Seit zehn Jahren befasst sich das Forensische Institut Ostschweiz (Forio) mit straffällig gewordenen oder diesbezüglich gefährdeten Jugendlichen und Erwachsenen. Schwerpunkte sind Sexualität und Gewalt.
FRAUENFELD. Es ist nicht einfach, den Tätigkeitsbereich von Forio (Forensisches Institut Ostschweiz) in wenigen Worten zu beschreiben, obwohl man glaubt, wenn von Forensik die Rede ist, zu wissen, worum es geht: um Kriminalität. Forensik jedoch ist lediglich ein Sammelbegriff für wissenschaftliche und technische Arbeitsgebiete, in denen zum Beispiel kriminelle Handlungen systematisch untersucht werden. Dass es dabei auch um Menschen geht, wird manchmal fast vergessen oder ausgeblendet.
Eine Straftat ist nichts Schönes, besonders wenn sie mit Gewalt oder Sexualität verbunden ist. In diesem Bereich speziell hat sich Forio in den letzten zehn Jahren schweizweit einen Namen gemacht. Ein Team von 15 Psychologen und einer ärztlichen Psychiaterin therapiert straffällig gewordene Jugendliche und Erwachsene und solche, die für Straftaten gefährdet sind, stellt straf- und zivilrechtliche Gutachten aus, führt Meditationen durch und widmet sich der Forschung.
Teure Gutachten
«Unser Ziel ist, Missbrauch zu verhindern und Veränderung zu fördern», sagt Forio-Gründerin und -Geschäftsführerin Monika Egli-Alge. Zum Forio kommen die Kunden in der Regel auf Anweisung von Vollzugsbehörden, Jugendanwaltschaften, Wohnheimen, Ärzten oder Beiständen. Muss ein Gutachten erstellt werden, nimmt die Arbeit dafür etwa drei Monate in Anspruch. Die Kosten sind hoch, zwischen 8000 und 10 000 Franken. Bezahlt werden sie vom Auftraggeber. Ein kleiner Teil fällt jeweils auch auf den Kunden, wobei dieser den Betrag unter Umständen bei der Krankenkasse oder IV geltend machen könne, sagt Meinrad Rutschmann, stellvertretender Geschäftsführer.
Über die Trefferquote ihrer Gutachten wissen die Forio-Therapeuten so gut wie nichts.
«Wir erhalten selten Rückmeldungen», sagt Monika Egli-Alge. Künftig sollen jedoch die 100 bis 130 Gutachten, die jährlich ausgestellt werden, evaluiert werden.
Arbeit mit geistig Behinderten
Ein relativ neuer Bereich der Forio-Tätigkeiten ist die Arbeit mit lern- und geistig behinderten Sexualtätern. «Statistisch gesehen sind diese Menschen um ein Vielfaches mehr gefährdet als Nichtbehinderte, zum Opfer oder Täter zu werden», sagt Rutschmann. Forio kümmert sich auch um die Betreuenden, die laut Rutschmann Unglaubliches leisten. Am gestrigen Tag der offenen Tür konnten sich Interessierte in den Forio-Räumen umsehen, die sich in Frauenfeld an drei Standorten befinden. Seit Juli gibt es zudem in Zug eine Zweigstelle.