zu realisieren. Die AfDB schreibt in diesem Zusammenhang, dass verschiedene Faktoren die Ernährungsunsicherheit verstärkt hätten. Das Kinderhilfswerk der UN (UNICEF), das in Eritrea vor Ort tätig ist, berichtet, gestützt auf Daten des eritreischen
Gesundheitsministeriums (vgl. Eritrea Ministry of Health, Nutrition Sentinel Site Surveillance System, 2016), dass die Mangel-/Unterernährung (malnutrition) in den letzten Jahren in vier von sechs administrativen Regionen Eritreas zugenommen habe, ohne dies zu quantifizieren. UNICEF erwähnt zudem, dass gemäss Daten aus dem Eritrea Population and Health Survey 2010 die Hälfte aller Kinder in der Entwicklung gehemmt sind (“stunted”) (vgl. United Nations Children’s Fund (UNICEF), Humanitarian Action for Children: Eritrea, Januar 2017). Die eritreische Regierung bestreitet stets, dass es Versorgungsprobleme mit Nahrungsmitteln gibt. Auf dem Index für humane Entwicklung, welcher aus den drei Faktoren Lebenserwartung, Bruttoinlandprodukt und Ausbildungsjahre berechnet wird, rangiert Eritrea auf Rang 179 von 188 (http://hdr.undp.org/en/countries/profiles/ERI, abgerufen am 06.07.2017) und ist somit eines der am wenigsten weit entwickelten Länder weltweit. Die World Bank weist auf der aktuellen weltweiten Übersicht aufgrund der fehlenden Daten für Eritrea kein konkretes Pro-Kopf-Einkommen aus, sondern teilt das Land in die Kategorie “Estimated to be low income ($1,025 or less)” ein (vgl. World Bank, Gross national income per capita 2015,
Atlas method and PPP 2015, 1. Februar 2017,
http://databank.worldbank.org/data/download/GNIPC.pdf, abgerufen am 06.07.2017). Der unlimitierte Nationaldienst behindert die Landwirtschaft und die Viehzucht, wovon 80% der Bevölkerung leben (vgl. BTI 2016, S. 15). Diese Wirtschaftszweige sind stark abhängig vom unbeständigen Wetter (vgl. Africa Report, Country Profile). Die eritreische Wirtschaft leidet zudem unter infrastrukturellen Schwächen (vgl. HRC, Report. S. 58). Eine grosse Zahl der Bevölkerung ist auf Zahlungen aus der Diaspora angewiesen (vgl. Hauge, Jostein, Eritrea: What We [Don’t] Know About Eritrea’s Economy, 14. April 2014). Die eritreische Regierung nimmt Hilfeleistungen durch ausländische Staaten nur widerwillig an. 2011 gab sie beispielsweise finanzielle Mittel, welche sie 2009 von der EU Kommission akzeptiert hatte, ohne Erklärung wieder zurück (vgl. BTI 2016 S. 33 f.). Im Januar 2016 wurde nun jedoch wieder ein 200-Millionen-Euro-Hilfspaket mit Europa unterschrieben, um die Reduktion der Armut, die sozioökonomische Entwicklung, die Regierungsführung und die Förderung alternativer Energien voranzutreiben (vgl. European Commission, EU announces support for poverty eradication in Eritrea, 11. Dezember 2015).16.15 Für den Durchschnittsbürger bleibt die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln, Brennstoff zum Kochen, sauberem Wasser und Elektrizität offenbar schwierig (vgl. Africa Report, Country Profile; BTI 2016, S. 15). Abhängig von der Grösse erhalten Familien gegen Coupons eine gewisse Menge an Nahrungsmitteln wie Getreide, Öl und Zucker zu reduzierten Preisen. Aufgrund der schwierigen ökonomischen Lage und der hohen Preise für Güter auf dem freien Markt beziehungsweise auf dem Schwarzmarkt sind die Coupons für Grundnahrungsmittel ein wichtiger ökonomischer Faktor im Alltag der Bevölkerung. Der Erhalt von Coupons hängt von der Loyalität zur Regierungspartei ab, etwa durch regelmässige Teilnahme an Partei-Veranstaltungen, durch die Präsenz an Feiern und die Bezahlung von Partei-Mitgliederbeiträgen und freiwilligen Spenden (vgl. Welde Giorgis, S. 229 ff.). Verschiedene Nahrungsmittel und auch Brennstoff und Ersatzteile werden über die Grenze geschmuggelt und zu horrenden Preisen auf dem Schwarzmarkt, welcher vom Militär kontrolliert wird, verkauft (vgl. BTI 2016, S. 17 und 19). Im Elektrizitätssystem kommt es zu regelmässigen Blackouts (vgl. BTI 2016, S. 17). Auch die Infrastruktur der Trinkwasserversorgung wird vernachlässigt (vgl. BTI
2016, S. 22). Der Mangel an Brennstoff hat die Bevölkerung sogar in den Städten gezwungen, Brennholz zum Kochen zu verwenden, was zu einer landesweiten Entwaldung führte (vgl. BTI 2016, S. 23). Seit sich die Beziehungen mit den Golfstaaten zu normalisieren beginnen, verbessert sich auch die Versorgung des Landes mit Brennstoff (vgl. Reuters, Crises).16.16 Der Reichtum konzentriert sich in den Händen weniger Armeeoffiziere und Parteikader der Regierungspartei (People’s Front for Democracy and Justice [PFDJ]) (vgl. BTI 2016, S. 16). Marktwirtschaftlichen Wettbewerb gibt es in Eritrea so gut wie gar nicht (vgl. Kaplan). Ländliche Armut in Eritrea ist auch die Folge der staatlichen Planwirtschaft, welche von der Regierungspartei kontrolliert wird und den Bauern kaum Einkommen erlaubt: Bauern dürfen ihre Ernte nicht auf dem freien Markt, sondern nur zu festgesetzten Preisen an die Regierungspartei verkaufen. Diese Preise liegen weit unter dem Marktwert (vgl. Welde Giorgis, S. 233). Regierung und Militär kontrollieren in monopolistischer Weise den Handel und lassen freiem Unternehmertum keinen Raum. Über den Hdri Trust Fond, welcher unter der Aufsicht des Finanzdirektors der PFDJ steht, werden alle wichtigen Firmen im Land kontrolliert (vgl. BTI 2016, S. 18, 20 und 28). Ein Staatsbudget hat Eritrea nie publiziert, weil es ihre Feinde angeblich gegen sie verwenden könnten (vgl. BTI 2016 S. 30, BBC Economy 2016). Zuverlässige Wirtschaftsdaten fehlen zu Eritrea (vgl. E. 16.1; Kaplan). 2012 bestand das Bruttoinlandprodukt zu 30% aus dem Minen- und Bausektor, während der
Dienstleistungssektor 58.4% und der Landwirtschaftssektor nur 11.6% ausmachten (vgl. Human Rights Watch [HRW], Hear No Evil: Forced Labour and Corporate Responsibility in Eritrea’s Mining Sector, 15. Januar 2013). Investitionsabkommen hat Eritrea nur mit vier Ländern abgeschlossen (vgl. HRC, Report, S. 58). Ausländische Investitionen bleiben abgesehen vom Bergbausektor gering (vgl. BTI 2016, S. 21). Es gibt aber Zeichen für ein zunehmendes Interesse ausländischer Investoren (vgl. BBC Economy 2016; Zeit). Neben der Bisha Mine (Gold, Kupfer, Zink), welche operativ ist und von der kanadischen Minengesellschaft Nevsun betrieben wird, ist geplant, dass künftig an einem anderen Ort in Eritrea in einer Mine Kalisalz (potash) abgebaut wird: Das eritreische Ministry of Energy and Mines und eine australische Minengesellschaft unterzeichneten im Januar 2017 dazu einen Vertrag (vgl. Eritrean Ministry of Information, Eritrea and Colluli Mining Company Sign Agreement, 31. Januar 2017). Potential besteht neben dem Bergbau auch in der 1200 km langen Küste am Roten Meer mit hunderten unberührten Inseln, reichen Fischvorkommen und Häfen (vgl. BBC Economy 2016). Neben den drei staatlich kontrollierten Banken betreibt die PFDJ den Himbol Financial
Service, welcher Überweisungen und Steuerzahlungen aus der Diaspora beaufsichtigt (vgl. BTI 2016, S. 19). Die lokale Währung, der Nakfa, ist mit einem deutlich überbewerteten Kurs künstlich an den Dollar gebunden, während er auf dem Schwarzmarkt bis zur Währungsmittelreform von November 2015 einen rund drei Mal tieferen Wert im Vergleich zum US Dollar hatte. Danach erhielt man für einen Dollar noch lediglich 18-20 Nakfa (vgl. BBC, Economy). Über die Inflationsrate gibt es keine zuverlässigen Daten, sie dürfte sich aber laut dem Internationalen Währungsfond und der Weltbank seit 2010 bei zirka 13% eingependelt haben (vgl. BTI 2016, S. 19). Ende 2015 wurde offiziell zur Bekämpfung des Schmuggels und Menschenhandels eine Währungsmittelreform durchgeführt, welche viele Leute in ökonomische Schwierigkeiten gebracht hat. Binnen sechs Wochen mussten alle alten Noten gegen neue eingetauscht werden und Bargeldbezüge an den Bankomaten wurden limitiert (vgl. BBC Economy 2016; Abbink, Yearbook, S. 304). Die Arbeitslosigkeit ist eine der grössten Herausforderungen für die Jugend und für Familien (vgl. ein Projektbeschrieb des UNDP in Eritrea, https://info.undp.org/docs/pdc/Documents/ERI/92244%20-%20Youth%20
Employment%20and%20Skills%20Development.pdf, abgerufen am 06.07. 2017). Verlässliche statistische Daten zur Arbeitslosenquote existieren nicht. Die Arbeitsmarktsituation steht in engem Kontext zum National Service. Ein Sozialversicherungssystem zur Absicherung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter oder Behinderung existiert in Eritrea – mit Ausnahme eines Märtyrerfonds – nicht. Vielmehr wird die soziale Sicherheit traditionell den Familien- und Clanstrukturen überlassen (vgl. BTI 2016, S. 21).16.17 Eritrea hat im Bereich der Gesundheit Fortschritte gemacht, und es ist eines der wenigen afrikanischen Länder, die auf dem Wege sind, in diesem Bereich die Millenniumsziele zu erreichen. Der Gesundheitszustand der Bevölkerung hat sich deutlich verbessert (vgl. WHO, Eritrea; HRC, Report, S. 60). Der UN-Menschenrechtsrat gibt im Zusammenhang mit den folgenden Zahlen allerdings zu bedenken, dass die Informationen über den Gesundheitssektor von der eritreischen Regierung stammen und dass es keine Institutionen gibt, die diese überprüfen könnten (vgl. HRC, Findings, S. 16; sowie auch E. 16.1). Die Hauptstrategie liegt auf der medizinischen Grundversorgung, wobei die Gemeinschaft eine wichtige Rolle spielt und der Gesundheits- und der Bildungssektor eng zusammenarbeiten (vgl. Ministry of Health, S. 16 und 18). Der primäre Gesundheitssektor besteht aus 187 Gesundheitseinheiten die von Krankenschwestern geleitet werden. Der sekundäre Gesundheitssektor besteht aus 20 Gemeindespitälern und 55 Gesundheitszentren. Zudem gibt es in jeder Hauptstadt der Regionen (6 zobas) Überweisungsspitäler (vgl. EASO-Bericht, S. 23 f.). Gemeindebasierte Gesundheitsbeauftragte decken 2’000-3’000 Leute ab, Gesundheitsstationen 5’000-10’000 und
Gemeindespitäler 50’000-100’000 (vgl. Ministry of Health, S. 17). 78% der Bevölkerung haben in einem Radius von 10 Kilometern 60% in einem Radius von 5 Kilometern Zugang zur Gesundheitsversorgung (vgl. Ministry of Health, S. 5). Die meisten Gesundheitszentren befinden sich aber in der Hauptstadt und in der administrativen Einheit Southern Region (zoba Debub), wo die tigrinische Bevölkerungsmehrheit lebt (vgl. BTI 2016, S. 16). Die Mutter-Kind-Sterblichkeit und die Verbreitung von HIV (2011 bei 0.8%) konnte erheblich reduziert werden (vgl. Ministry of Health, S. 5; WHO, Eritrea; HRC, Report, S. 60). Studien zur Genitalverstümmelung belegen einen Rückgang, zeigen aber auch, dass die Praxis in ländlichen Gebieten noch weit verbreitet ist. Immerhin beschränkt sich die eritreische Regierung (im Unterschied zu anderen afrikanischen Ländern) nicht bloss auf ein gesetzliches Verbot, sondern betreibt eine Sensibilisierungskampagne gegen die Genitalverstümmelung, welche offenbar gewisse Erfolge erzielt (vgl. Stauffer, Eritrea – der zweite Blick, 1. Auflage, Februar 2017, S. 181 ff. insb. S. 192). Medizinische Einrichtungen haben mindestens eine Person, die auf Kinderkrankheiten spezialisiert ist. 2013 war 98% der Bevölkerung geimpft (vgl.
Ministry of Health, S. 10), sodass die acht hauptsächlichen Krankheiten, gegen die man sich impfen kann, keine Probleme mehr bereiten (vgl. WHO, Eritrea). Die Malariaerkrankungsziffer ist um 85% und die Sterblichkeit aufgrund dieser Krankheit um 90% (seit 1999 um 82% EASO-Bericht, S. 24) gesunken. Es wurden 4067 Gesundheitsbeauftragte zur Diagnose, Behandlung und Prävention im Zusammenhang mit Malaria ausgebildet (vgl. Ministry of Health, S. 14, HRC, Report, S. 60 sinngemäss). Auch die Tuberkuloseerkrankungsziffer ist weiter zurückgegangen auf 152 pro 100’000 Einwohner (vgl. Ministry of Health, S. 15; HRC, Report, S. 60 sinngemäss). Nichtübertragbare chronische Krankheiten – vor allem Bluthochdruck und Diabetes – sind aber auf dem Vormarsch (vgl. Ministry of Health, S. 20). Komplexe chirurgische Eingriffe, Chemotherapie, Radiotherapie und Transplantationen sind in Eritrea nicht möglich. Der Zugang zur psychiatrischen Versorgung ist ebenfalls nur beschränkt, es mangelt an Spezialisten. Patienten welche nicht behandelt werden können, werden zum Teil im Rahmen einer medizinischen Kooperation in den Sudan überwiesen. Gewisse Medikamente sind schwer erhältlich, während gewöhnliche Medikamente leicht und kostenlos erhältlich sind (vgl.
EASO-Bericht, S. 24). Da im Zusammenhang mit dem Millenniumsziel der Ausrottung von Hunger und Armut wenige Fortschritte gemacht wurden (vgl. HRC, Report, S. 61), bleibt Unterernährung eines der Hauptprobleme im eritreischen Gesundheitswesen (vgl. WHO, Eritrea). Defizite hat Eritrea unter anderem im Bereich der Gesundheitsfinanzierung und der Personalrekrutierung für den steigenden Bedarf (vgl. Ministry of Health, S. 19 f., WHO, Eritrea). Es gibt einen ernsthaften Mangel an Gesundheitspersonal und auch an Ausrüstung und Medikamenten (vgl. EASO-Bericht, S. 24). Eine grosse und rasch steigende Anzahl Ärzte und anderes Gesundheitspersonal verlassen das Land (vgl. Zeit; BTI 2016, S. 22). Das Gesundheitssystem ist staatlich finanziert, aber die Patienten – ausser die ärmsten unter ihnen – müssen einen Teil der Kosten selber tragen (vgl. EASO-Bericht, S. 24). Ein Gesundheitsversicherungssystem gibt es ebenso wenig wie private Gesundheitseinrichtungen, wobei aber zum Teil in öffentlichen Einrichtungen privat praktiziert wird (vgl. WHO, Eritrea). Schätzungsweise 1,2% des Budgets werden ins Gesundheitswesen investiert (vgl. BTI 2016, S. 22).16.18 Der Schulbesuch ist grundsätzlich bis zur achten Klasse obligatorisch (elementary school und middle school). Für den Zugang zur Sekundarstufe muss eine Prüfung absolviert werden. Das zwölfte Schuljahr findet im Sawa Militärtrainingscenter statt (vgl. EASO-Bericht, S. 20). Der Schulbesuch ist in Eritrea im Prinzip kostenlos. Die Eltern müssen aber das Schulmaterial, die Uniform und den Transport bezahlen. Gewisse Schulen verlangen ein Schulgeld, vor allem in den oberen Stufen. Viele Eltern können sich diese Kosten nicht leisten. Hinzu kommt, dass die Kinder, welche zur Schule gehen, als Arbeitskräfte im Haushalt und in der Landwirtschaft fehlen. Deshalb werden vor allem viele Mädchen nicht zur Schule geschickt. Die Einschulungsquote in Eritrea lag 2013 bei 34% und gehört damit weltweit zu den niedrigeren. Während sie bei Männern bei 38% lag, war sie bei Frauen (30%) und bei Angehörigen von Minderheiten tiefer (vgl. BTI 2016, S. 23; Teclemariam Bahta, Dawit, Girls’ Enrollment in Secondary Schools in Eritrea: Status and Hindering Factors, 2016. African Research Journal of Education and Social Sciences, Vol. 3, 2016, S. 4 und 7; EASO-Bericht, S. 20). Zwischen Stadt und Land sowie dem Hochland und peripheren Gebieten bestehen
strukturelle Unterschiede (vgl. BTI 2016, S. 16, EASO-Bericht, S. 20). Diese niedrige Einschulungsquote erstaunt insofern, als die Alphabetisierungsrate gemäss dem Eritrea Population and Health Survey 2010 bei 57% lag, wobei 64% der Männer und 52% der Frauen alphabetisiert waren (vgl. National Statistics Office [Eritrea], Eritrea Population and Health Survey 2010, August 2013S. 18). Für das Jahr 2015 wurde sie auf gut 70% geschätzt (vgl. BTI 2016, S. 24).Die besten Abgänger der 12. Klasse können anschliessend an die Hochschule (colleges), die anderen absolvieren eine Berufsausbildung (technical vocational school) oder werden in den militärischen Nationaldienst eingezogen (vgl. EASO-Bericht, S. 20 und 38). Die meisten der beruflichen Ausbildungsstätten und Hochschulen befinden sich in der Hauptstadt und in der administrativen Einheit Southern Region (zoba Debub), wo die tigrinische Bevölkerungsmehrheit lebt (vgl. BTI 2016, S. 16). Die Universität in Asmara wurde 2006 definitiv geschlossen und durch dezentralisierte Hochschulen (colleges) ersetzt (vgl. AI, Desertes, S. 21). Die Hochschulen sind kostenlos und werden gleichzeitig akademisch und militärisch verwaltet. Absolventen der Hochschulen werden nach dem Abschluss dem zivilen Nationaldienst zugeteilt (vgl. EASO-Bericht, S. 21 f.). Höhere Ausbildungen sind vor allem der männlichen tigrinischen Mehrheit vorbehalten (vgl. BTI 2016, S. 22). Die Stellung der Frau in der Gesellschaft, welche sich mit Unabhängigkeitskrieg zu wandeln begann, kann aber insgesamt als relativ fortschrittlich bezeichnet werden (vgl. Stauffer, Eritrea – der zweite Blick, 1. Auflage, Februar 2017, S. 181 ff.).
17.
17.1 Zusammenfassend handelt es sich bei Eritrea um einen autokratischen Einparteienstaat mit einem undurchsichtigen Militär- und Sicherheitsapparat sowie einem komplexen und vielschichtigen Überwachungs- und Spionagesystem. Gefängnisstrafen werden willkürlich und zum Teil aussergerichtlich verhängt und es gibt gewichtige Hinweise auf prekäre Bedingungen in den Haftanstalten. Freie Medien sind in dem Land, das in Sachen Pressefreiheit weltweit auf dem letzten Rang liegt, ebenso wenig zugelassen wie Nichtregierungsorganisationen. Die religiöse Freiheit ist nicht vollumfänglich gewährleistet und es besteht eine Kluft zwischen der tigrinischen Mehrheit und ethnischen Minderheiten, welche verletzlicher und ärmer sind. Die Ernährungssituation in Eritrea bleibt unklar, wobei internationale Hilfe nur widerwillig angenommen wird. Eine grosse Zahl der Bevölkerung wird jedoch durch Zahlungen aus der Diaspora unterstützt. Der unlimitierte Nationaldienst behindert das wirtschaftliche Fortkommen des Landes und marktwirtschaftlicher Wettbewerb existiert kaum. Der Reichtum konzentriert sich in den Händen weniger Armeeoffiziere und Parteikader der Regierungspartei. Im staatlich finanzierten Gesundheitssektor werden dem Land wesentliche
Fortschritte attestiert, ebenso im Bildungswesen. Die diesbezüglichen Informationen stammen aber von der eritreischen Regierung.17.2 Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann in Eritrea weiterhin nicht von einem Krieg, Bürgerkrieg oder einer Situation allgemeiner Gewalt beziehungsweise einer generellen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nach Eritrea ausgegangen werden. Aus den im Gesetz genannten Gefährdungssituationen ergibt sich, dass nicht beliebige Nachteile oder Schwierigkeiten die Annahme einer konkreten Gefährdung im Sinne von Art. 83 Abs. 4 AuG rechtfertigen, sondern ausschliesslich Gefahren für Leib und Leben. Eine konkrete Gefährdung liegt folglich im Allgemeinen nicht schon deshalb vor, weil die wirtschaftliche Situation und damit die allgemeinen Lebensbedingungen im Heimatstaat schwierig sind und dort beispielsweise Wohnungsnot oder hohe Arbeitslosigkeit herrschen (vgl. BVGE 2014/26, E. 7.6). Seit der Lagebeurteilung in EMARK 2005 Nr. 12, wo die humanitäre Situation in Eritrea in der Folge der jahrzehntelangen kriegerischen Auseinandersetzungen, den damit zusammenhängenden internen Vertreibungen und Neuansiedlungen sowie einer langjährigen Dürre als desolat beschrieben wurde, haben sich die Lebensbedingungen in einigen Bereichen verbessert. Damals wurde davon ausgegangen, dass ungefähr die Hälfte der eritreischen Bevölkerung nicht in der
Lage war, ihr Überleben aus eigener Kraft zu sichern (vgl. E. 10.5-10.8). Diese Einschätzung kann aktuell nicht mehr geteilt werden. Zwar ist die wirtschaftliche Lage nach wie vor schwierig. Die medizinische Grundversorgung, die Ernährungssituation, der Zugang zu Wasser und zur Bildung haben sich aber stabilisiert. Der Krieg ist seit vielen Jahren beendet und ernsthafte ethnische oder religiöse Konflikte sind nicht zu verzeichnen. Zu erwähnen sind an dieser Stelle auch die umfangreichen Zahlungen aus der Diaspora, von denen ein Grossteil der Bevölkerung profitiert. Vor diesem Hintergrund sind die erhöhten Anforderungen an den Wegweisungsvollzug, wie sie in der erwähnten bisherigen Praxis Bedingung waren, nicht mehr gerechtfertigt. Auch die Situation in Bezug auf die anhaltende Überwachung der Bevölkerung vermag nicht zur Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs zu führen. Angesichts der schwierigen allgemeinen Lage des Landes muss jedoch in Einzelfällen nach wie vor von einer Existenzbedrohung ausgegangen werden, wenn besondere Umstände vorliegen. Die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs bleibt im Einzelfall zu prüfen.18.
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine junge und gesunde Frau. Besondere Umstände, aufgrund derer von einer Existenzbedrohung ausgegangen werden müsste, sind vorliegend keine ersichtlich. Nach dem Gesagten erweist sich der Vollzug der Wegweisung nicht als unzumutbar.
19.
Zwar ist darauf hinzuweisen, dass derzeit die zwangsweise Rückführung nach Eritrea generell nicht möglich ist. Die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr steht jedoch praxisgemäss der Feststellung der Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs im Sinne von Art. 83 Abs. 2 AuG entgegen. Es obliegt daher der Beschwerdeführerin, sich bei der zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG und dazu auch BVGE 2008/34 E. 12), weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2 AuG).20.
Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4 AuG).21.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig sowie vollständig feststellt (Art. 106 Abs. 1 AsylG) und – soweit diesbezüglich überprüfbar – angemessen ist. Die Beschwerde ist abzuweisen.22.
22.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Das mit der Beschwerde gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wurde jedoch mit Zwischenverfügung vom 20. April 2016 gutgeheissen, weshalb keine Verfahrenskosten aufzuerlegen sind.
22.2 Der Rechtsvertreter reichte mit der Replik eine Kostennote vom 18. Mai 2016 in der Höhe von Fr. 2’255.35 ein. Dabei ging er von einem Stundenansatz von Fr. 200.- aus. Mit Verfügung vom 20. April 2016 war darauf aufmerksam gemacht worden, dass für nicht-anwaltliche Vertreter bei amtlicher Vertretung in der Regel von einem Stundenansatz von Fr. 100.- bis Fr. 150.- ausgegangen werde (vgl. Art. 12 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 VGKE). Das Honorar ist entsprechend zu kürzen. Dem amtlichen Rechtsbeistand wird demnach vom Bundesverwaltungsgericht ein Honorar in der Höhe von Fr. 1’800.- (inklusive Auslagen und Mehrwertsteuerzuschlag) zugesprochen.
(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.2.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.3.
Dem amtlichen Rechtsbeistand wird vom Bundesverwaltungsgericht ein Honorar in der Höhe von Fr. 1’800.- zugesprochen.4.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Nina Spälti Giannakitsas Sara Steiner