Väter klagen an: «Gebt uns unsere Kinder zurück!»

Der Missstand ist von ewiger Aktualität: Wohnen die Kinder nach der Scheidung bei der Mutter, ist der Vater auf das Wohlwollen seiner Ex-Frau angewiesen. Unter Umständen sieht er seine Kinder jahrelang nicht mehr. Ohne dass er sich etwas hätte zuschulden kommen lassen. Selbst wenn er die Alimente pünktlich bezahlt, das gemeinsame Heim freiwillig verlassen hat und per Gerichtsbeschluss Anrecht darauf hätte, kann ihm die Frau das Besuchsrecht verweigern, ohne ernsthafte Sanktionen befürchten zu müssen.

«Wenn sie nicht will, steht alles still»

Die Weltwoche hat mit fünf Vätern gesprochen, die im Scheidungskampf unter die Räder gekommen sind. Sie erzählen auf den folgenden Seiten über ihren kafkaesk anmutenden Kampf gegen Behörden, Sozialämter, Richter und ihre früheren Partnerinnen. Es sind berührende Schicksale. An ihrer Misere, sagen viele, sei nicht in erster Linie die Ex-Frau, sondern vor allem der Staat schuld: «Er ist unfähig, Abmachungen und Urteile durchzusetzen», lautet der Tenor. Die Fälle belegen eine Schlagseite der Justiz nach dem Muster: «Wenn die Frau nicht will, steht alles still.»

In langen Gesprächen haben die Männer ­ihre Erlebnisse mit Justiz und Ämtern erläutert. Sie haben ihre Aktenordner geöffnet. Dabei ging es nicht darum, zu klären, wer schuld am Bruch der Ehe war. Sondern um die Frage: Wie erleben Väter die Staatsgewalt, wenn die Trennung in einen Scheidungskrieg um Sorgerecht, Obhut und Alimente ausartet?

Markus Staub, 52, Ingenieur-Agronom ETH

«Die Zwillinge waren siebenjährig, als meine Frau und ich uns vor zwölf Jahren trennten. ‹Wenn es nach mir geht, siehst du die Kinder nie mehr›, prophezeite sie. Ihr war jedes Mittel recht, um mich zu dämonisieren: In den Gerichtseingaben stellte sie mich als ‹gewalttätigen› Waffennarren dar. Ich besitze zwar mein Sturmgewehr noch und Souvenirs wie indianischen Pfeil und Bogen. Aber die Beschuldigungen waren offensichtlich haltlos, deshalb hat sie mich auch nie angezeigt.

Der Kampf um den Kontakt zu den eigenen Kindern ist teuer. Ich wohnte acht Jahre lang in einer Dachbodenwohnung, bei teilweise dreizehn Grad im Winter; meine Frau kaufte sich ein Haus und machte Ferien in Übersee.

Die finanziellen Einbussen hätte ich noch verkraftet. Aber nicht, dass ich meine Kinder nicht mehr sehen durfte! Es wurde zwar ein Besuchsrecht von zwei Wochenenden pro Monat gerichtlich festgelegt. Aber das Urteil war nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben war. Wenn meine Ex-Frau die Kinder nicht in den vereinbarten Zug setzte, stand ich am Freitagabend alleine am Bahnhof und hatte Angst, meinen Kindern könnte etwas zuge­stos­sen sein. Bis ich jeweils am Montag oder nach den Ferien in der Schule anrief und erfuhr, dass sie mit den Kindern weggefahren war.

Nachholen durfte ich die vereitelten Besuchstage nie, sie verfallen einfach. Ich habe sie zwar angezeigt wegen ‹mehrfachen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung›. Doch die Bussen von einigen hundert Franken hat sie erfolgreich angefochten. Ich weiss nicht, ob sie jemals nur eine davon bezahlt hat. In den amtlichen Papieren fand ich eine entlarvende Bleistiftnotiz eines Beamten: ‹Dieses Kindergestürm ist nicht von öff. Interesse.›

Das Einzige, was ich wollte, war, unsere Kinder zweimal 48 Stunden im Monat zu sehen. In den ersten Jahren nach der Trennung gewährte sie mir die Besuchswochenenden nach Lust und Laune. Meist nach langem Stürmen von mir und dem Kinder-Beistand. Dieser kündigte nach zwei Jahren, weil meine Frau alle Weisungen und Vermittlungsversuche ignorierte.
2004 kamen die Kinder das letzte Mal regulär zu mir. Dann unterbrach meine ehemalige Frau die Verbindung ganz: keine Besuche, keine Briefe, keine Telefonate, absolut nichts!

Ein Jahr lang stand ich alle vierzehn Tage vergebens am Bahnhof Aarau und wartete auf meine Kinder. In einer Gerichtseingabe schrieb meine Frau, es sei nicht glaubhaft, dass jemand so was mache. Darauf liess ich mir meine Warterei jeweils am Schalter bestätigen.
Nach sechs Jahren mit andauernden Verfahren stellte das Bezirksgericht schliesslich fest, dass das Besuchsrecht durchgesetzt werden soll, falls nötig, mit Hilfe der Polizei.

Am 27. Oktober 2006 holten Beamte in Zivil die Kinder in der Schule ab. Es war längst zu spät. Aber ich wollte einfach noch einmal mit ihnen sprechen. Meine ehemalige Frau hatte ihnen jahrelang eingeimpft, der Papi wolle das Mami ins Gefängnis bringen. Heute sind die Zwillinge volljährig und verlangen vor Gericht, dass ich mehr bezahle für sie. Weiteren Kontakt wünschen sie nicht.»

Robert A., 56, Ingenieur, und Tochter Julia*, 19, Coiffeuse

«Meinen Sohn Daniel* habe ich seit über zwei Jahren nicht gesehen. Obwohl ich per Gerichtsbeschluss das Besuchsrecht für zwei Wochenenden im Monat und das Ferienrecht für vier Wochen hätte. Auch meine Tochter Julia, die heute alleine lebt, hat keinen Kontakt mehr zu ihrem vier Jahre jüngeren Bruder. Meine Ex-Frau hält ihn von uns fern. Wenn ich vor der Türe stehe, um ihn fürs Wochenende abzuholen, öffnet sie nicht. Wir vermissen ihn sehr und wissen nicht, wie es ihm geht.

Ich will nicht meine Ex-Frau oder die Frauen allgemein angreifen. Mir geht es darum, dass die Behörden ihr Verhalten ändern müssen. Wenn es zum Streit kommt, gibt es immer nachvollziehbare Argumente beider Seiten. Aber die Behörden müssen endlich begreifen, dass Paare in Trennung in emotionalen Ex­trem­situationen sind, und müssen sich deshalb unparteiisch dazwischenstellen – zum Wohle der Kinder! Doch auch bei mir wurde klar die Ex-Frau bessergestellt. Sie konnte meinen Sohn an Weihnachten in die Ferien mitnehmen, ohne mich zu informieren. Obwohl das Gericht explizit mir die Erlaubnis dazu gegeben und ich alles gebucht hatte. Im umgekehrten Fall würde man das Entführung nennen – doch meine Anzeige wurde nicht einmal entgegengenommen, weil das Ober- und das Bundesgericht dieses Verhalten stützen. Der Fall liegt jetzt beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg.

Kurz darauf hat sie meine Verbindung zu Daniel ganz gekappt. Sein Beistand sagt, er könne nichts machen. Und vom Gericht heisst es, man könne nicht ein Kind von der Polizei abholen lassen. Das wäre eine zu grosse Belastung. Aber dass mein Sohn plötzlich keinen Vater mehr hat, soll für ihn keine Belastung sein?

Nur ein Beispiel, wie die Wohngemeinde meiner Frau mit mir umgeht: Im Gemeinderats­protokoll steht, es bestehe ‹weder von Daniel noch von seinem Vater das Bedürfnis nach gegenseitigem Kontakt›. Das ist eine blanke ­Lüge. Die Vormundschaftsbehörde hat völlig unkritisch die Position meiner Ex-Frau über-
nommen und diese als Fakt dem Gemeinderat vorgelegt. Das nenne ich Behördengewalt! Ich musste beim Bezirksamt gegen das Protokoll rekurrieren. Jetzt steht da, ich wolle ‹sehr wohl Kontakt›, meine Frau lehne das aber ab.
Schon kurz nach der Trennung vor knapp fünf Jahren begannen die Versuche, den Kindern den Vater wegzunehmen: Um den Ehestreit zu ‹deeskalieren›, sollte ich für einige Zeit den Kontakt mit den Kindern aussetzen, riet mir der Sozialdienst. Ich befolgte das. Eini­ge Monate später warfen mir dieselben Damen vor, ich kümmerte mich nicht um die Kinder! Die Rektorinnen von Daniels Schule drohten mir sogar, sie würden die Mutter zu einer Anzeige gegen mich ‹motivieren›, wenn ich nochmals aufs Schulgelände käme. Dabei hatte mich sein Lehrer eingeladen, um Schulprobleme meines Sohnes zu besprechen. Die Rektorinnen stritten die Drohung später natürlich ab, ich kann nichts beweisen.

Ähnlich einseitig waren die Behörden bei meiner Tochter. Jahrelang wurde sie von der Mutter geschlagen, das ist amtlich dokumentiert, ich habe eine Gefährdungsmeldung gemacht. Doch passiert ist nichts. Bis sie mit fünfzehn selber zu mir zog. Kurz vor ihrem 18. Geburtstag erhielt ich dann das Sorgerecht.

Es kann doch nicht sein, dass ein Vater keine Beziehung mehr zu seinen Kindern haben darf, weil diese als Munition im Scheidungskrieg eingesetzt werden und die Behörden das auch noch unterstützen!»

Georgios Skarlakidis, 45, diplomierter Finanzplaner

«Im März vor vier Jahren musste ich unser Haus auf richterliche Anweisung verlassen. Geschieden bin ich noch immer nicht, weil meine Frau das Verfahren hinauszögert. Nach Bezahlung der Alimente für unsere drei Kinder bleiben mir weniger als 3400 Franken im Monat zum Leben – am Anfang waren es sogar nur 2400. Die Pensionskasse und die Dritte Säule werden geteilt – das ist auch richtig.

Weil ich die Kinder im Alter von 9 bis 15 Jahren kaum sehe, bin ich nicht mehr ihr Papi, nur noch ein lieber Onkel – das ist nicht richtig.
Und das kam so: Mit Argumenten wie ‹sexuelle Nötigung›, ‹Entfremdung› und ‹geistige Weiterentwicklung› wollte sich meine Frau trennen. Der Richter ging nicht darauf ein. Dann zeigte sie mich an. Ich hätte die Kinder geschlagen. Dabei war sie es, die unsere mittlere Tochter am Arm aus dem Zimmer zerrte, als diese bei mir Zuflucht suchte. Ich machte eine Gegenanzeige, die Kinder sagten zu meinen Gunsten aus. Trotzdem musste ich ausziehen. Beide Verfahren wegen Tätlichkeiten wurden eingestellt. Doch die Fakten waren geschaffen: Ich war der Bösewicht.

Seit der Trennung bestimmt nur noch meine Ex, trotz gemeinsamem Sorgerecht. Ich muss meinen Lohn bis aufs Existenzminimum abgeben. Einen Anwalt konnte ich mir nicht leisten – sie erhielt eine Anwältin gratis vom Staat. Die Kinder durfte ich noch jedes zweite Wochenende sehen. Manchmal, je nach Gemütslage meiner Frau, am Mittwochnachmittag. Dabei sagten die Kinder vor Gericht, bei der Familienberatung und bei Psychologen, sie wollten die Hälfte der Zeit bei mir sein.

Meine Frau sabotierte das Besuchsrecht immer wieder, da ging ich zur Polizei und vor Gericht. Die sagten mir, sie könnten nichts tun.
Nach etwa zwei Jahren verlor ich die Nerven. Ich war ruiniert und krankgeschrieben wegen Burnouts. Ich stellte die Zahlungen ein und haute ins Ausland ab. Ich war derart am Ende, dass ich Mord- und Suizidgedanken hatte. Als es mir etwas besserging, kam ich zurück. Schliesslich wollte ich meine Kinder sehen. Die ausgebliebenen Unterhaltsbeiträge von über 40 000 Franken habe ich abgestottert.

Mit Hilfe einer Beiständin wollten meine Kinder und ich kürzlich das Besuchsrecht auf jeden Mittwochnachmittag ausweiten. Die Mutter ist dagegen. Wenn sie nicht will, sind wir und der ganze Staatsapparat machtlos.
Die Höhe ist: Meine Noch-Ehefrau ist schwanger. Nun muss ich eine Vaterschaftsklage einreichen. Sonst bezahle ich noch für das Kind des Mannes, der in mein Haus einzog – es aber nicht lange aushielt.»

Urs Brechbühl, 40, Internet-Supporter

«Am 23.  März wird mein Sohn vier Jahre alt. Ich habe ihn noch nie gesehen. Im Sommer 2006, als meine Frau hochschwanger war, trennten wir uns. Erst ein ­halbes Jahr zuvor hatten wir geheiratet. Meine Frau war fürchterlich eifersüchtig, hatte regelrechte Attacken, schrie mich mitten im Coop oder in einer Bar an. Auch am Abend nach der Arbeit hatte ich nie meine Ruhe. Sie ohrfeigte und schubste mich. Ich schlug die Trennung vor, um die
Situation zu beruhigen. Sie wollte sofort die Scheidung und drohte mir, sie ­würde mich ruinieren und mir das Kind vorent­halten. Sie hatte auf der ganzen Linie Erfolg.

Nachdem wir die gemeinsame Wohnung aufgelöst hatten, zog ich zu meinen Eltern und sie vermutlich zu ihrer Schwester. Die Trennung, die Drohungen und dass ich meinen Sohn nicht sehen durfte, haben mich völlig fertiggemacht. Ich konnte nicht mehr arbeiten und wurde krankgeschrieben.

Als das Kind zur Welt kam, hatten wir theoretisch das gemeinsame Sorgerecht. Faktisch lag es bei ihr, denn sie verweigerte jeden Kontakt, ich konnte weder beim Vornamen noch bei sonst etwas mitreden. Das Sozialamt der Wohngemeinde meiner Frau schrieb mir, sie könnten keinen Kontakt zum Kind organi­sieren, da unser Scheidungsverfahren und ­eine Vaterschaftsklage hängig waren. Ich solle mich ans Gericht wenden. Dort sagte man mir, das Sozialamt sei zuständig. Monatelang ging dieses Pingpong-Spiel weiter.

Als ich als Vater bestätigt wurde, sollte eine Beiständin die Besuche ermöglichen. Doch meine Ex-Frau weigerte sich. Mir schien, dass die Beiständin nicht sonderlich hartnäckig versuchte, das Besuchsrecht durchzusetzen. Natürlich habe ich mich beschwert, aber ihre Vorgesetzten stützen die Frau.
Letztes Jahr erst beschloss das Gericht ­unsere Scheidung. Demnach habe ich gar kein Recht mehr auf Besuche meines Kindes. Ich werde wie ein Schwerverbrecher behandelt!

Heute wohne ich in einer Einzimmer­wohnung, die die Gemeinde bezahlt. Ich lebe von 960 Franken Sozialhilfe. Dieser Scheidungs­kampf hat den Steuerzahler schon 240  000 Franken gekostet, das habe ich ausgerechnet. Auch die Sozialarbeiterin der Gemeinde unterstützt mich nicht darin, mein Kind sehen zu können. Nun will meine Ex-Frau meinem Sohn noch meinen Familiennamen streichen. Dagegen rekurriere ich, aber ich habe kein Geld für ein langes Gerichtsverfahren. Was mir bleibt, ist, Aufsichtsbeschwerden und Anträge an die Behörden zu schreiben. Zeit dafür habe ich ja bis an mein Lebensende.»

Michael Handel, 37, Lüftungszeichner

«Als meine Ex-Frau meinen kleinen Sohn entführte, war ich gerade beim Arzt. Luca* spielte im Sandkasten, eine Nachbarin passte auf ihn auf. Meine Ex fuhr vor und zerrte ihn ins Auto. Luca muss fürchterlich geschrien haben. Da war er 5-jährig.

Ich hatte meiner Ex-Frau zuvor während eineinhalb Monaten das Besuchsrecht ver­weigert — sie hatte ihn mehrfach tätlich angegriffen. Ich möchte nicht ins Detail gehen, das reisst sonst alte Wunden auf. Augenzeugen ­haben die Tätlichkeiten jedenfalls schriftlich bestätigt, später auch die Beiständin. Doch die Vormundschaftsbehörde meinte, jede Mutter raste gelegentlich aus, und sie verharmlosten auch andere Taten. Ich bestand auf einer fach­lichen Begleitperson für die Zeit, in der Luca bei seiner Mutter sein sollte. Das Bezirksgericht lehnte ab. Da stellte ich mich quer, liess meine Ex-Frau nicht mehr zu Luca.

Doch anstatt das Kind vor seiner gewalttä­tigen Mutter zu schützen, hat das Gericht die Entführung im Nachhinein belohnt: Es entzog mir die alleinige Obhut und sprach sie meiner Ex-Frau zu. Die Begründung war, dass ich ihr das Besuchsrecht verweigert hatte! Der Kinderschutzbund intervenierte und sprach von einer ‹durch den Staat sanktio­nierten Kindesmisshandlung›. Trotzdem musste Luca bei meiner Ex-Frau bleiben.

Der kantonale Kinder- und Jugendpsych­iatrische Dienst hielt fest, Luca habe bei mir ‹eine deutliche positive Entwicklung gezeigt›. Und meine ‹allgemeine Erziehungsfähigkeit› könne ‹in keiner Weise bestritten› werden. Die ‹Entführungsaktion der Mutter› hingegen bedeute eine ‹Traumatisierung›.
Doch auch mehrfache Aussagen von Luca vor Gericht, er wolle bei mir wohnen, halfen nicht. Er musste bei meiner Ex-Frau leben. Wieder kam es zu Gewalt. Doch ich hatte alle juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft und konnte nichts mehr für ihn tun. Ich war total geknüttelt und resignierte.

Einige Monate nach seinem zwölften Geburtstag ist Luca dann von seiner Mutter geflüchtet und zu mir gekommen. Das war an ­einem Freitagabend vor gut einem Jahr.

Ein Bundesgerichtsurteil in einem anderen Fall schützt Luca. Demnach sind Kinder in der Frage der Obhut ab zwölf urteilsfähig. Ein Kinderanwalt kämpft nun dafür, dass ich auch das alleinige Sorgerecht erhalte. Das tönt nach Happy End — ist es aber nicht: In diesem Streit war Luca ein Faustpfand, weil die Behörden nicht auf ihn hörten. Richter, Beiständinnen und Sozialarbeiter haben ihm seine Kindheit gestohlen.»

«Amtliche Pseudobeweise»

Wie viele andere betroffene Väter engagiert sich auch Michael Handel in Vereinen gegen die «behördliche Männerdiskriminierung». Zusammengeschlossen sind die über ein Dutzend Organisationen in der «Vereinigung für gemeinsame Elternschaft» Gecobi. Die Väter veranstalten Treffen zur Selbsthilfe, betreiben Beratungsstellen und das schweizweit einzige Männerhaus in Aarau.

Ihre Anliegen wollen sie auch auf politischer Ebene durchsetzen. Der Gecobi-Präsident ­Oliver Hunziker hat die Stein-Lawine und die Mahnwache gegen Sommarugas «Reform-Verzögerung» organisiert. «Es muss endlich der Grundsatz gelten, dass die Eltern die Sorge um die Kinder gemeinsam tragen», sagt ­Hunziker. So könnten Streitereien um Erziehungsgewalt und Besuchsrechte künftig vermieden werden.

Selbst wenn die Männerorganisationen Sommaruga umstimmen können, bleibt die tägliche Praxis in Gerichten und Ämtern. Es sind nicht einfach notorische Querulanten mit Behörden-Aversion, wie die Erfahrungen der fünf Männer zeigen. Es ist offensichtlich, dass viele Richterinnen und Beamte die Väter und ihre Kinder auflaufen lassen. Wissenschaftlich belegt ist etwa, wie wenige Kinder in Scheidungsverfahren selber zu Wort kommen: nur zehn Prozent, ergab eine Studie des Marie-Meierhofer-Instituts und der Universität Zürich. Dies, obwohl die Uno-Kinderrechtskonvention und das Zivilgesetzbuch eine Anhörung vorschreiben.

Wie einfach es sein kann, einen Mann via Justiz und Behörden entgegen grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien «zu entsorgen», schildert eine Psychologin, die Gewaltopfer berät: «Eine Frau braucht nur in die Gratis-Rechtsberatung eines Gerichts zu gehen, wie sie in vielen Städten angeboten wird. Dort muss sie einem einfühlsamen Richter oder ­einer scharfen Staatsanwältin schluchzend erzählen, was ihr der Typ Schlimmes angetan habe. Sofort bezahlt ihr der Staat per Kostengutsprache einen Anwalt. Der Auftritt in der Sprechstunde wird schriftlich bestätigt — da muss die Dame nicht einmal ins Frauenhaus gehen, wo kritische Fragen gestellt werden. An nur einem Nachmittag kann sie bequem erste amtliche Pseudobeweise erschaffen.»
Wenn die Frau den Mann ausspielt, so das deprimierende Fazit, helfen ihr die Behörden.

* Die Namen der erwähnten Kinder wurden geändert.



Weltwoche.ch


1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (12 Bewertungen, Durchschnittlich: 5,00 von 5)
Loading...
"Wenn Unrecht zu Recht wird, wird WIDERSTAND zur Pflicht!"
Veröffentlicht unter Allgemein, Bundesgerichts Urteile, Einkommensteuer, Entfremdung, Finanzen, Gesetz, Kanton Thurgau, KESB - Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden, MANIFEST, Natur, Politik, Staat, Verantwortlichkeit, Widerstand